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Luzern

364 Stimmen machen den Unterschied: Kanton Luzern sagt hauchdünn Ja zur Formularpflicht für Vermieter

Vermieter im Kanton Luzern müssen künftig den Mietzins des Vormieters offenlegen, wenn die Leerwohnungsziffer tief ist. Der Mieterverband stellt bereits neue Forderungen.
Blick auf die Stadt Luzern. Hier sagten 68,6 Prozent Ja zur Initiative des Mieterverbandes.  (Bild: Patrick Hürlimann (22. September 2020))

Dominik Weingartner

Es war ein regelrechter Abstimmungskrimi: Bis ganz am Schluss war nicht klar, ob es zur Initiative «Fair von Anfang an, dank transparenter Vormiete» des Mieterverbandes ein Ja oder ein Nein geben würde. Am Schluss machten 364 Stimmen den Unterschied, die Initiative wurde mit 50,1 Prozent Ja-Anteil angenommen – knapper geht es kaum.

Den Ausschlag gegeben haben die grossen Gemeinden. In der Stadt Luzern stimmten mehr als zwei Drittel für die Initiative, auch in Emmen, Kriens, Ebikon, Sursee und Adligenswil war die Zustimmung mit über 55 Prozent deutlich. Ja sagten zudem die Gemeinden Horw, Oberkirch, Buchrain, Root und Rothenburg.

Hauseigentümer sprechen von «Zufallsmehr»

Beim Mieterverband ist die Freude über den Erfolg an der Urne gross. Er habe auf ein «respektables Ergebnis gehofft», sagt Präsident Mark Schmid. Mit einem Ja sei nicht unbedingt zu rechnen gewesen, aber: «Wir hätten die Initiative nicht lanciert, wenn wir das Gefühl gehabt hätten, sie sei chancenlos», sagt Schmid. Mit der deutlichen Zustimmung aus den Zentren habe er gerechnet: «Dort, wo viele unter dem Druck des Wohnungsmarktes leiden, haben die Leute Ja gesagt. Das überrascht mich nicht», sagt Schmid.

Der Präsident des Mieterverbandes weist zudem darauf hin, dass sowohl der Kantons- als auch der Regierungsrat die Initiative klar abgelehnt haben. Das zeige, dass die beiden bürgerlich dominierten Gremien «nicht am Puls der Menschen sind, vor allem nicht bei den Leuten, die in Zentren Wohnungen suchen müssen», so Schmid.

Beim Hauseigentümerverband, der die Initiative an vorderster Front bekämpft hat, herrscht dagegen Enttäuschung. In der Mitteilung des Verbandes ist die Rede von einem «Zufallsmehr». Auf Anfrage erklärt sich Präsident Armin Hartmann das knappe Ergebnis so: «Die Zustimmung in der Stadt Luzern war sehr stark, die Ablehnung auf dem Land zu wenig deutlich.» Hartmann verweist zudem auf die hohe Mobilisierung am gestrigen Abstimmungssonntag.

Tatsächlich sticht neben dem knappen Ergebnis die aussergewöhnlich hohe Stimmbeteiligung ins Auge. Sie lag bei der Abstimmung bei 59,5 Prozent. Da sie schweizweit in dieser Grössenordnung liegt, ist davon auszugehen, dass vor allem auch die vielen nationalen Abstimmungen mobilisiert haben. Bei der letzten Abstimmung vom 9. Februar lag die Stimmbeteiligung noch bei 40,8 Prozent.

Mieterverband: Regierung soll sofort handeln

Das Ja zur Formularpflicht ändert vorderhand nichts. Denn diese wird laut Initiativtext erst eingeführt, wenn die Leerwohnungsziffer im Kanton 1,5 Prozent oder weniger beträgt. Aktuell liegt sie bei 1,53 Prozent. Armin Hartmann vom Hauseigentümerverband geht davon aus, dass die Ziffer «auf Jahre hinaus» so hoch bleiben oder sogar noch grösser wird. Dennoch sagt er: «Der symbolische Wert des Volksentscheids ist zu würdigen, auch durch uns. Das Thema Wohnkosten ist wichtig.» Man müsse dafür sorgen, dass die Wohnkosten «nicht explodieren», so Hartmann. «Wir werden versuchen, dazu unseren Beitrag zu leisten.» Dass die Formularpflicht einen dämpfenden Effekt auf die Wohnkosten habe, bezweifle der Hauseigentümerverband aber nach wie vor, sagt Hartmann.

Mieterverbandspräsident Mark Schmid hat klare Vorstellungen davon, welche Konsequenzen aus der Abstimmung gezogen werden sollten: «Wir erwarten, dass der Regierungsrat das Votum ernst nimmt und in jenen Gemeinden, in denen die Leerwohnungsziffer unter 1,5 Prozent liegt, die Formularpflicht einführt.» Dazu gehört auch die Stadt Luzern. Davon will Hartmann allerdings nichts wissen: «Das war nicht Teil der Volksabstimmung. Diese Forderung geht angesichts des knappen Ergebnisses zu weit.»

Die Volksinitiative des Mieterverbandes ist die erste Initiative im Kanton Luzern seit 2014, die angenommen wird. Das letzte Volksbegehren, dass eine Mehrheit fand, war die Abschaffung der Liegenschaftssteuer – initiiert vom Hauseigentümerverband.

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