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Luzern

Zuger Heilmittelinspektor Ludek Cap – so kam es zum Eklat

Wie die Zuger Gesundheitsdirektion den Heilmittelinspektor zurückband und dieser trotzdem weiter kontrollierte.

Die Geschichte des Eklats

Hat der Zuger Gesundheitsdirektor eine Ärzte-Inspektion zu verhindern versucht, oder überschritt der inzwischen entlassene Heilmittelinspektor seine Kompetenzen? Dies beschäftigt den Zuger Justizapparat seit bald zwei Monaten mit etlichen Strafanzeigen von Seiten des Heilmittelinspektors Ludek Cap. Die zentrale Frage geht hierbei jedoch unter: Wie kam es dazu, dass sich Regierungsrat Pfister in operative Vorgänge des Heilmittelinspektorats einschaltete und wieso wollte Cap den Arzt zwei Monate vor dem Umzug in eine neue Praxis unbedingt noch kontrollieren? Notabene, nachdem dieser Arzt während rund 30 Jahren nicht kontrolliert worden war.

Wie Recherchen unserer Zeitung ergeben, war der Heilmittelinspektor auch regelmässig Thema an Vorstandssitzungen der Ärztegesellschaft des Kantons Zug. Auch zeigt eine Präsentation der Gesellschaft von 2015, dass es von Seiten der Ärzte zur Qualitätssicherung sowie zum Heilmittelinspektorats die meisten Reklamationen gab. Wie von mehreren Seiten bestätigt wird, war die Ärzte-Gesellschaft bei der Gesundheitsdirektion deshalb auch vorstellig geworden.

Ludek Cap sollte sich auf den Grosshandel fokussieren

Vor rund zwei Jahren wurde die Heilmittelkontrolle neu aufgestellt. Das bestätigt Aurel Köpfli, der bei der Gesundheitsdirektion des Kantons Zug für die Kommunikation verantwortlich ist. «Die Heilmittelkontrolle hat sich vor rund zwei Jahren intern neu organisiert. Teil davon war, dass sich Ludek Cap auf den Grosshandel konzentriert. Die Kontrolle der Arztpraxen wurde anderen Mitarbeitenden der Heilmittelkontrolle übergeben.» Zwar sei ihm nicht grundsätzlich verboten worden, Inspektionen durchzuführen. «Die Kontrollen waren jedoch, jeweils mit seinen Vorgesetzten abzusprechen.» Deshalb sei man erstaunt gewesen, dass er kurzfristig aus den Ferien an einem Sonntagnachmittag eine E-Mail schrieb, in dem er die Inspektion ankündigte.

Seit der Intervention vor rund zwei Jahren führen Caps Stellvertreterin und eine weitere Mitarbeiterin hauptsächlich die Inspektionen durch. Wie aber von mehreren Ärzten zu erfahren ist, war Cap bei einem Teil der Inspektionen dabei oder führte sie gar alleine durch. Cap sagt, es sei zwar mit seinem direkten Vorgesetzten, dem Kantonsarzt Rudolf Hauri sowie mit Gesundheitsdirektor Pfister mündlich so besprochen worden, dass er sich auf den Grosshandel konzentriere. «Aber als Leiter der Abteilung Heilmittelkontrolle ist man für alles verantwortlich.» So stehe es auch in der Gesundheitsverordnung. «Bewilligungen und Inspektionsberichte durften ohne meine Bewilligung das Haus nicht verlassen», so Cap.

Ludek Cap wollte den Fehler schnellstmöglich beheben

Dass er an einem Sonntag während seiner Ferien besagtem Arzt für die anstehende Woche ankündigte, ihn zu kontrollieren, begründet Cap mit der vielen Arbeit, welche sich bei ihm anhäufte. «Aufgrund der Coronapandemie hatten sich die Inspektionen auf die Zeit vor meinen Sommerferien konzentriert, weshalb ich auch während meiner Ferien arbeitete.» So sei er an besagtem Sonntag auf einen E-Mail-Verkehr seiner Mitarbeiterin gestossen, in welchem es um die vorübergehende Bewilligung für den Arzt ging:

«Ich sah, dass sie offenbar einen Fehler gemacht hatte, und wollte diesen schnellstmöglich korrigieren – dazu benötigte es eine Inspektion.»

Dass Cap von dieser E-Mail auch Gesundheitsdirektor Martin Pfister eine Kopie zukommen liess, begründet er damit, dass er seinen höchsten Vorgesetzten über den Fehler der Heilmittelkontrolle unterrichten wollte und dass dieser nun behoben werden müsse. Dies sei ein normales Vorgehen, welches jedoch nicht so häufig vorkomme, räumt Cap ein.

Aus einem Teil des E-Mail-Verkehrs von besagtem Sonntag, der unserer Zeitung vorliegt, ist jedoch zu entnehmen, dass Gesundheitsdirektor Martin Pfister davon ausging, dass Cap ausschliesslich noch den Grosshandel unter sich hat. So schreibt Pfister an Kantonsarzt Hauri: «Ich möchte, dass Ludek dieses Dossier sofort entzogen wird. Wie besprochen darf er sich nur noch auf den Grosshandel beschränken.» Pfister bittet Hauri, Kontakt mit dem Arzt aufzunehmen. Und fügt an: «Allerdings hat auch er (der Arzt, Red.) sich an das Gesetz zu halten. Da dürfen wir keine Abstriche machen.»

Wie ebenfalls diesem E-Mail-Verkehr zu entnehmen ist, war offenbar besagtem Arzt für seine Praxisadresse nie eine Bewilligung erteilt worden. Gemäss Cap lag dies jedoch auch an den damaligen Vorgaben – als er noch nicht im Amt war. «Es wurden unbefristete und nicht an einen Standort gebundene Bewilligungen erteilt.» Wieso der Arzt nie eine für den aktuellen Standort gültige Bewilligung erhielt, sei unklar. Wie die Anfrage bei mehreren langjährig praktizierenden Ärzten zeigt, gibt es offenbar einige Praxen, die seit der ersten Bewilligung nie wieder kontrolliert wurden, obwohl die Bewilligungen inzwischen nur noch zehn Jahre gelten.

Nachprüfung ergab Mängel – aber kein Grund für Praxis-Schliessung

Die Antwort auf die Frage, weshalb Cap besagten Arzt nun ausgerechnet zwei Monate vor dem Umzug in eine neue Praxis – die sowieso eine neue Bewilligung benötigt – diese Inspektion aufzwingt, ist für den entlassenen Heilmittelinspektor klar. «Eine Praxis muss jederzeit vollständig den Heilmittelvorschriften entsprechen – egal wie lange sie noch geöffnet bleibt.» Ob der betroffene Arzt möglicherweise von der Gesundheitsdirektion geschützt worden sein könnte, weil er in den vergangenen Jahren mehrere Projekte zur Sicherung der ärztlichen Versorgungssicherheit im Kanton Zug vorantrieb, bleibt unklar. Gesundheitsdirektor Martin Pfister verweist auf die laufenden Verfahren und gibt keine Auskunft. Wie hingegen von der Gesundheitsdirektion zu erfahren ist, ist die Praxis des Arztes inzwischen von einer «unabhängigen Fachperson» begutachtet worden. Diese Nachkontrolle habe die Fachperson gemeinsam mit einer Mitarbeiterin der Heilmittelkontrolle des Kantons Zug durchgeführt. Es seien Mängel im Bereich der Dokumentation festgestellt worden. «Also nichts Gesundheitsgefährdendes was zum Entzug der Bewilligung und damit einer Schliessung hätte führen können», sagt Aurel Köpfli.

Die Chronologie der Ereignisse

Sonntag, 26 Juli
Ludek Cap kündet dem Arzt an, er benötige eine Kontrolle in Vier Tagen, da er die von seiner Mitarbeiterin ausgestellte Bewilligung für ungültig erklären musste. Der Arzt ist nicht einverstanden. Gesundheitsdirektor Martin Pfister schaltet sich ein und betont, Cap dürfe sich nur noch um Grosshandel kümmern. Kantonsarzt Hauri zeigt sich überrascht, dass Cap das Dossier seiner Stellvertreterin übernommen hatte.

Montag, 27. Juli
Cap kündigt dem Arzt den Inspektionstermin am Donnerstagmorgen an. Der Arzt schreibt sagt, dies gehe nun gar nicht, da er am Morgen im Altersheim sei.

Mittwoch, 29.Juli
Cap fordert bei der Zuger Polizei polizeiliche Unterstützung an, da er bei der Kontrolle Widerstände erwartet. Worauf Hauri interveniert und die Unterstützung abgesagt. Hauri spricht auf Caps Voicmail, dass er auf ausdrücklichen Wunsch des Gesundheitsdirektors auf die Inspektion verzichten soll.

Donnerstag, 30.Juli
Inspektion wird von Pfisters Generalsekretärin verhindert, worauf Cap Strafanzeige gegen Pfister, Hauri und den Arzt einreicht.

Anfang August
Die Gesundheitsdirektion übergibt das Personaldossier an die Direktion des Innern.

7. August
Heilmittelinspektor Cap führt in der Praxis des Arztes eine unangemeldete Kontrolle durch und reicht gegen den Arzt eine Strafanzeige mit Mängeln ein.

13. August
Der Heilmittelinspektor wird freigestellt.

18.August
Cap reicht Strafanzeige gegen die Direktion des Innern ein

31. August
Ludek Cap wird fristlos entlassen

September
Cap reicht eine Strafanzeige gegen gesamten Regierungsrat, eine Verwaltungsbeschwerde gegen die fristlose Kündigung und eine Strafanzeige gegen die Staatsanwältin ein. Er zieht zudem die Strafanzeige Hauri und Pfister sowie jene gegen den Direktor des Innern ans Obergericht weiter. Die Staatsanwaltschaft eröffnet gegen der Arzt eine Strafuntersuchung – es gilt die Unschuldsvermutung.

Hinweis: Der Mailverkehr wie auch die von Ludek Cap verfassten Strafanzeigen und Verwaltungsbeschwerden liegen der Redaktion vor. Auch sind alle Namen der befragten Ärzte der Redaktion bekannt.

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