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Luzern

«Zentralschweiz am Sonntag» wird eingestellt

CH Media hat entschieden, die Zeitungen «Zentralschweiz am Sonntag» und «Ostschweiz am Sonntag» einzustellen. Das Unternehmen begründet den Schritt mit sinkenden Werbeerträgen. Damit sind die letzten regionalen Sonntagszeitungen Geschichte. Lesen Sie hier, wie der Publizistische Leiter von CH Media, Pascal Hollenstein, und der Chefredaktor der «Luzerner Zeitung», Jérôme Martinu, den Schritt begründen.
Das LZ-Medienhaus an der Maihofstrasse in Luzern. (Bild: Jakob Ineichen)

Vor Kurzem erst hat sie ihr 10-jähriges Bestehen gefeiert und sie erfreut sich bei Ihren Leserinnen und Lesern hoher Beliebtheit. Dennoch wird die «Zentralschweiz am Sonntag» diesen Sommer eingestellt. Wie kann so etwas geschehen? Und was ist von einem Medienhaus zu halten, das einer beliebten Zeitung ein Ende bereitet?

Zunächst: Der Entscheid ist CH Media, dem Zusammenschluss der ehemaligen NZZ Regionalmedien und der AZ Medien, nicht leichtgefallen. Wir sind uns bewusst, dass die «Zentralschweiz am Sonntag» für viele Abonnentinnen und Abonnenten zu einem fixen Bestandteil ihres Sonntags geworden ist. Aber der Markt nimmt keine Rücksicht auf sonntägliche Rituale.

Starke Verluste am Werbemarkt

Was im Medienmarkt derzeit geschieht, ist dramatisch. Die Digitalisierung verlagert mehr und mehr Werbeeinnahmen aus den Zeitungen hin zu den globalen Internet-Giganten Google, Facebook & Co. Über zehn Prozent verlieren die Verlagshäuser in diesem wichtigen Einnahmensegment jährlich. Wenn man weiss, dass Inserate rund die Hälfte der Einnahmen im Zeitungsgeschäft bringen – oder vielmehr eben: brachten -, so kann man die Dramatik dieser Entwicklung ermessen.

Auf der anderen Seite lassen sich die Ertragsausfälle auch nicht mit den Einnahmen aus Abonnements und Zeitungsverkäufen am Kiosk kompensieren. Trotz Preiserhöhungen sind auch diese Einnahmen rückläufig. Die Gratismentalität im Internet fordert hier ihren Tribut.

In der Summe heisst dies: Es müssen Kosten gespart werden. Eine Sonntagszeitung ist aber besonders teuer, teurer als eine an einem Werktag. Insbesondere der Vertrieb schlägt hier negativ zu Buche. Die ehemaligen AZ Medien haben schon früher auf diesen Trend reagiert und die «Schweiz am Sonntag» 2017 eingestellt. Es folgte das «St. Galler Tagblatt», das die gedruckte Ausgabe der «Ostschweiz am Sonntag» strich sowie jetzt auch die E-Paper-Version einstellt. Und es verschwindet jetzt bedauerlicherweise auch die «Zentralschweiz am Sonntag». Die letzte Ausgabe wird am 30. Juni erscheinen.

Auch andere Verlage haben in den letzten Monaten Titel eingestellt. Die Zeitung «Le Matin» und das Wochenmagazin «L’Hebdo» in der Westschweiz sind ebenso Geschichte wie im Tessin das «Giornale del Popolo» und in der Deutschschweiz der «Blick am Abend». Die Schweizerische Depeschenagentur SDA muss erheblich sparen, Branchenprimus Tamedia hat die überregionalen Redaktionen konzernweit zusammengelegt und erst vor Kurzem auch bei der traditionsreichen «Annabelle» das Sparmesser angesetzt. Der Ertragseinbruch an Werbe- und Lesermarkt frisst sich mit unerbittlicher Logik durch unser Mediensystem. Er zwingt zu Produkteinstellungen und zu Zusammenschlüssen. Auch CH Media, die diese Zeitung herausgibt, ist letztlich ein Kind dieses Trends.

Abbau von 10 Redaktoren-Stellen in Luzern und St. Gallen

Die Einstellung der «Zentralschweiz am Sonntag» kostet in Luzern und St. Gallen rund zehn journalistische Vollzeitstellen. Auch das ist eine bedauerliche Nachricht. Und es ist eine, die man lieber nicht verkünden wollte – wenn es denn eine Wahl gäbe. Doch den Kopf in den Sand zu stecken und nichts zu tun ist für ein Medienhaus, das an den Journalismus und insbesondere an regionale Information glaubt, keine Option.

Samstagsausgabe bekommt ab Juli einen dritten Bund

Wir haben deshalb entschieden, den Sonntag auf den Samstag zu verlegen. Ab Juli wird die Samstagszeitung deutlich umfangreicher sein, angereichert mit einem Wochenendbund und eingegliedert in den Verbund der «Schweiz am Wochenende». Das Samstagsblatt wird Informationen, Hintergründe, Analysen und Lesestücke für das ganze Wochenende bieten. Gewiss, ein vollständiger Ersatz für eine Sonntagszeitung ist das nicht. Aber wir wollen unseren Abonnentinnen und Abonnenten jeden Samstag eine hervorragend gemachte, überraschende und bereichernde Zeitung anbieten können. Die «Schweiz am Wochenende» ist damit das Modell, wie wir den regionalen Journalismus auch in der Zentralschweiz in Zeiten der Digitalisierung sichern wollen.

Ein anderes Modell ist unsere Website. Jederzeit, auch am Sonntag, werden wir Sie, liebe Leserin und lieber Leser, auf www.luzernerzeitung.ch auf dem Laufenden halten. Unser Portal ist kostenpflichtig. Für Sie als Abonnentinnen und Abonnenten der Zeitung ist es indes gratis. Nutzen Sie es auf dem Computer oder dem Tablet. Und laden Sie unsere App für das Smartphone herunter. Nirgendwo werden Sie aktuellere und hochwertigere Informationen über Ihre Region finden als auf diesem digitalen Kanal.

Überhaupt: Das Digitale. So sehr wir als Verlagshaus unter den ökonomischen Folgen der Digitalisierung leiden, so sehr sind wir entschlossen, uns diesen globalen Trend zunutze zu machen und neue Einnahmequellen zu erschliessen. Die Menschen in der Region, davon sind wir überzeugt, werden auch in Zukunft wissen wollen, was um sie herum und in der Welt geschieht. Digitale Produkte wie unsere App und Website werden das auch in Zukunft ermöglichen.

Ohne Sie wird es nicht gehen, liebe Leserin, lieber Leser. Wir werden angesichts sinkender Inserateerträge nicht darum herumkommen, die Abopreise in Zukunft zu erhöhen. Recherchieren, Schreiben, Gestalten, Drucken, Verteilen – eine Zeitung ist ein personal- und kostenintensives Unterfangen. Wir geben unser Bestes. Tag für Tag. Ob in der Zeitung oder im Digitalen. Letztlich haben aber Sie es in der Hand, wie und ob wir diese Leistung in Zukunft erbringen können. Sie entscheiden, ob Sie uns die Treue halten wollen. Fakt ist: Journalismus hat auch für die Zentralschweiz einen Wert, der über das Produkt hinausgeht. Denn eine funktionierende Demokratie ist nicht ohne mediale Öffentlichkeit und professionell gemachte Medien zu haben. Wer diese finanziert, der verschafft sich nicht nur selber Zugang zu Information und ja, auch Unterhaltung – er leistet einen Beitrag an das Funktionieren des Landes, des Kantons und der Gemeinde.

Die Einstellung der «Zentralschweiz am Sonntag» tut uns leid; sie ist aber unausweichlich. Nichtsdestotrotz: Lassen Sie sich überraschen, was wir Ihnen ab Sommer dafür am Samstag anbieten werden. Wir sind überzeugt, mit der «Schweiz am Wochenende» Ihren Geschmack zu treffen und Sie Woche für Woche mit Nachrichten, Hintergründen, Reportagen, Analysen, Kommentaren und mit manch heiteren Themen zu den schönen Dingen des Lebens überraschen zu können.

Vor allem wollen wir eines: Uns bei Ihnen für Ihre Unterstützung bedanken. Helfen Sie uns auch in Zukunft, der Zentralschweiz und den Menschen hier eine mediale Heimat bieten zu können. Ohne Sie, liebe Leserinnen und Leser, geht es nämlich nicht.

Pascal Hollenstein, Publizistischer Leiter von CH Media
Jérôme Martinu, Chefredaktor der «Luzerner Zeitung»

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