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Luzern

Kapelle in der Gemeinde Ruswil erhält erste offizielle Urkunde – nach 376 Jahren

Im Jahr 1644 wurde die Kapelle St.Jost und St.Wendelin in Rüediswil gebaut. Ganz ohne Formalitäten.
Die Kapelle in Rüediswil. (Bild: Manuela Jans-Koch (Ruswil, 28. Mai 2020))

Hannes Bucher

Die Kapelle St.Jost und St.Wendelin an der Hauptstrasse in Rüediswil hat manche Generation Rüediswiler kommen und gehen sehen: Seit 376 Jahren steht die kleine Kirche in Rüediswil bei der alten Strassenverzweigung Richtung Buholz. Zusammen mit dem ehemaligen Schulhaus und der einstigen Käserei gehört die Kapelle zu den ältesten Gebäuden im westlichen Ruswiler Dorfteil.

Stiftung funktionierte, auch ohne Schriftlichkeit zum Zweck

Wie die Kapelle geht auch die dazugehörende Stiftung auf das Jahr 1644 zurück. Der Stiftungszweck beinhaltet die Pflege und den Unterhalt der Kapelle. Das hat in der fast vierhundertjährigen Geschichte der Kapelle stets funktioniert, auch wenn die Aufgaben des Stiftungsrates nirgends rechtlich verbindlich festgehalten waren und bis vor kurzem kein offizielles Dokument über die Errichtung der Stiftung bestand.

Zwar seien in der Turmkugel alte Dokumente aufbewahrt, worin immer von «Stiftung» geschrieben sei – aber eben, nichts Offizielles, sagt Maria Bachmann, die seit acht Jahren Präsidentin der Kapellenstiftung ist, die Rechnung führt und als Sakristanin amtet. Der Kirchmeier der Katholischen Kirchgemeinde Ruswil prüfte die Stiftungsrechnung. Ein anderthalb Hektare grosses Grundstück im Rüediswiler Moos, das zur Kapellenstiftung gehört, warf in der Geschichte stets genügend Ertrag ab, um die anfallenden Unterhaltsarbeiten zu bezahlen. Heute sind der Pachtzins und die Spenden zusammen mit den ehrenamtlichen Arbeiten die tragenden Eckpfeiler für die Erhaltung der Kapelle. «Es hat denn auch immer jemand zur Kapelle geschaut», sagt Maria Bachmann.

Diese Art und Weise der «Pflegschaft», wie solche Stiftungen auch genannt werden, genügte fast vierhundert Jahre – nun nicht mehr. 2012 wurden die kirchlichen Stiftungen von den Steuern befreit. Die Einrichtungen müssen aber nun allesamt offiziell beurkundet sein und es muss zwingend ein Eintrag ins Handelsregister erfolgen. Im Zug der Neuerung wurde auch die Beurkundung der Kapellenstiftung «St.Jost und St.Wendelin Rüediswil» durch die Solothurner Bistumsleitung angeordnet. Dies ist nun kürzlich erfolgt.

Nun sind Zweck und Aufgaben festgehalten

Der Stiftungszweck und die Aufgaben des Stiftungsrates sind nun gesetzlich festgehalten. Zwar weiterhin nicht als geschriebenes Recht, aber als verbindlicher Usus gilt, dass im vierköpfigen Stiftungsrat die Ortsgemeinschaft Rüediswil sowie die Korporation Rüediswil je ein Mitglied stellen. Aktuell sind dies Theres Studer-Bucher und Josef Ottiger. Nebst der Präsidentin und Sakristanin Maria Bachmann-Bieri ist von Rechts wegen Toni Bucher, der leitende Priester des Pastoralraums Region Werthenstein, mit dabei.

Wie wird die Kapelle heute genutzt? «Kirchliche Anlässe finden nur noch vereinzelt statt», sagt Sakristanin Maria Bachmann-Bieri. Das seien noch einzelne Schulmessen, Sterbegebete, auch mal eine Hochzeit.

Aber immer wieder werde die Kapelle zur stillen Einkehr aufgesucht. «Das scheint ein echtes Bedürfnis zu sein.» Bleibt anzufügen und ist besonders aktuell: Auf dem Hauptaltar haben nebst St.Wendelin auch der heilige Rochus und der heilige Sebastian einen prominenten Platz. Es sind die Schutzpatrone gegen Pest und andere Seuchen. Ob das die Bevölkerung weiss? Die Kapelle wäre jedenfalls in den letzten Wochen offen gewesen für ein Verweilen und Stossgebete – etwa gegen das Coronavirus.

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