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Presseschau

Sonntagspresse über Weggesperrte und Armee

Bis zu 60'000 unschuldig weggesperrte Menschen in der Schweiz, eine neue Initiative für weniger Wettbewerb bei den Firmensteuern und viele falsche Instagram-Follower: Das und mehr findet sich in den Sonntagszeitungen. Die Schlagzeilen in nicht verifizierten Meldungen:
Heute dient der Ort als nationale Gedenkstätte für Heim- und Verdingkinder: Zimmer im früheren Kinderheim Mümliswil im Kanton Solothurn. (Archivbild)
Bild: KEYSTONE/ANTHONY ANEX

"NZZ am Sonntag"/"Le Matin Dimanche":

Schweizer Behörden haben laut einer Expertenkommission des Bundes im 20. Jahrhundert insgesamt bis zu 60'000 unschuldige Menschen in Anstalten oder Gefängnissen weggesperrt. Dies berichten "NZZ am Sonntag" und "Le Matin Dimanche" unter Berufung auf Angaben der vom Bundesrat eingesetzten, unabhängige Expertenkommission (UEK). Die Forscher sammelten erstmals Zahlen zum Ausmass der administrativen Versorgung in der Schweiz. Die Betroffenen wurden ohne Gerichtsverfahren in Anstalten oder Gefängnisse gesteckt, weil sie keine Arbeit hatten, zu viel tranken, unehelich schwanger waren oder sonst nicht dem Idealbild der Gesellschaft entsprachen. Bis 1981 waren solche Zwangsmassnahmen möglich. Die Praxis war dem Bericht zufolge weit verbreitet. Diese zeige die hohe Zahl von Einrichtungen, in denen die Opfer versorgt worden seien. Die Historiker fanden demnach 648 solche Institutionen, darunter Arbeitsanstalten, Psychiatrien, Strafanstalten oder Trinkerheilstätten. Die Zahlen würden zeigen, dass die administrative Versorgung in der Schweiz ein Phänomen grosser Tragweite gewesen sei, sagte UEK-Präsident und Zürcher Ex-Justizdirektor Markus Notter der "NZZ am Sonntag". "Wenn sich eine Gesellschaft bedroht fühlt, ist sie zu vielem fähig - auch zu Dingen, über die man sich im Nachhinein wundert." Notter will am Montag offiziell über die Erkenntnisse informieren.

"SonntagsZeitung":

Die SP will den Wettbewerb der Kantone bei den Firmensteuern eindämmen. Die Partei bereitet laut deren Präsidenten Christian Levrat eine Volksinitiative für Mindeststeuersätze für Unternehmen überall in der Schweiz vor. "Wir müssen die Unternehmenssteuern in den Kantonen auf einem vernünftigen Niveau harmonisieren, sonst zwingen sich die Kantone gegenseitig in eine Abwärtsspirale", sagte der SP-Parteipräsident in einem Interview mit der "SonntagsZeitung". Es bringe nichts, wenn sich die Kantone einen ruinösen Steuerwettbewerb lieferten. "Unsere wahren Konkurrenten sind Singapur, Irland und Holland." Der genaue Text für das Volksbegehren liegt noch nicht vor. Laut Angaben des 48-jährigen Freiburger Ständerats wollen die Initianten den Kantonen nicht einen bestimmten Steuersatz für Unternehmen vorschreiben, sondern eine Untergrenze festlegen. Diese dürften die Kantone dann nicht unterschreiten.

"Le Matin Dimanche":

Die Schweizer Verteidigungsministerin Viola Amherd (CVP) ist "offen" gegenüber der Kandidatur einer Frau an der Spitze der Armee. Eine solche Entscheidung würde aber nicht wegen des Geschlechts getroffen, "sondern weil es die beste Kandidatur ist", sagte die christdemokratische Bundesrätin in einem Interview mit der Westschweizer Sonntagszeitung "Le Matin Dimanche". Der Armee "mangelt es unter den Kadern eindeutig an Frauen", stellte die Walliserin fest und betonte, dass es zuerst notwendig sei, mehr weibliche Soldaten zu rekrutieren, um dann mehr weibliche Offiziere zu haben. In diesem Sinne sei sie bereit, angehende Offiziere in zivile Schulen zu schicken, wo die Militärs ihre Arbeit präsentieren sollen. "Aber es sind die Leiter dieser Institutionen, die das letzte Wort haben müssen." Was die mögliche Wehrpflicht für Frauen betrifft, so erklärte Amherd im Unterschied zur bisherigen Haltung des Bundesrat, "offen für diese Frage sein". Angesichts des Mangels an Armeepersonal sagte Amherd weiter: "Ich will keine Optionen ausschliessen. Es werden mehrere Wege erforscht, um die Armee attraktiver zu machen."

"SonntagsBlick":

Der Besuch von Bundespräsident Ueli Maurer (SVP) beim US-Präsidenten Donald Trump am Donnerstag in Washington war nach Ansicht eines früheren Schweizer Diplomaten Teil von Trumps Inszenierung im Konflikt zwischen den USA und dem Iran. "Für Trump ist der Hinweis auf die Rolle der Schweiz nützlich, um zu behaupten, der möchte mit Teheran ins Gespräch kommen, nachdem er den Iran massiv wirtschaftlich, politisch und militärisch unter Druck gesetzt hat", sagte der Ex-Botschafter und Zürcher alt SP-Nationalrat Tim Guldimann im Interview mit dem "SonntagsBlick". Guldimann war von 1999 bis 2004 Schweizer Botschafter im Iran und von 2010 bis 2015 Botschafter in Berlin. Trump rassle mit dem Säbel und gebe gleichzeitig den "Dealmaker", erklärte der in Berlin lebende 68-Jährige weiter. Seit Donnerstag sei die Schweiz Teil von dieser Inszenierung. "Das ist okay, denn diese Statistenrolle bringt auch den Vorteil besserer Kontakte mit Washington." Diese Gunst habe der Bundespräsident für das Dossier des Freihandelsabkommens Schweiz-USA genutzt. Die Schweiz ist Schutzmacht zwischen den beiden Konfliktparteien USA und Iran. Die Eidgenossenschaft vertritt die US-Interessen in Teheran und ebenso die iranischen Interessen in Washington.

"Ostschweiz am Sonntag"/"Zentralschweiz am Sonntag":

Beim Schweizer Katastrophenschutz haben die Neurekrutierungen ein Rekordtief erreicht. Wurden lange Zeit jährlich 6000 junge Männer für den Zivilschutz ausgehoben, waren es in den vergangenen zwei Jahren weniger als 4000, wie "Ostschweiz am Sonntag" und "Zentralschweiz am Sonntag" berichten. Die Kantone schlagen demnach nun Alarm und wollen sich beim Zivildienst bedienen. Die zuständige Regierungskonferenz will Bundesrätin Viola Amherd (CVP) kommende Woche einen Brief zukommen lassen mit der Forderung nach einer Arbeitsgruppe. "Das Bestandesproblem ist dramatisch", sagte Alexander Krethlow, Generalsekretär der Regierungskonferenz Militär, Zivilschutz und Feuerwehr den Zeitungen. "Wir müssen möglichst schnell prüfen, wie Zivildienstleistende künftig auch im Zivilschutz eingesetzt werden können." Den Kantonen schwebt demnach das Modell einer "Sicherheitsdienstpflicht" vor, bei dem Zivildienst und Zivilschutz zu einem Katastrophenschutz fusioniert würden. Zivildienstliche Tätigkeiten im Sozial- und Gesundheitswesen wie auch zu Gunsten der Natur würden damit eingeschränkt.

"SonntagsZeitung":

Jeder dritte Schweizer Instagram-Follower ist einer neuen Studie zufolge erfunden. Wie die "SonntagsZeitung" berichtet, würden Berechnungen des US-amerikanischen Start-ups Hypeauditor dies nahelegen. Das Unternehmen ist darauf spezialisiert, solche Fälschungen aufzuspüren. Weltweit seien sogar 46 Prozent der Follower auf Instagram gefakt, wird Firmenchef Alex Frolow zitiert. Immer mehr Instagrammer kaufen sich demnach im Wettbewerb um Partnerschaften und Werbedeals mit Unternehmen Follower, Likes und Kommentare. In den sozialen Medien floriert das Geschäft mit den sogenannten Influencern. Bei diesen handelt es sich um für die Werbeindustrie interessante Meinungsmacher mit Ansehen, Einfluss und Reichweite. Bis im kommenden Jahr sollen gemäss der Influencer-Marketingagentur Mediakix weltweit fast 2,5 Milliarden US-Dollar mit jungen Social-Media-Promis umgesetzt werden. 30 bis 40 Millionen Franken sollen es heuer in der Schweiz sein. Marken und Werbetreibende ermitteln gemäss dem Bericht vermehrt mit künstlicher Intelligenz und schlauen Algorithmen die Qualität von Instagram-Profilen.

"NZZ am Sonntag":

Am Zürcher Universitätsspital (USZ) ist es auf der Herzchirurgie zu einem Exodus beim Personal gekommen. Seit letztem Sommer verliessen oder kündigten kürzlich etwa ein halbes Dutzend leitende Ärzte und Oberärzte, wie die "NZZ am Sonntag" schreibt. Dies sei rund die Hälfte der Mediziner auf diesen Stufen. Neben der Fluktuation mache der Klinik auch schlechte Qualitätsindikatoren zu schaffen. Weil die Mortalitätsraten bei gewissen Operationen zu hoch waren, wurden nach einer Überprüfung Ärzte mit ungenügenden Resultaten unter Aufsicht gestellt. Diese dürften Eingriffe nicht mehr allein durchführen, wird eine USZ-Sprecherin im Bericht zitiert. Zudem habe das Spital die Besprechungen vor und nach Operationen standardisiert und das Simulationstraining ausgebaut. Seit Jahren steht in der Schweiz eine Reduktion der Anzahl Herzkliniken zur Diskussion. Derzeit führen 18 öffentliche und private Spitäler Herzoperationen durch.

"SonntagsBlick":

Ein deutscher Hobbypilot ist von der Schweizer Bundesanwaltschaft jüngst wegen eines gefährlichen Blindflugs im Bereich des Flughafens Zürich verurteilt worden. Wie der "SonntagsBlick" mit Verweis auf den rechtskräftigen Strafbefehl berichtet, setzte der Rentner bei dem Vorfall im Sommer 2016 andere Flugpassagiere, Crew wie auch Bodenpersonal einer massiven Gefahr aus und legte den Flughafen in Kloten teilweise lahm. Verurteilt wurde der Pilot wegen Störung des öffentlichen Verkehrs, was eine bedingte Geldstrafe von 7500 und eine Busse von 1500 Franken zur Folge hatte. Der Mann bewegte sich dem Bericht zufolge mit seinem Motorsegler auf Kollisionskurs mit einem Airbus-Flugzeug der Edelweiss Air, der aus Las Vegas herkam. Der Ferienflieger wollte auf Piste 14 landen, als der Hobbypilot in dessen Windschatten auftauchte. Der Rentner gondelte weiter in den Abflugsektor des Flughafens. An Piste 28 flog er so nah heran, dass dem Tower nichts übrig blieb, als sämtliche Starts vorübergehend zu unterbrechen. Der Mann hatte seinen Funk und den der Identifiaktion dienenden Transponder ausgeschaltet. Eine Dreiviertelstunde geisterte der Hobbypilot so durch den Schweizer Luftraum. Laut seines Anwalts war der Mann bereits in Deutschland zu einer Busse von 3000 Euro verurteilt worden - wegen eines identischen Sachverhalts. (sda)