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Luzern

Landauf, landab: Es geht auch mit nett sein

Autor Robert Bossart über gesetzestreue Polizistinnen und Polizisten und eine Überraschung unter dem Scheibenwischer.
Gastkolumnist Robert Bossart.

Robert Bossart

Als ich vor 20 Jahren vom schroffen, coolen, überheblichen und arroganten Zürich ins nette, charmante, liebevolle, tolerante Luzern zog, ist mir eines aufgefallen: Nett sind sie schon, die Luzerner, aber Pardon kennen sie keines. Als ich das erste Mal mein Auto in der Stadt parkierte und die Parkzeit ein paar Minuten überzog, war es passiert. Eine Busse.

Dasselbe beim Fahren. Die Dichte an Radarfallen ist in und um Luzern wohl weltweit einzigartig. Ist ja auch gut und recht. Wer zu schnell fährt oder sein Auto verbotenerweise zu lange am falschen Ort hinstellt, ist selber schuld. Und trotzdem wird man den Eindruck nicht los, dass hier behördliche Schlaumeierei betrieben wird. Heerscharen von Polizistinnen und Polizisten, die nur dafür da sind, Gelder einzutreiben. Für die klamme Staatskasse. Wie im dunklen Mittelalter, als der Grundherr den Bauern ihre letzten Hühner und Kornvorräte für den Zehnten wegnahm.

Vielleicht ist es auch eine Luzerner Eigenart, besonders gesetzestreu zu sein. Wo jemand etwas tut, das von der Vorschrift abweicht, wird sofort gebüsst. Nulltoleranz. Wo bleibt da der Charme des Unperfekten und die Grossherzigkeit, den Fünfer auch mal gerade sein zu lassen? Nicht immer gleich den Zweihänder auszupacken und zuzuschlagen? In Hochdorf! Dort habe ich kürzlich Unglaubliches erlebt. Das Auto einfach hingestellt, mitten im Zentrum, weil ich es eilig hatte. Nach einem feinen Essen mit Freunden dann die Überraschung: Statt einer Busse lag ein Zettel unter dem Scheibenwischer. «Sehr geehrter Autofahrer, Sie haben auf einem kostenpflichtigen Parkplatz parkiert. Bitte entrichten Sie nachträglich die Taxe an der Parkuhr.»

Ich war beschämt vor so viel Freundlichkeit. Natürlich habe ich die Parkgebühr sofort bezahlt. Geht doch auch so! Hinweis Am Freitag äussern sich jeweils Gastkolumnisten und Redaktoren unserer Zeitung zu einem frei gewählten Thema.

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