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Luzern

Bei Wind und Wetter an der frischen Luft – Wauwil will einen Naturkindergarten

Die Gemeinde Wauwil benötigt im neuen Schuljahr einen dritten Kindergarten und lanciert dafür ein spezielles Projekt: Die Kinder werden draussen unterrichtet. Das unkonventionelle Angebot trifft offenbar den Nerv der Zeit.
Der Wauwiler Gemeinderat Alwin Roos engagiert sich als Kommissionspräsident für den Naturkindergarten. (Bild: PD)
Diese Visualisierung zeigt, wie die Weiermatt gestaltet werden könnte. (Bild: PD)
Am Wauwiler Dorffest wurde der Bevölkerung das neue Angebot des Naturkindergartens präsentiert. Das Bild wurde zwar dann aufgenommen, so ähnlich könnte es ab dem Sommer aber immer aussehen. (Bild: PD)
Ein Blick auf die Wiese Weiermatt beim Dorffest im September. (Bild: PD)
So sieht die Wiese Weiermatt heute aus: viel Platz für den Naturkindergarten. (Bild: PD)

Salome Erni

Salome Erni

Salome Erni

Salome Erni

Salome Erni

Die Kommission Schulraumbedarf dritter Kindergarten erhielt den Auftrag, eine Lösung für die Unterbringung des neuen Wauwiler Kindergartens zu erarbeiten. Zur Debatte standen eine Aufstockung des Gebäudes oder ein Provisorium. Was trocken klingt, nahm rasch eine neue Dynamik an, als an einer Sitzung das Modell des Naturkindergartens zur Sprache kam.

«Wir sind für gute Ideen immer zu haben», sagt Alwin Roos, Gemeinderat und Präsident der Kommission. Gemeinsam besuchten sie Meggen, wo es seit 2018 den ersten Naturkindergarten des Kantons Luzern gibt. Dieses Jahr wurde er sogar in eine Basisstufe ausgeweitet. Roos ist seither «voll überzeugt», im Schuljahr 2022/2023 sollen die ersten Wauwiler Kindergartenkinder den neuen Chindsgi besuchen.

Eine Wiese wird das Klassenzimmer

«Wir schaffen keinen Waldkindergarten, sondern einen Naturkindergarten», betont Roos. Auch wenn viel Zeit im Wald eingerechnet ist, hat der Kindergarten eine sogenannte Homebase im Dorf. Die Suche nach einem geeigneten Standort sei nicht einfach gewesen. Auf der Wiese Weiermatt in nächster Nähe zum Bahnhof, dem Wauwilermoos und dem Schulhaus wurde die Kommission schliesslich fündig.

Dort sollen ein Gruppenzelt, eine Kochgelegenheit, eine Komposttoilette und ein Vorbereitungs- und Besprechungsraum für die Lehrpersonen eingerichtet werden.

Das beheizte Gruppenzelt ist aber nicht für den Unterricht in den kalten Monaten gedacht. Roos sagt:

«Die Kinder sind bei jedem Wetter draussen, ausser ihre Gesundheit wäre durch einen Sturm oder ein Gewitter gefährdet.»

Das Gruppenzelt bietet vielmehr die Möglichkeit, nasse Kleider zu trocknen oder Material zu lagern.

Es gilt der Lehrplan 21

Der Unterricht unterscheidet sich damit stark von jenem in einem gewöhnlichen Kindergarten. Während die heute bereits weit verbreiteten Wald- und Naturspielgruppen nicht zur obligatorischen Schulzeit zählen und an keinen Lehrplan gebunden sind, ist ein Kindergarten zum Lehrplan 21 verpflichtet. Dass dieser beim Naturkindergarten nicht eingehalten wird, befürchten weder Roos noch der Kanton Luzern, wie es dort auf Anfrage heisst. Katrin Birchler, Leiterin ad interim der Dienststelle Volksschulbildung, fügt jedoch an, dass es «nur» im Wald schwierig werden würde, und begrüsst daher die Kombination mit Tipi und Bauwagen, wie sie in Meggen bereits umgesetzt wird.

Der Unterricht werde durchaus anders aussehen, aber «sehr abwechslungsreich» sein, sagt Roos. Turnstunden würden beispielsweise in den Unterricht eingebaut und nicht separat abgehalten werden. Oder anstatt das Xylofon und die Rasseln aus dem Schrank zu holen, können die Kinder auf selbst gebastelten Instrumenten musizieren.

Neues Angebot stösst auf Interesse

Um einen Naturkindergarten zu leiten, braucht die Lehrperson eine naturpädagogische Ausbildung. Daran sollte es in Wauwil aber nicht scheitern. Denn es seien – obwohl noch keine Ausschreibung lanciert – bereits erste Bewerbungen eingegangen, verrät Roos erfreut. Auch von Seiten der Eltern erhielt er durchweg positive Reaktionen, als das Konzept anlässlich des Dorffests am 11. September der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Roos sagt:

«Mir sagten Eltern sogar, es sei schade, dass ihr Kind schon ein wenig zu alt für den Kindergarten sei.»

Er ist zuversichtlich, dass im nächsten Schuljahr genügend Kinder das Angebot besuchen werden, um eine Klasse zu füllen.

Das Modell, das sich etwas nach einem hippen städtischen Projekt anhört, trifft also auch auf dem Land den Nerv der Zeit. Gemäss Roos sei dies einer allgemeinen Tendenz zuzuschreiben, dass Kinder immer weniger Freiräume erhalten, um sich draussen auszutoben. Angebote wie der Naturkindergarten seien hier eine Möglichkeit, um Gegensteuer zu geben. Roos will die beiden Modelle aber nicht gegeneinander ausspielen. Denn auch die regulären Wauwiler Kindergärten gehen ein- bis zweimal in der Woche in den Wald.

Viel Aufwand für die Wauwiler Initianten

Die Lancierung eines solchen Pilotprojekts ist mit grossem Aufwand für die Gemeinde verbunden und fordert viele Absprachen mit kantonalen Behörden. Birchler von der Dienststelle Volksschulbildung bestätigt, dass die Schaffung eines Naturkindergartens viel Engagement der lokalen Initianten erfordere. Sie sagt:

«Wir rechnen im Kanton mit vereinzelten weiteren Angeboten und unterstützen diese grundsätzlich, fördern sie aber nicht aktiv.»

Roos distanziert sich denn auch davon, dass der Naturkindergarten eine getarnte Sparübung sei. Zwar sei die Infrastruktur zunächst günstiger als ein bauliches Provisorium, doch für zukünftige Investitionen werde mit dem Budget nicht knausrig umgegangen. Roos schwärmt von einem Naschgarten, Waldsofas und dem verbleibenden Freiraum. Dieser könne dann von der Lehrperson gemeinsam mit den Kindern und Eltern gestaltet werden.

Hinweis: Im Januar informieren die drei Wauwiler Kindergärten gemeinsam anlässlich eines Elternabends über die Angebote.

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