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Grossbritannien

Johnny Depp contra Amber Heard: Nur Verlierer im Londoner Prozess?

Rosenkrieg vor Gericht: Selten hat Grossbritannien eine solche Schlammschlacht von Prominenten in einem Prozess erlebt wie im Fall der US-Schauspieler Johnny Depp und Amber Heard.
Amber Heard winkt bei ihrer Ankunft am High Court. Foto: Frank Augstein/AP/dpa
Bild: Keystone/AP/Frank Augstein

Drogen, Alkoholmissbrauch, eine abgetrennte Fingerkuppe, Fäkalien im Bett und immer wieder Gewaltvorwürfe: Wochenlang zeichneten Depp (57) und seine 23 Jahre jüngere Ex-Ehefrau das Bild einer zutiefst zerstörerischen Beziehung.

Die Kernfrage lautete: Ist Depp ("Fluch der Karibik") ein Frauenschläger? Auch am letzten Tag ging es im Gericht hoch her. Das Urteil wird erst in einigen Wochen verkündet.

Zum letzten Prozesstag waren viele Fans vor dem High Court in London versammelt. Sie hatten Blumen dabei und riefen Depp, der im grauen Anzug und schwarzen Hemd kam, Aufmunterndes zu: "Wir lieben dich!" oder "Gerechtigkeit für Johnny!". Heard kam am Dienstag im schwarzen Kleid und händchenhaltend mit ihrer Partnerin Bianca Butti zum Gericht. Seit 7. Juli hatten sich beide Seiten dort mit Vorwürfen überzogen. Depps Anwalt nannten Heard zum Abschluss sogar eine "zwanghafte Lügnerin".

Depp klagt eigentlich gegen den Verlag der britischen Boulevardzeitung "The Sun" wegen eines Artikels, in dem behauptet wurde, er habe Heard körperlich misshandelt. Die Schauspielerin sagte vor Gericht aus, sie habe Todesangst vor ihrem Ex-Mann gehabt: "Er hat mir viele Male explizit damit gedroht, mich zu töten." Heard präsentierte Fotos, die angeblich von Depp verursachte Flecken zeigen. Er habe sie oft angeschrien, getreten, sogar gewürgt. Sie warf ihrem Ex-Mann auch vor, "sehr gut im Manipulieren von Leuten" zu sein. Für sein Fehlverhalten habe er ein "Monster" verantwortlich gemacht.

Doch Depp drehte im Prozess den Spiess um: Er beschuldigte seine Ex-Ehefrau, selbst gewalttätig gewesen zu sein. So habe sie zum Beispiel in einem der vielen Streits eine Flasche auf ihn geworfen und damit einen Teil seines Fingers abgetrennt. Mit dem Blut habe er dann einen Spiegel bemalt. Die Beziehung zu Heard ("Zombieland") sei "kompliziert" gewesen, niemals habe er ihr aber Gewalt angetan.

Unterstützung bekam Depp in schriftlichen Aussagen von prominenten Ex-Partnerinnen. US-Schauspielerin Winona Ryder (48) sagte, sie habe Depp während ihrer vierjährigen Beziehung nur als "wirklich guten Mann" kennengelernt. Niemals sei er gewalttätig oder ausfällig gegenüber irgendjemandem gewesen. Auch die französische Sängerin Vanessa Paradis (47), mit der Depp 14 Jahre lang zusammen war und zwei erwachsene Kinder hat, äusserte sich positiv: Sie habe ihn als "freundlich, aufmerksam, grosszügig und nicht gewalttätig" erlebt.

Depp zählt zu den bestbezahlten Schauspielern Hollywoods. Er und Heard hatten sich bei den Dreharbeiten zum Film "The Rum Diary" kennengelernt und 2015 geheiratet, trennten sich aber bereits 2016 nach nur 15 Monaten Ehe wieder.

Völlig unstrittig war im Prozess: Depp litt immer wieder unter seiner Drogen- und Alkoholsucht. Auch er selbst räumte das ein. War er im Rausch gewalttätig gegenüber seiner Ex-Ehefrau? Oder spielt Heard ein böses Spiel, um als Schauspielerin mit Blick auf ihre Karriere mehr Aufmerksamkeit zu bekommen?

Richter Andrew Nicol in London muss nun alle Aussagen genau abwägen und ein Urteil treffen: Das werde aber wohl erst in einigen Wochen, vermutlich im September sein, sagte eine Gerichtssprecherin der Deutschen Presse-Agentur.

Es ist nicht die einzige gerichtliches Auseinandersetzung des Paares: Auch in den USA hat Depp wegen der Gewaltvorwürfe eine Verleumdungsklage eingereicht. Er klagt dort aber direkt gegen seine Ex-Frau. Sie hatte in der "Washington Post" über ihre Gewalterfahrungen berichtet - ohne Depp jedoch beim Namen zu nennen.

Egal, wie der Prozess in London ausgeht: Kommentatoren meinen, dass beide schon jetzt die Verlierer seien. Als zu heftig werden die gegenseitigen Vorwürfe und Einblicke ins Privatleben gewertet. Einen Gewinner in dem international vielbeachteten Prozess dürfte es dennoch geben - unabhängig vom Urteilsspruch: die "Sun". (sda/dpa)