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Afghanistan

Schwere Gefechte nach IS-Grossangriff auf Gefängnis in Afghanistan

Bei einem Grossangriff der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) auf ein Gefängnis im Osten Afghanistans sind mindestens 36 Menschen getötet worden. Weitere rund 50 Menschen seien bei den stundenlangen Gefechten in Dschalalabad, der Hauptstadt der Provinz Nangarhar, verwundet worden, teilte ein Provinzsprecher am Montag mit.
Afghanische Sicherheitskräfte versammeln sich nach einem Angriff in der Stadt Dschalalabad vor einem Gefängnis. Foto: Rahmat Gul/AP/dpa
Bild: Keystone/AP/Rahmat Gul

Unter den Opfern seien Zivilisten, Gefängnisinsassen und Sicherheitskräfte gewesen. Mindestens sieben Angreifer seien getötet worden. Bereits am Sonntagabend bekannte sich der IS zu dem Anschlag.

Die Angreifer zündeten am Sonntagabend zunächst eine Autobombe und stürmten dann das Gefängnis. Die Gefechte dauerten auch noch 22 Stunden später, am Montagnachmittag, an. Der Generalstabschef der Streitkräfte, Mohammed Jasin Sia, führte die Militäroperation. Die IS-Kämpfer verschanzten sich zeitweise im Gefängnis und in Gebäuden in der Nähe.

Wie viele Insassen nach der Angriff aus dem Gefängnis fliehen konnten, blieb zunächst unklar. Mehr als 1000 der rund 1800 Inhaftierten seien nach einem Fluchtversuch wieder festgenommen worden, sagte ein Provinzsprecher. Mehrere Hundert Insassen in der Haftanstalt in Dschalalabad sollen Kämpfer des IS gewesen sein.

Mindestens 24 Menschen seien bei dem Angriff in Dschalalabad, der Hauptstadt der Provinz Nangarhar, getötet und 43 weitere verwundet worden, teilte ein Provinzsprecher am Montag mit. Unter den Opfern seien Zivilisten, Gefängnisinsassen und Sicherheitskräfte. Spezialkräfte töteten drei Angreifer.

Unterdessen verschanzte sich eine unbekannte Anzahl Angreifer in der Haftanstalt und in einem Gebäude in der Nähe. Afghanische Spezialkräfte versuchten, die Lage unter Kontrolle zu bringen. Ein Provinzrat beschrieb der Deutschen Presse-Agentur katastrophale Zustände im Gefängnis. Die Inhaftierten hätten keinen Zugang zu Wasser. "Sie befinden sich in einer sehr schlechten Lage und warten jede Sekunde auf ihren Tod", sagte Suhrab Ghaderi am Montag.

Zahlreiche Insassen konnten nach Behördenangaben ausbrechen, rund 1000 Inhaftierte wurden wieder gefasst. Der Hintergrund der Attacke war zunächst unklar, jedoch bekannte sich die Terrormiliz IS bereits am Sonntag zu dem Angriff. Die Angreifer zündeten zunächst eine Autobombe und stürmten dann die zentrale Haftanstalt.

Am Samstag hatte Afghanistans Inlandsgeheimdienst den Tod des IS-Anführers Assadullah Oroksai verkündet, der von Spezialkräften in der Nähe von Dschalalabad getötet worden sei. Im April hatten Spezialkommandos den Anführer des IS-Ablegers in Afghanistan, Aslam Faruki, festgenommen.

Nangarhar galt einst als Hochburg des IS in Afghanistan, bevor Afghanistan Ende 2019 den militärischen Sieg über die Terroristen verkündet hatte. Dennoch verübt der IS immer wieder Anschläge im Land. Laut einem Bericht des UN-Sicherheitsrats operieren rund 2200 IS-Kämpfer in Afghanistan. Experten gehen davon aus, dass der IS nach einem möglichen Friedensschluss der militant-islamischen Taliban mit der afghanischen Regierung Zulauf von Taliban-Kämpfern erhalten könnten, die eine Einigung mit der Regierung ablehnen.

Die aufständischen Taliban wiesen nach dem Angriff auf das Gefängnis jede Verantwortung von sich. Für das Opferfest Eid al-Adha hatten sie sich mit Kabul auf eine landesweite, dreitägige Feuerpause geeinigt, die bis auf wenige Zwischenfälle eingehalten wurde. Seit Monaten planen Afghanistans Regierung und die Taliban Friedensgespräche. Doch um Streit um einen Gefangenentausch waren diese ins Stocken geraten. Der Konflikt im Land geht indes weiter.

Die USA hatten mit den Taliban am 29. Februar in Doha (Katar) ein Abkommen unterzeichnet. Es sieht einen Abzug der internationalen Truppen sowie einen Gefangenenaustausch als vertrauensbildende Massnahme vor und soll den Weg für innerafghanische Friedensgespräche bereiten. Im Gegenzug versicherten die Taliban, ihre Beziehungen mit anderen Terrororganisation zu beenden. Laut einem Bericht des UN-Sicherheitsrats bestehen aber immer noch Verbindungen zu Al-Kaida. (sda/dpa)