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Luzern

Reussufer sollen aufgewertet werden, aber ohne zusätzliche Badi

Der Luzerner Stadtrat empfiehlt die Juso-Initiative «Reuss-Oase: Ein Freiraum für alle!» zur Annahme. Alle darin enthaltenen Ideen seien aber nicht umsetzbar.
Baden an der Reuss bei der Sommerbar Nordpol beim Reusszopf. Auch das gegenüberliegende Reussufer soll aufgewertet werden. (Bild Philipp Schmidli (Luzern, 2. August 2018))
Vier der von der Stadt bereits geplanten Aufwertungsprojekte am rechten Reussufer. (Quelle: Stadt Luzern)
Der «Mississippi-Dampfer», die Reussbadi, die sich bis 1971 unterhalb der Spreuerbrücke befand. (Bild: Stadtarchiv)

Hugo Bischof

Hugo Bischof

Hugo Bischof

Im Dezember 2020 wurde eine Initiative mit dem Titel «Reuss-Oase: Ein Freiraum für alle!» eingereicht. Die Initiantinnen und Initianten verlangen vom Stadtrat im Sinne einer Anregung, verschiedene Massnahmen zur Attraktivierung sowie zur Steigerung der Sicherheit und des ökologischen Wertes des Reussufers zwischen Spreuerbrücke und Nordpol zu prüfen und diese umzusetzen, soweit die Stadt dafür zuständig sei. Damit solle ein unkommerzieller Freiraum für die Bevölkerung geschaffen werden.

Der Stadtrat unterstützt die Stossrichtung der von den Juso lancierten Initiative. «Wir sehen bei der ökologischen und freiräumlichen Aufwertung der Reuss ebenfalls grosses Potenzial», sagte Manuela Jost (GLP), Vorsteherin der Baudirektion, am Freitagvormittag an einer Online-Medienkonferenz: «Auch übergeordnete regionale und kantonale Strategien gehen bereits in diese Richtung.» Die Grundidee der Initiantinnen und Initianten decke sich mit zahlreichen Aufwertungsprojekten der Stadt. So ist zum Beispiel die Anregung, das rechte Reussufer als Naherholungsgebiet zu gestalten, bereits ins Entwicklungskonzept Basel- und Bernstrasse eingeflossen.

Vorgesehen ist, das rechte Reussufer als naturnahes Naherholungsgebiet mit einem durchgehenden Fussweg und punktuellen Wasserzugängen zu gestalten. Gemäss Deborah Arnold, Co-Leiterin Stadtplanung, soll das Baugesuch 2022 eingereicht werden. Dieser Weg soll Fussgängerinnen und Fussgängern vorbehalten sein.

Fussgänger-/Velobrücke beim Reusszopf

Zusätzlich hat der Stadtrat im Zusammenhang mit der Initiative «Luzerner Velonetz jetzt!» einen Kredit von zwei Millionen Franken beantragt, um den etwas höher gelegenen Veloweg auf der rechten Uferseite zu verbessern und über eine neue Brücke beim Reusszopf Richtung Seetalplatz, Reussbühl und Emmenbrücke zu führen. Damit kann der Xylofonweg auf der linken Uferseite entlastet werden. Das Projekt ist Teil des stadträtlichen Gegenvorschlags zur Velo-Initiative, die am 15. Mai 2022 zur Abstimmung gelangt. «Wann diese Velo-/Fussgängerbrücke erstellt wird, hängt vom Abstimmungsergebnis und den anschliessenden Projektierungsarbeiten ab», sagte Milena Scherer, Co-Leiterin Mobilität. «Klar ist, dass der Mobilitätsdruck durch die geplanten Bauten am Seetalplatz steigt.»

«Mississippi Dampfer» wäre heute nicht mehr bewilligungsfähig

Unter den zahlreichen Anregungsvorschlägen in der Initiative gibt es einige, die gemäss Stadtrat nicht umgesetzt werden können, so etwa eine «Reussbadi beim Kasernenplatz». Eine solche stand bis 1971 unterhalb der Spreuerbrücke mitten in der Reuss und wurde im Volksmund «Mississippi-Dampfer» genannt.

Luzern gehöre schweizweit zu den wenigen Städten mit Fluss ohne Flussbad, heisst es im Initiativtext: «Das Reussschwimmen wird immer beliebter, eine Reussbadi würde hier mehr Sicherheit beim Einstieg bieten.» Eine Reussbadi im Flussgerinne, wie sie mit dem «Mississippi-Dampfer» existierte, sei aufgrund der heutigen Gewässerschutz- und Wasserbaugesetzgebung «nicht bewilligungsfähig», betonte Baudirektorin Jost. Heute seien die Gewässerräume frei von Bauten und Anlagen zu halten, um den Hochwasserschutz und die natürlichen Funktionen der Gewässer zu gewährleisten. Zudem komme ein Gutachten der schweizerischen Lebensrettungsgesellschaft zum Schluss, dass das Flussschwimmen im oberen Teil der Reuss zwischen Spreuerbrücke und Autobahnbrücke aufgrund der hohen Unfallgefahr nicht gefördert werden sollte.

Deborah Arnold wies darauf hin, dass es sich beim 1971 abgerissenen «Mississippi-Dampfer» nicht um eine Fluss-Badi im eigentlichen Sinn gehandelt habe:

«Es gab keinen direkten Zugang zum Fluss. Im Innern befanden sich für die Bevölkerung Badekästen und später Duschen und in den Boden eingetiefte Badewannen. Es gab hier auch die Möglichkeit, seine Wäsche zu waschen und zu dampfen.»

Bezüglich neuer zusätzlicher gastronomischer Nutzungen ist der Stadtrat ganz im Sinne des Initiativbegehrens zur Schaffung eines «unkommerziellen Freiraums» sehr zurückhaltend. Zurzeit sei lediglich ein Buvettestandort entlang der Reuss im Bereich der St.-Karli-Brückenköpfe denkbar, sagte Baudirektorin Jost. Vorangetrieben werden soll die Attraktivierung des Geissmattparks.

Auch wenn nicht alle Anregungen der Initiative weiterverfolgt werden können, empfiehlt der Stadtrat die Initiative zur Annahme. «Sollte sie von der Stadtluzerner Stimmbevölkerung angenommen werden, wäre dies ein starkes Zeichen, den Reussraum noch aktiver zu planen und aufzuwerten», sagte Baudirektorin Manuela Jost. «Dies ist aus Sicht des Stadtrates richtig. Denn die Stadt Luzern hat sich in der Entwicklung immer hin zum See zugewandt und entwickelt, im Gegensatz zum Reussraum, der oftmals in der Entwicklung etwas vergessen wurde und heute vor allem stark von Infrastrukturen geprägt ist.»

«Balance zwischen Mensch und Natur»

Für den Stadtrat ist wichtig, dass bei den aktuellen und zukünftigen Entwicklungen «die gesamtheitliche Sicht» nicht verloren geht. Er will deshalb zusätzlich zu den Anregungen der Initiative 2023 ein Schutz- und Nutzungskonzept erarbeiten lassen. Darin sollen die Schutz- und Nutzungsansprüche über den gesamten städtischen Reussabschnitt vertieft analysiert werden. Manuela Jost sagte:

«Ziel ist, einen sinnvollen Interessenausgleich zwischen Naherholung und Ökosystem und eine ausgewogene Balance zwischen Mensch und Natur herzustellen.»

In den Planungsprozess sollen auch die betroffenen Quartiere und Umweltverbände miteinbezogen werden. Für eine zeitnahe Projektierung und Ausführung seien zudem entsprechende Sonderkredite zu bewilligen. Der Grosse Stadtrat wird voraussichtlich am 17. Februar 2022 über die Initiative entscheiden. Die Volksabstimmung ist am 15. Mai 2022 vorgesehen.

Initianten halten an Idee von Reuss-Pontons fest

Das Initiativkomitee der Reuss-Oase-Initiative ist grundsätzlich erfreut über die positive Empfehlung des Stadtrates, was die naturnahe Ufergestaltung, die Förderung der Biodiversität und den Ausbau von Fahrrad- und Fusswegen entlang der Reuss betrifft. Beim Aspekt der Reussbadi beweise er aber zu wenig Mut und zu wenig Weitsicht. Dass ein fixer Bau in Form des «Mississippi-Dampfers» ein schwieriges bis unmögliches Unterfangen ist, sei aufgrund der Gesetzeslage verständlich, schreibt Léon Schulthess, Co-Präsident JUSO Luzern, in seiner Stellungnahme: «Enttäuschend ist aber, dass auch die Idee von mobilen und temporären Installationen auf dem Fluss, so etwa Pontons, von Anfang an abgeschrieben wird. Solche Möglichkeiten sollten nochmals überprüft und angeschaut werden. Aus anderen Städten gibt es viele gute Beispiele, wie ein Fluss mit solchen Mitteln zugänglich und attraktiv gestaltet werden kann.» Besonders das Verweilen im und am Fluss sei ein zentraler Aspekt der Reuss-Oase. Die Initianten werfen dem Stadtrat «zu wenig neuen kreativen Gestaltungswillen» vor.

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