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Luzern

Fabian Peter über die Mobilität im Kanton Luzern: «Wir stehen vor der grössten Transformation seit der Industrialisierung»

Regierungsrat Fabian Peter und Nationalrat Michael Töngi (Grüne) diskutierten bei einem Podium, das vom Verkehrsclub Schweiz (VCS) organisiert wurde, über Klima und Mobilität. Dabei ging es auch um die Frage, ob sich Verzicht oder Fortschritt durchsetzen wird.
Welches Verkehrsmittel wird in Zukunft die Luzerner Strassen dominieren? Darüber gibt es verschiedene Ansichten. (Bild: Pius Amrein (Luzern, 25. Oktober 2021))

Jonas Hess

Regierungsrat Fabian Peter machte keinen Hehl daraus: Für den Kanton Luzern gehören auch in Zukunft nicht nur die Schiene, sondern auch Strassenbauprojekte zur Mobilitätsstrategie. Dass er am Mittwochabend mit seiner Haltung ziemlich allein dastand, muss dem Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsvorsteher schon im Voraus bewusst gewesen sein. Schliesslich hatte ihn der Verkehrsclub Schweiz (VCS) zur Podiumsdiskussion «Klima und Mobilität» geladen.

Der VCS setzt nicht nur auf den massiven Ausbau des öffentlichen Verkehrs, sondern stellt gemäss Dominik Hertach von der Geschäftsstelle Luzern auch die Förderung von Elektroautos in Frage.

«Die Elektrifizierung ist keine Lösung»,

sagte er zu Beginn der Veranstaltung im Kulturhof Hinter Musegg in Luzern. Zwar trage das Elektroauto zu einer erheblichen CO2-Reduktion bei. Um die Treibhausgase aber «wirklich einzudämmen», führe kein Weg an der Kombination ÖV und Velo vorbei. Hertach räumte ein: «Dieser Schritt ist sehr umstritten und braucht eine Verhaltensänderung von allen.» Dies passiere aber nicht freiwillig, deshalb sei die «Push & Pull»-Methode die Lösung. Heisst für Hertach: Infrastruktur für Velos und ÖV ausbauen, jene für den Individualverkehr zurückfahren. «Zum Beispiel indem man Parkplätze verringert.»

Dass sich in Sachen Mobilität einiges ändern muss, befand auch Fabian Peter. Um die Klimaziele zu erreichen, brauche es Anreize, aber auch Druck, damit sei er einverstanden. «Wir stehen vor der grössten Transformation seit der Industrialisierung.» Doch eine Tatsache sei auch, dass die Mobilität zugenommen habe. Im Schnitt lege heute jeder Luzerner und jede Luzernerin täglich 40 Kilometer zurück.

Im kantonalen Planungsbericht «Zukunft Mobilität» im Kanton Luzern seien deshalb je nach Region verschiedene Ziele definiert worden. Dazu gehöre auch die Förderung der Elektromobilität. Das sei sicher nicht die alleinige Lösung, aber notwendig. «Gerade in ländlichen Regionen werden viele Leute auch in Zukunft auf ein Auto angewiesen sein.»

Kritische Fragen zum Bypass

Als genauso notwendig erachtet Peter das Megaprojekt Bypass. Die Autobahnumfahrung, die vom Bund finanziert wird, entlaste nicht nur den lokalen Individualverkehr auf der Stadtautobahn, sondern schaffe auch mehr Platz für den ÖV. Während dieser Ausführungen schüttelten mehrere Anwesende wiederholt den Kopf.

Michael Töngi, Grünen-Nationalrat und Präsident des VCS Schweiz, nahm die stumme Opposition im Podiumsgespräch mit Peter auf. Es sei ja bekannt, dass sich der VCS gegen das Projekt wehre, so Töngi, trotzdem wolle er darüber diskutieren. Ihm stelle sich die Frage, warum er noch nie etwas von flankierenden Massnahmen im Zusammenhang mit dem Bypass gehört habe. «Wenn das Projekt zu besserem Verkehrsfluss beim ÖV führt und mehr Platz schaffen soll, müssten doch Busspuren ausgebaut und Quartiere vom Verkehr entlastet werden?» Wie man die Stadtautobahn künftig effizient nutzen könne, sei bisher noch nicht konkret geplant worden, so Peter.

Freiheit oder Verzicht?

Töngi wollte von Peter auch wissen, wie er sich das im Mobilitätsbericht festgehaltene Ziel «Vermeidung von Verkehr» vorstelle. Peter offenbarte seine Mühe damit: Der FDP-Regierungsrat sprach von Freiheit und verwies auf das Bedürfnis am Reisen. Töngi zeigte Verständnis für das Argument, gab aber zu bedenken, dass gerade Flugreisen mit den klimapolitischen Zielen kaum vereinbar seien: «Wir müssten Unmengen an erneuerbaren Energien produzieren, das wird sehr schwierig.»

Mehr Einigkeit herrschte beim Projekt Durchgangsbahnhof Luzern. «Wir brauchen diesen Bahnhof, unser Zugnetz ist jetzt schon am Limit und läuft zeitweise darüber hinaus», so Peter. Er appellierte an die Anwesenden, überall in der Schweiz Werbung dafür zu machen, um die nationale Politik vom Projekt zu überzeugen. Töngi tat dies bereits. Mit einem Augenzwinkern sagte er:

«Wenn ich meinen Kollegen in Bern sage, dass ich am Abend nur einen Zug pro Stunde habe, ist das Mitleid jeweils gross.»

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