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Coronavirus international

Entlarvung von Corona-Impfungs-Mythen

Wer im Netz surft, schnappt krude Thesen über die Corona-Impfungen auf: etwa dass sie unfruchtbar machen oder ins Erbgut eingreifen. Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) hat die vier gängigsten Gerüchte unter die Lupe genommen.
Die Corona-Impfung führe zu Fehlgeburten, weil das Virus einem für die Schwangerschaft wichtigen körpereigenen Protein ähnle: Das ist einer der kursierenden Mythen, die gegen die Impfung ins Spiel gebracht werden. Das Gerücht ist leicht widerlegbar. (Symbolbild)
Bild: Keystone/DPA/JULIAN STRATENSCHULTE

1. Corona-Impfstoffe machen unfruchtbar

Bewertung: Falsch.

Fakten: Menschen, die das behaupten, stützen ihre Argumentation in der Regel auf die vermeintliche Ähnlichkeit zwischen dem sogenannten Spike-Protein des Coronavirus, mit dem der Erreger an menschliche Zellen andockt, und dem körpereigenen Protein namens Syncytin-1.

Bei gebärfähigen Frauen ist Syncytin-1 etwa für die Bildung der Plazenta verantwortlich, über die der Nachwuchs in der Gebärmutter mit Nährstoffen versorgt wird. Die These: Eine Immunabwehr gegen das Corona-Spike-Protein weite sich auch auf Syncytin-1 aus und verhindere so die Bildung der Plazenta.

Es gebe jedoch überhaupt keine besondere Ähnlichkeit zwischen den beiden Proteinen, so "dass eine Kreuzreaktion des Impfstoffs im Grunde unmöglich ist", sagt die Leiterin der Forschungsgruppe Biochemie und Bioorganische Chemie an der Universität Leipzig, Annette Beck-Sickinger.

Und selbst wenn, dann hätte auch bereits eine Covid-Erkrankung schädliche Auswirkungen auf Schwangere haben müssen. In Studien zu Sars-CoV-2 wurde indes keine erhöhte Zahl an Fehlgeburten oder Komplikationen festgestellt.

2. MRNA-Impfung führt zu Genveränderungen

Bewertung: Das ist ausgeschlossen.

Fakten: Bisherige Impfstoffe wie etwa gegen die Grippe beinhalten meist abgetötete oder geschwächte Viren oder Teile davon. Die Corona-Mittel von Biontech und Moderna funktionieren anders, nämlich erstmals über die sogenannte mRNA (das "m" steht für "messenger", "RNA" für "Ribonukleinsäure").

Dabei werden keine abgetöteten Sars-CoV-2-Erreger injiziert, sondern nur die Bauanleitung für einen Bestandteil des Virus - das Botenmolekül mRNA. Auf dieser Grundlage stellen die Körperzellen Teile des Viren-Hüllproteins (Spike-Protein) selbst her. Gegen dieses wiederum entwickelt das Immunsystem nun bestimmte Faktoren, so dass es bei einem späteren Kontakt mit dem Coronavirus die Struktur des Proteins wiedererkennen und den Erreger gezielt abwehren kann.

Die Informationen der RNA können dabei nicht in die menschliche DNA eingebaut werden. Das verhindert schon die unterschiedliche chemische Struktur beider. Zudem erreicht die mit der Impfung aufgenommene mRNA gar nicht die Zellkerne, in denen das Erbgut in Form von DNA lagert.

3. Sechs Menschen starben am Biontech-Impfstoff

Bewertung: Falsch.

Fakten: An der Phase-3-Studie von Biontech nahmen 43'448 Menschen teil. Im Studienzeitraum zwischen Ende April und Mitte November 2020 starben sechs der Teilnehmer - allerdings nicht an der Impfung.

"Alle Todesfälle stellen Ereignisse dar, die in der allgemeinen Bevölkerung der Altersgruppen, in denen sie auftraten, mit einer ähnlichen Rate vorkommen", schreibt die für die US-Zulassung des Präparats zuständige Behörde FDA. "Keinen Zusammenhang" der Fälle mit der Impfstudie sieht auch die europäische Zulassungsbehörde EMA: "Andere Vorerkrankungen waren eher die Todesursache."

4. Schnelle Zulassung macht den Impfstoff unsicher

Bewertung: Falsch.

Fakten: Anders als etwa in Grossbritannien und den USA gab es in der EU - und auch in der Schweiz - keine Notfallzulassung. Stattdessen setzen Europa und die Schweiz auf eine bedingte Marktzulassung. Der Unterschied: Bei einer bedingten Marktzulassung wird umfassender geprüft und die Hersteller tragen mehr Verantwortung für die Sicherheit des Medikaments.

Angesicht der Pandemie-Lage wurde der Zulassungsprozess für die Corona-Impfstoffe allerdings beschleunigt - es gilt ein sogenanntes Rolling-Review-Verfahren. Dabei können Arzneimittelhersteller schon vor dem vollständigen Zulassungsantrag einzelne Berichte über die Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit ihres Präparats einreichen statt erst am Schluss. Das macht das Verfahren schneller, aber nicht unsicherer.

Obwohl bisher keiner der mRNA-Impfstoffe für Menschen zugelassen war, wurde die Technologie nicht erst im Zuge der Corona-Pandemie entwickelt. Seit mehr als drei Jahrzehnten wird dazu geforscht - etwa für die Krebstherapie und zum Impfen gegen Tollwut, Zika oder die saisonale Grippe. Corona verschaffte dem mRNA-Verfahren nur den Durchbruch. (sda/dpa)