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Syrien

Türkische Luftangriffe trotz Waffenruhe

Trotz der vereinbarten Waffenruhe für Nordsyrien hat es dort erneut einen türkischen Luftangriff gegeben. Bei dem Angriff auf ein syrisches Dorf wurden am Freitag nach Angaben von Aktivisten 14 Zivilisten getötet.
Von der Türkei unterstützte syrische Rebellen beschiessen die nordsyrische Grenzstadt Ras al-Ain.
Bild: KEYSTONE/AP

Dies teilte die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan drohte mit einer Wiederaufnahme der Offensive, sollten die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) nicht wie vereinbart abziehen.

Erdogan hatte nach langen Verhandlungen mit US-Vizepräsident Mike Pence am Donnerstagabend einer fünftägigen Waffenruhe zugestimmt, um der syrischen Kurdenmiliz Zeit zum Abzug aus einer "Sicherheitszone" in Nordsyrien zu geben. Wenn alle YPG-Kämpfer aus dem 30 Kilometer breiten Streifen entlang der türkischen Grenze abgezogen sind, soll der Militäreinsatz ganz eingestellt werden.

"Wenn die Versprechen gehalten werden bis Dienstagabend, wird die Frage der Sicherheitszone gelöst sein", sagte Erdogan vor ausländischen Journalisten in Istanbul. "Wenn nicht, wird die Operation in der Minute beginnen, da die 120 Stunden abgelaufen sind." Die türkischen Soldaten würden bis dahin in der Region bleiben, da "dies die Sicherheit erfordert". Bisher habe es keine Zwischenfälle gegeben, sagte er.

Die Beobachtungsstelle meldete jedoch am Vormittag einen erneuten türkischen Luftangriff auf das Dorf Bab al-Cheir östlich von Ras al-Ain. In der umkämpften Grenzstadt hatte es ihren Angaben zufolge bereits zuvor Gefechte zwischen der türkischen Armee und der YPG gegeben.

Kurden: Verletzung der Waffenruhe

Die Luftangriffe und der Artilleriebeschuss durch die Türkei seien eine "Verletzung" der Waffenruhe, sagte Mustafa Bali, Sprecher der von der YPG dominierten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF). Deren Kommandant Maslum Abdi hatte zuvor gesagt, sie seien zur Einhaltung der fünftägigen Waffenruhe im Gebiet zwischen Ras al-Ain und Tal Abjad bereit. Der Umgang mit anderen Gebieten sei nicht diskutiert worden.

Erdogan sagte aber, die Sicherheitszone werde 444 Kilometer lang sein und im Osten bis zur irakischen Grenze reichen. Das Ziel der Türkei sei es, die YPG von der Grenze zurückzudrängen und in der "Sicherheitszone" 140 neue Dörfer zu bauen, um dort einen Teil der 3,6 Millionen syrischen Flüchtlinge in der Türkei anzusiedeln, sagte der türkische Präsident.

Er betonte, die Vereinbarung sei nicht mit der "Terrororganisation" YPG geschlossen worden, sondern mit den USA. Es sei auch keine Vereinbarung mit der syrischen Regierung von Baschar al-Assad. "Wenn das Regime einen Fehler macht, wird es eine Antwort erhalten", warnte Erdogan. Er werde diese Fragen kommenden Dienstag mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin bei ihrem Treffen in Sotschi besprechen.

EU: Kapitulationsaufruf an Kurden

Der EU-Ratspräsident Donald Tusk rief die Türkei erneut zum Stopp ihres Militäreinsatzes auf. "Die sogenannte Waffenruhe ist nicht, was wir erwartet haben. Tatsächlich ist es keine Waffenruhe, es ist ein Kapitulationsaufruf an die Kurden", sagte Tusk. Zuvor hatten schon die EU-Staats- und Regierungschefs Ankara aufgerufen, die Offensive zu "beenden", die Truppen abzuziehen und humanitäres Völkerrecht zu respektieren.

Amnesty International warf den türkischen Streitkräften und verbündeten syrischen Milizen "Kriegsverbrechen, Massentötungen und unrechtmässige Angriffe" vor. Es gebe "erdrückende Beweise für willkürliche Angriffe in Wohngebieten", erklärte Amnesty.

US-Präsident Donald Trump verglich Kurden und Türken mit streitenden Kindern. "Man muss sie kämpfen lassen und dann zieht man sie auseinander", sagte Trump vor Anhängern in Texas. Die Kämpfe seien "ziemlich böse" gewesen, doch sei "kein einziger Tropfen amerikanischen Blutes" vergossen worden, sagte Trump, der mit dem Abzug der US-Truppen Anfang Oktober den Weg frei gemacht hatte für die türkische Offensive. (sda/afp/dpa)