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Luzern

Gewitter im Anzug

Auf einem Gruppenbild ab 5 Personen wirkt immer eine daneben, meint Hans Graber. Darum hat er das Gruppenbild des neu zusammengesetzten Luzerner Regierungsrates genau analysiert. Ganz neben den Schuhen wirke da auf Anhieb niemand.
Da braut sich was zusammen: der Luzerner Regierungsrat. (Bild: Eveline Beerkircher, 19. Mai 2019)

Hans Graber

Ich wäre als Politiker allein deshalb ungeeignet, weil man sich nach erfolgter Wahl für ein Gruppenfoto hinstellen muss. Es geht nicht ums gemeinsame Freund- und Feindbild. Fotografieren lasse ich mich generell ungern. Sobald eine Kamera auf mich gerichtet ist, werde ich kribbelig, mache doofe Faxen und nehme eine Zwangshaltung ein, alles in der Absicht, cool zu wirken und flott auszusehen. Herauskommt das Gegenteil. Das war schon auf Klassenfotos in der Schule so (gegen eine Gebühr gewähre ich Einsicht) und hat sich bis heute nahezu ausnahmslos durchgezogen.

Wird man alleine abgeknipst, kann man mit der Fotografin reden. Sie solle doch bitte das am wenigsten Schreckliche aus der Serie nehmen oder halt noch weitere 43 Mal abdrücken. In der Gruppe geht das nicht, sonst würde das ewig dauern. Deshalb die Faustregel: Auf einem Gruppenbild ab 5 Personen wirkt immer eine daneben. Mindestens. Ob das Gruppenbild des neu zusammengesetzten Luzerner Regierungsrates vom letzten Sonntag die berühmte Ausnahme der Regel ist? Was ich sagen kann: Mir gefällt das Foto als Ganzes, es ist stimmig komponiert, und auch das Wetter machte mit. Diese dunkel dräuende Gewitterwolke über den fünf Herren! Grandios.

Zwar, als ich das Foto zum ersten Mal sah, fürchtete ich zunächst, dass es Sinnbild dafür sein könnte, was das Luzerner Volk zusammengewählt hat. Ein Fanal, durch und durch Unheilvolles verheissend? Doch schon am Dienstag durfte man erleichtert feststellen, dass das Gewitter nicht über unseren Köpfen sich entlud, sondern im Sitzungszimmer des Regierungsrates, mit kleiner, aber recht geräuschvoller Departementsrochade. Die hat uns hier aber nicht weiter zu kümmern, obwohl zum Zeitpunkt, als dieses Foto geschossen wurde, einige Herren vom bevorstehenden Coup bereits wussten.

Sicher nicht zu ihnen gehörte der noch amtierende Finanzminister ganz rechts, der am Sonntag erst einmal hochzufrieden war, dass er gewählt wurde und auf dem Foto entsprechend entspannt wirkt. Ich bin kein Stilexperte, aber mir scheint, dass speziell bei ihm die Hose etwas gar lang geraten ist, ebenso beim Sicherheitsdirektor ganz links. Womöglich ist das kein Zufall, mussten sie beide doch in den zweiten Wahlgang und wollten auch optisch ausdrücken, dass sie nie und nimmer mit abgesägten Hosen dastehen werden.

Als herrlicher Kontrast zum Gewölk und zum dominierenden Grauschwarzdunkelblau der übrigen Mannschaft fällt der kornblumenblaue Anzug des Sicherheitsdirektors angenehm auf. Ein nicht allzu leuchtendes Orange wäre eventuell noch passender gewesen zum Departement, aber Orange hätte sich dann wohl gebissen mit der Krawatte des neben ihm stehenden und leise lächelnden Bildungsdirektors. Dieser übernimmt ja nun bald die Finanzen, und schon seine Körpergrösse zeigt unmissverständlich, dass es mit uns jetzt monetär steil aufwärtsgeht. Vielleicht.

Der Baudirektor, Zweiter von rechts, ist der einzige Neue im Trupp. Ich habe anhand des Fotos vier nicht vorbelastete Leute (drei Solothurner, ein Baselbieter) gefragt, wer ihrer Meinung nach der Neue sei. Alle tippten sie richtig! Heisst das für den Newcomer, dass er erst noch ins Amt hineinwachsen muss? Oder heisst es, dass er körpersprachlich noch unversehrt ist, weil ihn die schwere Amtslast noch nicht drückte?

Es bleibt der Mitte-Mann, der Gesundheitsdirektor. Leute, die sich um Gesundheit kümmern, werden aufgrund übertrieben interpretierter Vorbildfunktion zuweilen recht asketisch und entsagen leiblichen Genüssen. Das scheint mir hier erfreulicherweise nicht der Fall zu sein. Ich schliesse das aus dem gut körperbetonten Sakko, dem einzigen übrigens mit schmuckem Pochettli. Oder ist das ein kleines Notfallset, wenn einer umkippen sollte? Wegen jedem Bobo geht man bekanntlich nicht mehr zum Arzt.

Fazit: Trotz einer Restunsicherheit (Sockenwahl?!) darf man festhalten, dass es weniger vorteilhafte Gruppenbilder gibt als dieses. Ganz neben den Schuhen wirkt da auf Anhieb niemand. Und ich kandidiere ja weiterhin nicht. Ehrenwort.

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