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Sozialversicherungen

Versicherungsdetektive brauchen Bewilligung

Am 25. November entscheidet das Stimmvolk, ob Versicherungsdetektive künftig bei Verdacht auf Missbrauch IV-Bezüger oder Unfallversicherte observieren dürfen. Der Bundesrat legt nun offen, wie er bei einem Ja die Details regeln würde.
Gegnerinnen und Gegner der Observation von Versicherten auf dem Bundesplatz. (Archivbild)
Bild: KEYSTONE/ADRIAN REUSSER

Damit sich die Stimmberechtigten ein umfassendes Bild machen könnten, präsentiere er seinen Vorschlag für die Umsetzung bereits vor der Abstimmung, schreibt der Bundesrat in einer Mitteilung. Er hat am Freitag die Vernehmlassung zu Verordnungsänderungen eröffnet.

Versicherungsdetektive sollen für Observationen eine Bewilligung benötigen. Dafür müssten sie nachweisen, dass sie in den letzten zehn Jahren nicht wegen Verbrechen oder Vergehen verurteilt worden sind, die einen Bezug zur bewilligungspflichtigen Tätigkeit haben.

Weiter müssten sie nachweisen, dass sie nicht gepfändet wurden oder in Konkurs gefallen sind. Auch sollen sie über die nötigen Rechtskenntnisse, eine Polizeiausbildung oder gleichwertige Ausbilung sowie Erfahrung in der Personenüberwachung verfügen.

Bundesamt erteilt Bewilligung

Zuständig für Erteilung und Entzug der Bewilligung wäre das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV). Es würde ein öffentlich einsehbares Verzeichnis der Personen mit Bewilligung führen. Die Bewilligung wäre maximal fünf Jahre gültig und würde entzogen, wenn die Voraussetzungen nicht mehr erfüllt sind. Hinzu kommen könnten kantonale Bewilligungspflichten.

Der Bundesrat will damit keinen neuen Beruf schaffen: Die Bewilligung verleihe weder eine anerkannte Berufsbezeichnung noch einen geschützten Berufstitel, heisst es im Verordnungsentwurf. Sie dürfe auch nicht zu Werbezwecken verwendet werden.

Für die Prüfung eines Bewilligungsgesuchs soll das BSV eine Gebühr von 700 Franken erheben. Der Bundesrat geht davon aus, dass dies ein kostendeckender Betrag ist. Sollte sich das nicht bestätigen, könnte der Betrag später angepasst werden, schreibt er im Bericht zur Vernehmlassung.

Information nach Observation

Die Betroffenen müssen laut dem Gesetz nachträglich über eine Observation informiert werden und erhalten Einsicht in die Observationsakten. Das gibt ihnen die Möglichkeit, die Rechtmässigkeit der Observation von einem Gericht überprüfen zu lassen. Die Information muss spätestens dann erfolgen, wenn eine neue Verfügung über die Leistungen erlassen werden soll, weil sich der Missbrauchsverdacht bestätigt hat.

Informiert der Versicherer die observierte Person mündlich, gewährt er ihr vor Ort Einsicht in das Observationsmaterial. Hat sich der Verdacht auf Missbrauch nicht bestätigt, kann der Versicherer die observierte Person schriftlich informieren und sie dabei auf die Möglichkeit hinweisen, Einsicht ins Observationsmaterial zu nehmen.

Die Verordnung definiert ferner die Standards für den Umgang mit den Akten. Jeder Observationsfall soll systematisch und umfassend dokumentiert werden. Datensicherheit und Vertraulichkeit müssen gewährleistet sein. Auch die Vernichtung der Akten soll kontrolliert und protokolliert werden.

Referendum ergriffen

Die Vernehmlassung dauert bis zum 21. Dezember. Die Verordnungsänderungen sollen zusammen mit dem Gesetz im Verlauf des Jahres 2019 in Kraft treten, sofern das Stimmvolk am 25. November zustimmt.

Das Parlament hatte die Gesetzesänderungen in der Frühjahrssession verabschiedet. Eine Gruppe von Bürgerinnen und Bürgern um die Autorin Sibylle Berg ergriff das Referendum. Das Gesetz stellte die Bevölkerung unter Generalverdacht, und die Privatsphäre der Menschen werde aufs Gröbste verletzt, argumentieren die Gegner.

Die Befürworter halten Observationen für nötig, um Missbrauch zu bekämpfen. Insbesondere die Invalidenversicherung, aber auch die Unfallversicherung und weitere Sozialversicherungen sollen die Möglichkeit erhalten, bei Verdacht auf Missbrauch Observationen durchführen zu lassen.

Rüge aus Strassburg

Observationen gab es schon früher. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) rügte die Schweiz aber dafür. In einem Urteil stellte er fest, dass eine klare und detaillierte gesetzliche Grundlage fehle. Wegen des Urteils mussten die IV und die Unfallversicherer ihre Beobachtungen einstellen. Nun soll die gesetzliche Grundlage geschaffen werden.

Umstritten war im Parlament unter anderem, wo Versicherte beobachtet werden dürfen. Die Räte beschlossen, Observationen nicht auf allgemein zugängliche Orte wie Strassen und Parks zu beschränken. Betroffene sollen an allen Orten beobachtet werden dürfen, die von einem allgemein zugänglichen Ort aus frei einsehbar sind. (sda)