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Schweiz

Konzernverantwortungsinitiative: Ständerat hält an seinem Gegenvorschlag fest

Zum Start der Sommersession bleibt der Ständerat hart in der Frage der Konzernverantwortungsinitiative. Nun kommt es zur Einigungskonferenz mit dem Nationalrat. Damit steht der Gegenvorschlag auf der Kippe.
Gibt seit Jahren zu reden: Die breit abgestützte Konzernverantwortungsinitiative aus linken und bürgerlichen Kreisen sowie von Entwicklungshilfeorganisationen und Kirchen. (Reto Martin)

(sat) Vier Mal hat der Nationalrat bereits über die Konzernverantwortungsinitiative diskutiert. Zum Start der Sommersession stand die vierte Debatte dazu im Ständerat an. Und dieser bleibt hart: Mit 28 zu 17 Stimmen hält er an seinem Gegenvorschlag fest. Nun geht das Geschäft in die Einigungskonferenz der beiden Räte.

In der kurzen ständerätlichen Debatte waren die Meinungen nach den jahrelangen Diskussionen schnell gemacht. «Im Westen nichts Neues», fasste Beat Rieder (CVP/VS) im Namen der vorberatenden Kommission die Haltung der Mehrheit zusammen. Dass in Deutschland ein vergleichbares Lieferkettengesetz aufgrund der Coronakrise von der Bundesregierung offenbar auf die lange Bank geschoben wurde, könne nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Schweiz in internationalen Haftungsfragen in der Geschäftswelt längst auf Augenhöhe sei.

«Grösste Unternehmergruppe stärken»

Dem widersprach Stefan Engler (CVP/GR) als Vertreter der Kommissionsminderheit. Gerade die Coronakrise habe die Situation in verschiedenen Weltgegenden teilweise noch verschärft. So könnten einzelne Unternehmen aufgrund der Krise nun einen «noch grösseren, unfairen Wettbewerbsvorteil erzielen». Darunter hätten Arbeiter oder die Zivilbevölkerung zu leiden. Deshalb gehe es «jetzt erst recht» darum, so Engler, «die grösste Gruppe der Unternehmer zu stärken». Nämlich jene, welche sich im Inland wie im Ausland an den Bestimmungen des verantwortungsvollen Wirtschaftens orientierten.

Seit Jahren sucht Bundesbern nach einer Antwort auf die breit abgestützte Konzernverantwortungsinitiative. Diese wird präsidiert von alt FDP-Ständerat Dick Marty (TI) und Rechtsprofessorin Monika Roth. Das von linken wie von bürgerlichen Vertretern sowie aus kirchlichen und entwicklungspolitischen Kreisen getragene Volksbegehren will Konzerne für das Verhalten ihrer Tochterunternehmen im Ausland haftbar machen. Dies, wenn sie Verletzungen von Menschenrechten oder Umweltstandards begehen.

Bundesrat will inzwischen auch einen Gegenvorschlag

Klar ist: Bundesrat und Bundesparlament lehnen die Konzernverantwortungsinitiative ab. War der Bundesrat bis letzten Sommer noch rundweg dagegen, will er seither ebenfalls einen Gegenvorschlag. Gerungen wird in der laufenden Sommersession im Parlament noch um die Ausgestaltung eines möglichen Gegenvorschlags: Das Konzept des Nationalrates lehnt sich dabei an der Initiative an, schränkt die Haftung der Konzerne aber stark ein. Der Ständerat dagegen will – wie der Bundesrat – gar keine Haftung. Neue Pflichten zur Sorgfaltsprüfung sollen nur im Bereich der Konfliktmineralien und der Kinderarbeit eingeführt werden.

Die Initianten haben einen Rückzug der Volksinitiative «Für verantwortungsvolle Unternehmen – zum Schutz von Mensch und Umwelt» bereits verschiedentlich in Aussicht gestellt, falls sich die Variante des Nationalrates durchsetzen sollte. Ansonsten werden die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger wohl im November ohne Gegenvorschlag über die Volksinitiative an der Urne zu entscheiden haben. Bekämpft wird die Konzernverantwortungsinitiative namentlich vom Wirtschaftsdachverband Economiesuisse sowie bürgerlichen Parteien. Unterstützung erfährt sie dagegen aus linken, teilweise bürgerlichen Kreisen sowie von Kirchen und Entwicklungshilfeorganisationen.