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Bundesgericht

Fahrlässige Führerflucht bleibt strafbar

Fahrlässige Führerflucht ist strafbar. Dies hat das Bundesgericht entschieden. Es hat die Beschwerde eines Autolenkers abgewiesen, der eine seitliche Kollision mit einem Motorradfahrer nicht wahrnahm und weiterfuhr.
Das Bundesgericht hat seine Rechtsprechung zur fahrlässigen Führerflucht bestätigt. (Archivbild)
Bild: KEYSTONE/LAURENT GILLIERON

Wer nicht bemerkt, dass er einen Fussgänger oder ein anderes Fahrzeug angefahren hat und die Fahrt fortsetzt, handelt in der Regel fahrlässig. Zu diesem Schluss kommt das Bundesgericht in einem am Donnerstag veröffentlichten Urteil. Denn Fahrzeugführer müssten ihre Aufmerksamkeit der Strasse und dem Verkehr zuwenden.

Eine Kollision sei bei Einhaltung dieser Pflicht grundsätzlich erkennbar. Wer einen Unfall oder einen Personenschaden nicht bemerke und weiterfahre, mache sich deshalb der fahrlässigen Führerflucht schuldig.

Das Bundesgericht bleibt mit diesem Leitentscheid bei seiner bisherigen Rechtsprechung. Sinn und Zweck des Tatbestands der Führerflucht gemäss Strassenverkehrsgesetz sei, dass Opfer eines Verkehrsunfalls vor gesundheitlicher und wirtschaftlicher Gefährdung bewahrt würden. Zudem diene die gesetzliche Bestimmung dazu, die Unfallursachen aufzuklären.

Wäre nur eine vorsätzliche Begehung der Führerflucht strafbar, könnte eine beschuldigte Person häufig mit Erfolg geltend machen, sie habe keinen Unfall oder dergleichen bemerkt, führt das Bundesgericht aus.

Schaden am Rückspiegel

Im konkreten Fall hatte im Juli 2017 ein Autolenker in Graubünden zum Überholen eines vor ihm fahrenden Motorrads und eines Autos mit Wohnwagen angesetzt. Als er auf der Höhe des Motorradfahrers war, schwenkte dieser ebenfalls zum Überholen aus. Dabei kam es zu einer seitlichen Kollision. Der Motorradfahrer erlitt einen Schlüsselbeinbruch, seine Mitfahrerin eine Ellenbogenfraktur.

Der Autolenker fuhr damals weiter, ohne sich um die Unfallopfer zu kümmern oder die Polizei zu verständigen. Dazu wäre er gemäss Strassenverkehrsgesetz verpflichtet gewesen. Der Mann gab später zu Protokoll den Aufprall nicht bemerkt zu haben.

Die Bündner Justiz schloss aufgrund des Schadensbildes an der rechten Autoseite, dass der Zusammenstoss von erheblicher Intensität gewesen sei.

Das Auto wies Beulen und Kratzer auf. Die Beschädigungen waren insbesondere auf der Vorderseite des Rückspiegels und der vorderen Autotüre. Das Bündner Kantonsgericht befand deshalb, dass die Kollision auch visuell wahrnehmbar gewesen sei. (Urteil 6B_1452/2019 vom 25.9.2020) (sda)