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Russland

Nawalny: «Ein-Mann-Gewerkschaft» im Lager

Der in einem russischen Straflager inhaftierte Kremlgegner Alexej Nawalny hat eigenen Angaben zufolge eine Gewerkschaft gegründet.
Bild: Keystone/AP/Vladimir Kondrashov

"Hallo, hier spricht Nawalny - Anführer und Gründer der Gewerkschaft von Bürgern, die im Arbeitsbereich des Gefängnissystems angestellt sind", liess der 46-Jährige am Donnerstag über sein Team auf Twitter schreiben.

Rund 600 000 Menschen würden derzeit in Russlands Gefängnissen ausgebeutet, begründete Nawalny. Er werde sich bei Bedarf gerne auch um die Belange der Wärter kümmern: "Arbeitsrechtlich gibt es zwischen uns keine Unterschiede", stelle er fest. Die Lagerverwaltung habe sein formell beantragtes Unterfangen erst für einen Witz gehalten und dann für "illegal" erklärt.

Früher habe er andere Menschen immer wieder ermutigt, Gewerkschaften zu gründen, meinte der Oppositionspolitiker, der vor rund zwei Jahren nur knapp einen Giftanschlag überlebte und nach seiner Rückkehr aus Deutschland einige Monate später unter internationalen Protest inhaftiert wurde. Also müsse er es auch tun - "selbst dann, wenn es sich um den gefährlichsten Ort dafür handelt, an dem Streiks, Ungehorsam und Versammlungen explizit verboten sind". Für einen Streik etwa riskiere man Folter, schrieb Nawalny.

Seine Mitinsassen fürchteten allerdings die Konsequenzen: "Jedes Mal, wenn ich davon spreche, sagen meine Mörder-Kumpels traurig: "Alexej, bitte lass das. Deinetwegen werden sie uns alle nie freilassen."" Deshalb sei er nun zu einer "Ein-Mann-Gewerkschaft" geworden, scherzte Nawalny - und habe so schon einige "Siege" erzielen können. So seien etwa die viel zu niedrigen Hocker in seiner Näh-Werkstatt mittlerweile durch richtige Stühle mit Lehnen ausgetauscht worden.

"Alexej ist unglaublich cool", lobte Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch den Einsatz für die Rechte der Mitgefangenen. Russlands bekanntester Oppositioneller gilt international als politischer Gefangener. Im Mai dieses Jahres bestätigte ein Gericht die neunjährige Haftstrafe wegen angeblichen Betrugs. (sda/dpa)