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Luzern

Corona hat den Gewinn der Stadtluzerner Heime geschmälert, die Zuversicht jedoch nicht

Andrea Wanner blickt auf ihr erstes Jahr als Geschäftsleiterin der Stadtluzerner Heime Viva AG zurück. Sie erklärt, weshalb die Viva gut durch die Coronakrise gekommen ist.
Geschäftsleiterin Andrea Wanner blickt im Garten von Viva Luzern Eichhof mit Zuversicht in die Zukunft. 
(Bilder: Pius Amrein (Luzern, 22. April 2021))
Aussenansicht Betagtenzentrum Viva Luzern Eichhof.
Andrea Wanner liest auch gerne mal einen Krimi zum Abschalten.

Sandra Monika Ziegler

 

Wir sitzen distanziert im obersten Stock des Alterszentrums Eichhof und lassen das letzte Jahr Revue passieren: Ende März 2020 begann Andrea Wanner (47) ihre Stelle als Geschäftsführerin der Stadtluzerner Heime Viva, just als der Bundesrat die neuen Coronamassnahmen bekanntgab. Ein sehr spezieller Start als neue Viva-Chefin:

«Die Arbeit ist mit aktuellem Schutzkonzept eine logistische Herausforderung.»

«Wir wurden gerade in der Pandemie noch mehr konfrontiert mit dem Leben – und wie es für ein Betagtenzentrum auch dazugehört – natürlich mit dem Tod.»

Immer wieder werde angerufen und gefragt, ob denn Besuche überhaupt erlaubt seien und wie das gehe. «Ja, Besuche sind seit letztem Oktober mit Voranmeldung erlaubt. Es gilt die Maskenpflicht, doch Knuddeln ist erlaubt. Besuche sollen trotz Schutzkonzept so natürlich wie möglich stattfinden», stellt Wanner klar.

Gut 80 Prozent der Bewohnenden von Viva Luzern sind inzwischen immunisiert. Das bedeutet, sie sind entweder vollständig geimpft oder sie haben kürzlich eine Coronavirus-Erkrankung durchgemacht. Bei den Angestellten ist gut die Hälfte geimpft. Und die Impfungen laufen weiter. Eine Übersterblichkeit, also mehr Todesfälle als in den Jahren ohne Corona, konnte bisher nicht festgestellt werden. Es seien quasi gleich viele Todesfälle verzeichnet worden wie in den Vorjahren, sagt Wanner.

Und wie sieht es beim Personal aus? Gab es coronabedingt mehr Krankmeldungen oder gar Berufsausstiege? Wanner:

«Bei den Krankmeldungen gab es sogar weniger, weil weniger Angestellte an Grippe oder Erkältung erkrankt waren.»

«Und 2020 gab es mehr Quereinsteigende als im Vorjahr.» Bei der ersten Welle wurden Überstunden und Ferienzeit abgebaut, Ende 2020 wurden davon entsprechend weniger verzeichnet.

Der Gewinn ist auf die Hälfte gesunken

Gespürt hat Viva die Pandemie auch in finanzieller Hinsicht. So beträgt der Gewinn im Jahr 2020 mit 0,5 Millionen Franken nur noch halb so viel wie im Vorjahr. Und der Betriebsertrag sank von 106 auf 104 Millionen Franken. Insbesondere in den ersten Monaten dieses Jahres seien Zurückhaltung und allgemeine Verunsicherung spürbar gewesen. Das habe zu einer unterdurchschnittlichen Belegung geführt, erklärt Wanner.

Sie führt das auf die öffentliche Wahrnehmung aufgrund des Coronavirus und die geltenden Schutzmassnahmen zurück. Und auch der grundsätzliche Trend «ambulant vor stationär», zeige seine Wirkung. Total lebten letztes Jahr 810 Personen mit einem Durchschnittsalter von 86,1 Jahren in einem Viva-Heim. Hinzu kommen 220 Mieterinnen und Mieter sind in den Alterswohnungen. Zurzeit beträgt die Auslastung der Heimplätze 93 Prozent.

Und wie sieht es mit den Projekten aus? Gab es da pandemiebedingte Abstriche? Bis dato laufe es nach Plan, sagt Andrea Wanner. So werden im Haus West im Rosenberg die Zweibettzimmer auf drei Geschossen durch Einzelzimmer mit einer Nasszelle inklusive Dusche ersetzt. Es entstehen 51 neue Einzelzimmer, die diesen Herbst bezugsbereit sein sollen.

Die Bewohnerinnen und Bewohner vom Rosenberg wohnen übrigens während des Umbaus im Haus Diamant auf dem Areal Eichhof. Weitere Standorte, die noch Doppelzimmer haben, sollen über kurz oder lang umgebaut werden.

Nur noch vier offene Lehrstellen

Ein Dauerthema ist der Mangel an Fachkräften. Die Lehrstellen wurden im gleichen Umfang ausgeschrieben wie vor der Pandemie. Das sind 55 offene Lehrstellen pro Jahr und beinhalten alle Lehrberufe, von Pflege über Betriebsunterhalt bis KV. Aktuell sind vier Lehrstellen noch offen.

Im Jahr 2020 wurden 36 Prozent der Lehrstellen von Männern besetzt. Wanner erwähnt das Beispiel eines 28-jährigen Kochs, der zu Beginn im Freiwilligeneinsatz den Pflegeberuf entdeckte. Jetzt hat er ein dreijähriges berufsbegleitendes HF-Studium zum Pflegefachmann begonnen.

Zum Abschalten: Pferde, Krimis – und ein Maiensäss

Doch zurück zu Andrea Wanner. Das Jahr habe sie geprägt und noch mehr bestärkt für die Zukunft, sagt die Betriebsökonomin. Ein wichtiges Anliegen ist ihr die Weiterentwicklung des klassischen Pflegeheims, den Spitalcharakter zu verbannen und zu neuen Wohnformen aufzubrechen.

«Wir müssen vermehrt auf die Bedürfnisse älterer Menschen eingehen können. Das Eintrittsalter wird immer höher und die Dienstleistungsansprüche sind divers. Es gilt auch hier, Bestehendes immer wieder zu hinterfragen. Wir bleiben kreativ», sagt Andrea Wanner.

Damit ihr selber nicht die Luft ausgeht, achtet die passionierte Reiterin auf eine Work-Life-Balance. Mit ihrer Trakehner-Stute Soraya klappe das bestens. Zudem wandere sie gerne und lese zum Abschalten auch mal einen Krimi. Aktuell ist es der Thriller «Schattenhaus» der amerikanischen Schriftstellerin Tess Gerritsen.

Und dann gibt es noch ihren Kraftort oberhalb Airolo, eine Maiensäss auf 1600 Metern Höhe. Andrea Wanner strahlt: «Dort oben bleiben alle Sorgen und Nöte im Tal, ein idealer Ort zum Auftanken und Neu-Ordnen.»

 

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