notifications
Luzern

Hellere Strassenbeläge, bessere Bäume, grüne Dächer: So rüstet sich die Stadt Luzern für den Klimawandel

Heissere Sommer, stärkere Regengüsse: Der Luzerner Stadtrat reagiert und will bis in zehn Jahren 3,5 Millionen Franken investieren. Wir präsentieren die wichtigsten sechs Massnahmen.
Der helle, wasserdurchlässige Belag des Helvetiaplatzes heizt sich im Sommer weniger stark auf. Starkniederschläge können vor Ort versickern. (Bild: PD)
Grünflächen wie das Vögeligärtli bleiben im Sommer angenehm kühl und senken die Temperatur in angrenzenden Quartieren. (Bild: Manuela Jans-Koch (Luzern, 29. Mai 2020))
Adrian Borgula.
(Bild: Eveline Beerkircher)

Alexander von Däniken

Alexander von Däniken

Alexander von Däniken

Das Jahrhundert war noch ein Kleinkind, als es uns 2003 einen Rekordsommer bescherte. Die Hitze staute sich während Wochen, Senioren wurden gebeten, nicht bei Tag rauszugehen und genügend zu trinken. Besonders in den Städten wie Luzern flirrte die Luft wie giftiges Gas. Man sprach vom Jahrhundertsommer. Zwei Jahre später sorgten heftige Niederschläge in Luzern für Überschwemmungen. Solche extremen Wetterereignisse wird es wegen des Klimawandels künftig häufiger geben. Das Netzwerk des Bundes für Klimadienstleistungen hat Ende 2018 die neusten Resultate veröffentlicht:

2,8 Grad beträgt der erwartete Höchstanstieg der durchschnittlichen Sommertemperatur in Luzern 2060.

22 Tage mit mindestens 30 Grad dürften es 2060 maximal sein. Heute sind es 6.

10 Prozent ist der erwartete Anstieg der Niederschlagsmenge an starken Regentagen bis 2060.

Der Luzerner Stadtrat will nun reagieren. Er hat am Freitag einen 100 Seiten starken Bericht und Antrag präsentiert, den er am 24. September dem Stadtparlament vorlegen will. Die «Klimaanpassungsstrategie der Stadt Luzern» sieht 21 Massnahmen vor; bis 2030 sollen rund 3,5 Millionen Franken investiert werden.

Die Strategie war ein Auftrag: Das Stadtparlament überwies vor etwa zwei Jahren eine Motion der heutigen Grüne-Kantonsrätin Korintha Bärtsch. Der Stadtrat verfolgt mit den Massnahmen zwei übergeordnete Ziele: Die Risiken, die sich durch den Klimawandel ergeben, sollen minimiert werden. Und die Anpassungsfähigkeit von Umwelt, Gesellschaft, Wirtschaft und Infrastruktur soll erhöht werden.

Mehr Grün, mehr Luft, mehr Beratung

Folgend eine Auswahl der geplanten Massnahmen:

  • Hellere Strassenbeläge: Die Stadt Luzern wird an Pilotprojekten teilnehmen, bei denen hitzeangepasste und stärker reflektierende Strassenbeläge entwickelt und getestet werden. Die Beläge dürften in Zukunft heller werden. Dann reflektieren sie im Vergleich zu dunkleren Asphaltflächen einen höheren Anteil an Sonneneinstrahlung. Dadurch verringern sie die Erwärmung der Atmosphäre und des Untergrunds. Im Optimalfall wird auch das Risiko von Belagsschäden verringert.
  • Durchlüftung verbessern: Wer bei sommerlichen Temperaturen gerne auf einen Ventilator zurückgreift, weiss um die angenehme Wirkung. Dasselbe will der Stadtrat im grösseren Massstab erreichen – auf natürliche Weise. See, Reuss und Grünflächen sind im Sommer kühler als bebaute Areale. Mit räumlichen Planungsinstrumenten will der Stadtrat für genügend kühle Flächen sorgen und die Frischluftzirkulation verbessern. Das soll im Rahmen der Revision der Bau- und Zonenordnung geschehen. Im dazugehörigen Reglement sollen dann auch Kriterien für eine «klimaangepassten Bauweise» aufgenommen werden. Dazu gehören zum Beispiel eine stärkere Begrünung des Stadtkörpers, die Materialwahl und Farbgestaltung von Oberflächen oder die Förderung von versickerungsfähigen Belägen, damit bei starken Regenfällen das Wasser abfliessen kann. Generell sollen Flächen entsiegelt und begrünt werden.
  • Grüne Dächer und Fassaden: Nicht nur am Boden soll die Stadt möglichst grün werden, auch auf Dächern und an Fassaden. So wird bei starkem Regen Wasser zurückgehalten, die Kanalisation entlastet und der Oberflächenabfluss reduziert. Schon jetzt wird mittels Bau- und Zonenreglement des Stadtteils Luzern verlangt, dass nicht begehbare Flachdächer ab 25 Quadratmetern begrünt werden müssen. Das Problem: Solche Dächer eignen sich häufig auch für Solaranlagen. Bei der Reglementsrevision sollen grüne Dächer den Vorzug erhalten, wenn das betreffende Gebiet eine Hitzeinsel ist.
  • Bessere Stadtbäume: Bäume wirken in Städten als Klimapuffer. Sie reduzieren die Hitzebelastung und nehmen Wasser auf. Das funktioniert aber nur mit den richtigen Bäumen optimal. So darf die Krone dort nicht zu ausladend sein, wo die Luft zirkulieren muss (siehe Durchlüftung verbessern). Der Stadtrat plant, verschiedene Grundlagen zu überarbeiten und ein Pilotprojekt namens «Schwammstadt» zu starten, um den Baumbestand zu optimieren. Auch soll die Stadtgärtnerei mehr Mittel erhalten, um öffentliche Grünräume zu optimieren.
  • Biodiversität fördern, fremde Arten bekämpfen: Pflanzen und Tiere, die nicht einheimisch sind, will der Stadtrat noch stärker bekämpfen. Denn der Klimawandel begünstigt deren Ausbreitung. Gleichzeitig will er die Biodiversität von heimischen Arten fördern.
  • Beratung für ältere Menschen: Rollt eine Hitzewelle an, sind ältere alleinstehende Menschen besonders gefährdet. Für sie will der Stadtrat ein Präventions- und Beratungsangebot schaffen. Vorbild ist dabei die Stadt Genf. Während der Hitzewellen werden diese Menschen regelmässig telefonisch kontaktiert und über hitzeangepasstes Verhalten informiert. Zusätzlich sollen Organisationen wie Pro Senectute in Bezug auf hitzebedingte Gesundheitsrisiken sensibilisiert werden. Eine zusätzliche städtische Koordinationsstelle soll dafür sorgen, dass alle Massnahmen aufeinander abgestimmt werden.

Bäume kosten am meisten

Die grössten Kosten verursachen das Anpassen des Baumbestands und das Verstärken des Baumschutzes. Hier werden 430'000 Franken veranschlagt. Dazu kommt bei dieser Massnahme ein wiederkehrender Aufwand von 110'000 Franken; unter anderem für eine zusätzliche Vollzeitstelle. Laut dem städtischen Umwelt- und Mobilitätsdirektor Adrian Borgula (Grüne) sind die Kosten so tief wie möglich gehalten worden.

Viele Massnahmen sind noch nicht fix, da sie zum Beispiel in die Revision der Bau- und Zonenordnung einfliessen werden. Das sagt auch Borgula und fügt an: «Dafür können wir die Gelegenheit nutzen, weil die Bau- und Zonenordnungen der Stadtteile Luzern und Littau sowieso zusammengeführt werden müssen.» Dass dabei auch Immobilienbesitzern Vorgaben gemacht werden können – etwa bei der Farb- und Materialwahl der Fassade oder beim Anteil versiegelter Fläche rund um die Gebäude – sei unumgänglich. «Im Mittelmeerraum ist aufgrund der Hitze vieles in Weiss gehalten. Bei uns ist bei der Farbwahl die Hitze noch wenig berücksichtigt.» Borgula ist überzeugt, dass durch die Massnahmen auch die Aufenthaltsqualität in der Stadt steigt.

Kommentare (0)