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Luftverkehr

Preisexplosion bei Flugpreisen überprüft

Die Preisexplosion für Flugtickets innerhalb Deutschlands nach der Air-Berlin-Pleite ruft die Wettbewerbshüter auf den Plan. Das Bundeskartellamt hat entschieden, die Preise beim Branchenprimus Lufthansa zu prüfen.
Kaum sind die Air Berlin-Flieger am Boden, steigen bei der Lufthansa die Ticketpreise. Deshalb hat das Bundeskartellamt eine Prüfung eingeleitet. (Archiv)
Bild: KEYSTONE/EPA/CLEMENS BILAN

"Wir haben die Deutsche Lufthansa gebeten, uns Informationen über ihre Preissetzung zur Verfügung zu stellen", sagte Kartellamtschef Andreas Mundt am Freitag auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa. Das Amt würde die Daten ansehen und dann darüber entscheiden, ob es ein Verfahren einleite.

Nach dem Ausscheiden von Air Berlin fehlen jeden Tag Zehntausende Plätze im Flugverkehr. Die Preise sind stark gestiegen - nach Einschätzung von Branchenfachleuten im Durchschnitt auf manchen Strecken um bis zu 30 Prozent.

"Der Wegfall von Air Berlin schadet dem Wettbewerb und verknappt momentan das Angebot insbesondere auf vielen innerdeutschen Flugstrecken", erklärte Mundt. "Uns liegen Beschwerden über erhebliche Preiserhöhungen zum Nachteil der Kunden vor." Im Fokus stehe dabei die Preispolitik der Deutschen Lufthansa.

Ein Lufthansa-Sprecher bestätigte die Prüfung: "Wir kooperieren mit dem Bundeskartellamt und stellen alle nötigen Informationen zur Verfügung."

Lufthansa: Preisstruktur nicht verändert

Die Lufthansa hatte mehrfach betont, dass sie ihre Preisstruktur nicht verändert habe. Die höheren Durchschnittspreise entstünden durch die deutlich grössere Nachfrage. Die vollautomatischen Buchungssysteme riefen dadurch wesentlich schneller höhere Preisklassen für Tickets auf.

Bei der Lufthansa gibt es - je nach Buchungszeitpunkt und Auslastung - 26 verschiedene Preisklassen für ein Ticket. Die Software zu ändern sei aufwendig und lohne sich nicht, da mit dem Kauf von Teilen der Air Berlin durch die Lufthansa der Engpass im kommenden Jahr voraussichtlich überwunden werde, erklärte der Lufthansa-Sprecher weiter.

Die Lufthansa verweist ausserdem darauf, dass sie trotz hoher Kosten sogar einen Jumbo im Inlandverkehr einsetze, um den Mangel auszugleichen.

Der Chef des Mutterkonzerns der Swiss, Carsten Spohr, hatte ausserdem vor kurzem 1000 neue innerdeutsche Flügen pro Monat angekündigt, sobald die EU-Wettbewerbsbehörde grünes Licht gebe. Dann würden sich auch die Preise wieder stabilisieren.

Die Zustimmung aus Brüssel ist erforderlich für den geplanten Verkauf grosser Teile der insolventen Air Berlin an die Lufthansa-Tochter Eurowings und den britischen Konkurrenten Easyjet. Eine erste Entscheidung in Brüssel könnte nach Einschätzung aus Branchenkreisen schon am 7. Dezember fallen.

80 Flieger am Boden

Möglich ist aber auch, dass die EU-Kartellbehörde eine vertiefte Prüfung verlangt. Dann würde sich das Verfahren weitere 90 Arbeitstage hinziehen. Hinzu kommen das aufwendige Zulassungsverfahren der Jets und die Aufstellung der Crews.

Die Neuordnung des deutschen Luftverkehrs und damit die Normalisierung der Ticketpreise könnten sich so noch bis zum Sommer oder sogar Herbst 2018 hinziehen. Derzeit stehen von einst 140 Air-Berlin-Jets rund 80 am Boden, deren Kapazität nicht kurzfristig ausgeglichen werden kann.

Easyjet hatte bereits erklärt, dass die Fluglinie bis zur vollständigen Umstellung Zeit bis zum September 2018 benötige.

Das Bundeskartellamt hatte sich nach der Air-Berlin-Pleite zunächst eher zurückhaltend geäussert und auf das laufende EU-Verfahren verwiesen. Die Häufung der Beschwerden und der voraussichtlich lange Zeitraum bis zu einer Normalisierung der Preise dürfte nach Einschätzung von Branchenkennern nun für ein Umdenken gesorgt haben.

Rückgang bei Berlin-Reisen

Auch in der Schweiz sind Auswirkungen der Air-Berlin-Pleite zu spüren. So seien beim Reiseveranstalter Hotelplan die Buchungen für Städtereisen nach Berlin in der laufenden Wintersaison im Vergleich zum Vorjahr deutlich gesunken, hatte Städtereisenchef Tim Bachmann Anfang Woche erklärt.

Schuld daran seien die höheren Ticketpreise. Die Kunden würden sehr schnell auf andere Destinationen umschwenken, sagte Bachmann. (sda/dpa)