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Kunst

Zeichnungen zu "Der kleine Prinz" gefunden

Auf eine kleine Sensation sind Fachleute in Winterthur gestossen: In einem Altbau haben sie Skizzen für den Weltbestseller "Der kleine Prinz" gefunden. Die Zeichnungen stammen vom französischen Autor und Piloten Antoine de Saint-Exupéry.
Zu Weltruhm kam die Schlange, die einen Elefanten verschluckt hat, im Buch "Le petit prince". Bevor das Werk 1943 erstmals publiziert wurde, hat der Autor Antoine de Saint-Exupéry Skizzen davon gezeichnet, die nun in Winterthur gefunden wurden.
Bild: Handout SKKG_Le petit prince

Eine der Skizzen zeigt die berühmte Schlange, die einen Elefanten verschluckt hat, aber in den Augen Erwachsener aussieht wie ein Hut. So erzählt es der namenlose Pilot, der in der Wüste notlanden musste, dem kleinen Prinzen im gleichnamigen Buch. Darüber hinaus haben sich in einem muffigen Sichtmäppchen Farbskizzen vom kleinen Prinzen mit dem Fuchs gefunden und vom Säufer, den der kleine Prinz auf dessen Planeten besucht, zudem ein Liebesbrief von Saint-Exupéry an seine Frau.

In erstaunlich gutem Zustand

"Die Skizzen sind in einem erstaunlich guten Zustand", auch wenn es höchste Zeit gewesen sei, sie nun in säurefreiem Papier abzulegen, bestätigt Elisabeth Grossmann eine Meldung des "Landboten" von Donnerstag. Grossmann ist Kunsthistorikerin und interimistische Geschäftsführerin der Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte (SKKG) in Winterthur.

Saint-Exupéry hat auf dünnem Luftpostpapier mit Tusche und Aquarellfarben gezeichnet. Die Skizzen sind nicht datiert. Allerdings gilt als Anhaltspunkt, dass "Le petit prince" und "The Little Prince" 1943 zeitgleich in Paris und New York erschienen sind. Die Zeichnungen, die nun in Winterthur gefunden wurden, müssen also vorher als Studie entstanden sein.

Die Originale, die schliesslich zur Illustration des "petit prince" verwendet wurden, befinden sich in der Morgan Library in New York. "Wir werden nun mit der Morgan Library in Kontakt treten und sie über unseren Fund informieren", sagt Grossmann gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

Derzeit ist offen, ob und wann die Skizzen der Öffentlichkeit gezeigt werden. Die SKKG plant zur Zeit kein eigenes Museum, sondern zeigt sich offen für Kooperationen mit anderen Institutionen und hat zudem mehrere kleine Ausstellungen angedacht. "Wenn wir Anfragen für Leihgaben bekommen, gehen wir gerne darauf ein", sagt Grossmann.

"Die Sammlung ist sehr disparat", räumt Grossmann ein. Insgesamt verfügt die SKKG "über 60'000 Objekte oder mehr", darunter die grösste Armbrust-Sammlung der Welt, Strümpfe und das Totenbett von Napoleon, ein Reitkostüm der Kaiserin Sissi oder ein Mantel von General Guisan - und Kulturgüter wie Ofenkacheln oder alte Wirtshausschilder. Zur Sammlung gehören aber auch Gemälde von Schweizer Künstlern wie Vallotton, Segantini, Giacometti, sowie - Glanzstücke der Sammlung - 135 Bilder von Hodler und Anker.

Die Stiftung verfügt denn auch nicht nur über die Zeichnungen von Saint-Exupéry. Vielmehr wurden in der Winterthurer Altstadt "ein paar Hundert Autographen gefunden", so Grossmann, darunter Kostbarkeiten von Rainer Maria Rilke oder Albert Einstein.

Manischer Sammler

Zusammengetragen hat die Objekte der Winterthurer Bruno Stefanini (1924-2018). Sein Vater war einst bitterarm aus Italien eingewandert und in Winterthur mit einem Restaurant zu einigem Reichtum gekommen. Sohn Bruno hat diesen vor allem mit Immobilien um ein Vielfaches vermehrt.

Dabei galt Bruno Stefanini in Winterthur als illustre Figur: Bis in die 1970er Jahre zog er am Stadtrand Plattenbauten empor, später kamen sanierungsbedürftige Altliegenschaften in der Winterthurer Altstadt hinzu, die er jedoch zusehends verfallen liess. Daher rührte sein Ruf nach der Jahrtausendwende, wonach er als sozial denkender Bewahrer von günstigem Wohnraum gefeiert wurde.

Genauso manisch wie Immobilien sammelte der Multimillionär Stefanini Kunst und Historisches. 1980 gründete er die SKKG und vermachte ihr seine Sammlung sowie die Immobilien. Seine Kunstschätze hortete er in Garagen oder auf Estrichen. Konservatorinnen und Historiker sind nun damit beschäftigt, Stefaninis Nachlass zu reinigen, zu fotografieren, zu sortieren und zu inventarisieren. "Das dauert noch Jahre", so Grossmann.

Bei diesen Arbeiten sind nun die Skizzen von Saint-Exupéry aufgetaucht. Erstanden hatte Stefanini die Zeichnungen 1986 an einer Auktion im neuenburgischen Bevaix. Der Verkäufer ist zwischenzeitlich verstorben, weshalb bis anhin nichts Genaueres über die Provenienz der Zeichnungen bekannt ist. (sda)