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Nidwalden

Von der Nidwaldner «Kapitalistenalp» und anderen Reminiszenzen

Der ehemalige Bannwart Sepp Joller hat der Nidwaldner Gemeinalp Arni ein 300-seitiges, bebildertes Buch gewidmet. Zusammen mit Jurist und Historiker Peter Steiner erklärt er darin unter anderem, warum man die Alp Arni früher als «Kapitalistenalp» bezeichnete.
Sepp Joller (links) und Peter Steiner präsentieren das Buch nicht nur Kühen. (Bild: Romano Cuonz, Stans, 4. Mai 2019)

Romano Cuonz

«Als ich 1992 für die Nidwaldner Gemeinalp Arni das Bannwartamt übernahm, hinterliess mein Vorgänger mir einen Überseekoffer, gefüllt mit alten Akten und Ordnern», erzählt Sepp Joller. Was der 72-jährige frühere Landwirt auf der Liegenschaft Klein Milchbrunnen in Stans darauf tat, hatte zuvor wohl kein anderer je getan: Schon im ersten Winter begann er damit, auszuräumen und all die Tagebücher, Rodel, Rechnungen und Pläne zu lesen und zu sortieren. «Mir wurde schnell einmal klar, welch unglaublich interessante Geschichte die seit dem 14. Jahrhundert schriftlich dokumentierte Alp Arni hat», sagt Joller.

Um all die Urkunden lesen zu können, erlernte er sogar die alte Kurrentschrift. Doch damit nicht genug. Vor zwölf Jahren begann der rührige Mann (er ist in Stans auch als virtuoser Dichter von «Älperchilbi-Sprüchen» bekannt), die alten Dokumente zu übersetzen und in sage und schreibe 54 Kapitel zu ordnen. Er schmuinzelt:

«Weil Abschreiben von Hand bald zu mühsam wurde, schaffte ich mir einen Computer an.»

Zehn Jahre dauerte die Arbeit im stillen Kämmerlein. Dann fasste Sepp Joller einen Entschluss: Diese Alpgeschichte und all die vielen Geschichten darum herum, sollten samt Bildern ein Buch füllen.

Sepp Joller erkannte bald: Alleine würde er es nie schaffen, aus seinem Manuskript ein Buch zu gestalten. «Obwohl ich keinen Rappen bezahlen konnte, klopfte ich beim Juristen Peter Steiner an», erzählt Joller. «Ich wusste, dass er mit Alprecht und Alpgeschichte bestens vertraut ist.» Und Steiner überlegte nicht lange. «Wenn jemand für eine interessante Sache Hilfe sucht, braucht es triftige Gründe, diese abzulehnen», hält er heute fest. Die intensive, gemeinsame Arbeit dauerte nochmals zweieinhalb Jahre. Steiner und Joller bearbeiteten Kapitel um Kapitel, ergänzten die Geschichten mit zusätzlichen Recherchen in Archiven. Nun liegt das Resultat vor: ein geradezu «gewaltiges» Buch mit 304 Seiten und einer grossen Zahl von Karten, Bildern und Dokumenten. Für Alpfreunde eine wahre Trouvaille.

Rechte für wohlhabende Familien

Die grosse Gemeinalp Arni zieht sich am linken Ufer der Engelbergeraa über zehn Quadratkilometer gegen den Huetstock hoch. Ihr an Trüebsee grenzender Teil mit schönen Alpmatten dient als Sömmerungsweide für oft über 200 Rinder, Kühe, Schafe und Geissen. Daneben gibt es grosse Bannwälder.

Seit Menschengedenken ist das Alpgebiet Arni, das zur Nidwaldner Gemeinde Wolfenschiessen gehört, im Eigentum von wohlhabenden Genossen. Bis ins frühe 20. Jahrhundert durften nur Leute, die im Besitz sogenannter «Alptitel» waren, Vieh zur Sömmerung auf die Alp Arni treiben. Weil solche Titel sowohl in den Händen von Bauern wie auch im Besitz von nichtbäuerlichen Einwohnern – oft auch Frauen – waren, wurde damit ein reger Handel samt Zinsen betrieben. «Sie waren Geld wert», sagt Steiner. Deshalb habe Joseph Businger in seinem «Gemälde des Kantons Unterwalden» solche Alpen als «Kapitalistenalpen» bezeichnet. Peter Steiner dazu: «Charakteristisch waren die ursprünglich neun Hüttenrechte, die einzelne Bauern mit Titelbesitz berechtigten, auf der Alp Hütten zu ihrem Schutz zu errichten.» 1916 trachtete die Alpgenossenschaft danach, die alten Hüttenrechte durch die zeitgemässere Baurechtsform zu ersetzen. In seinem Buch beschreibt Sepp Joller ausführlich die Entwicklungsgeschichte der Alp Arni – eines ganz besonderen Stücks Nidwaldner Heimaterde.

Von Holzfrevlern und Goldsuchern

Kapiteltitel wie «Grenzen und Zäune», «Die Schwändialp und ihre Ochsenplätze», «Verkauf der Wasserrechte», «Alpgerechtigkeit und Alptitelhandel» oder «Die Alp Arni und ihr Goldloch» zeigen, aus welch verschiedenen Blickwinkeln Autor und Lektor die Alp beleuchten. Hier ein köstliches Müsterchen: Im Kapitel «Allerhand Frevel in der Alp Arni» beschreibt Sepp Joller, wie ein Engelberger Holzdieb dazu verurteilt wurde, an Sonntagvormittagen während des Hauptgottesdienstes vor der Klosterkirche zu stehen und allen ein Plakat zu zeigen, auf dem seine Schandtaten fein säuberlich aufgeführt waren. Übrigens: Wer früher einen Holzdieb denunzierte, erhielt die Hälfte der Busse in Form von Holz, das er schlagen durfte.

«Die Nidwaldner Gemeinalp Arni ob Engelberg», 304 Seiten, reich bebildert. Erhältlich beim Autor joller.sepp@kfnmail.ch oder bei Bücher von Matt Stans.

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