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Obwalden

Landschaftsschützer bekämpfen Fusion der Obwaldner Skigebiete

Die Obwaldner Bergbahnen sehen in einer Erlebnisregion Potenzial. Jetzt wächst bereits der Widerstand.
Noch halten sich Gämsen in jenem Gebiet auf, das bald zur Erlebnisregion werden könnte. (Archivbild: Romano Cuonz (Melchsee-Frutt/Graustock))

Romano Cuonz

Romano Cuonz

Die grosse Chance für eine Tourismusregion – oder ein zerstörerischer Eingriff in die Natur? Die Studie zur Verbindung der drei Skigebiete Titlis, Melchsee-Frutt und Meiringen-Hasliberg hat bereits kritische Stimmen auf den Plan gerufen. Damit würden «die alten Pläne für ein Schneeparadies aus der Mottenkiste hervorgeholt», moniert etwa Raimund Rodewald, Geschäftsleiter der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz, in einer Stellungnahme. «Nichts als Schönfärberei!»

Wie am Mittwoch präsentiert wurde, rechnet die Machbarkeitsstudie der Erlebnisregion zwischen Obwalden, Nidwalden und dem Berner Oberland viel wirtschaftliches Potenzial zu (siehe Link). Rodewald sieht dies komplett anders. «Die hier dargelegte bescheidene Wertschöpfung kann die Naturzerstörung nicht schönreden, für derart teure Grossprojekte besteht im gesättigten und von Tiefpreispolitik geprägten Skitourismusmarkt schlicht keine Nachfrage.» Für ihn ist klar: Mit der Analyse, welche den Bund, die Kantone und die Bergbahnen 400000 Franken kostet, wird das «Gigantismus-Projekt Schneeparadies» von 2003 wieder aufgewärmt.

Potenzial wird hinterfragt

In der Studie wird von einer maximalen Wertschöpfung von 7 Millionen Franken ausgegangen, sofern das Gebiet eine Million Skitage erreicht. «Woher diese Skifahrer kommen sollen, wird in der Studie nicht erwähnt», so Rodewald. Für ihn sind solche Zahlen unrealistisch. Dies, zumal doch in Andermatt schon ein grosses Skigebiet bestehe und auch Grindelwald aufrüste. «Die Autoren der Studie rechnen einen hypothetischen Mehrnutzen und ergänzen diesen mit optimistisch angenommenen Übernachtungszahlen und – wie ein Wunder – entsteht dann die Wertschöpfung in Millionenhöhe!» Eines sei sicher: «Wir werden uns gegen die utopischen Verbindungspläne weiterhin energisch zur Wehr setzen.»

Massiver Protest von Umweltschutzorganisationen hatte 2003 dazu geführt, dass die Arbeiten vorerst einmal auf Eis gelegt worden waren. Damals richtete sich Kritik vor allem gegen die konkreten Pläne für Zubringer und Pisten in schützenswerten Berggebieten zwischen Graustock und Titlis. Ausführungen, wie man dieses Problem neu und anders angehen könnte, fehlen in der Studie.

Alte Pläne mit «rosaroter Schleife» versehen

Seit bald 20 Jahren setzt sich die IG Frutt-Engstlenalp für die vielfältige, einmalige Landschaft im Gebiet Frutt-Tannalp-Engstlenalp ein. Dabei hat sie stets eine nachhaltige touristische Nutzung unterstützt. «Mit unserem Engagement haben wir die unrealistischen Skigebietsverbindungspläne mit vielen Pisten und Auflagen bisher stets verhindern können», sagt Co-Präsidentin Andrea Wyss aus Hergiswil. Sie arbeitet auch im Vorstand der SAC-Sektion Titlis mit. «Nun wird versucht, die Skigebietsverbindung in neuer Verpackung mit rosaroter Schleife wieder ins Gespräch zu bringen.» Einen solchen Etikettenschwindel lehne die IG Pro Frutt-Engstlenalp klar ab. Der Fokus der neuen Potenzialanalyse sei auf die Anzahl Skitage ausgerichtet. Dies zeige doch deutlich die einseitige und wenig zukunftsfähige Ausrichtung auf den Wintertourismus.

«Mit dem Bau neuer Pisten, Beschneiungs- und Infrastrukturanlagen wird eine einmalige Landschaft verbaut und damit das Kapital des Sommertourismus zerstört», stellt Wyss fest. Dass man gemäss Studie in jedem Einzelgebiet 250 Betten zusätzlich für die höchstens vier Monate Wintersaison zu schaffen plant, stört die IG besonders. «Damit würde man wohl weitere ausländische Investoren anlocken, doch gerade die Coronazeit lehrt uns, dass dies, immer grösser und vernetzter, negative Folgen haben kann.»

Bergführer und Jäger: Gämsen wären gefährdet

Widerstand dürfte einem solchen Grossprojekt auch von Seiten der ums Wild besorgten Jäger erwachsen. Und auch von hochalpinen Touristen, welche die unversehrte Natur schätzen. Gerade das Gewirr von Spalten, Löchern und Platten im schützenswerten Schrattengebiet zwischen der Tannalp, dem Graustock, übers Fikenloch und Schaftal hinüber ins Haslital bietet neben Gämsen auch einer Steinwildkolonie, Schneehühnern und Birkhähnen einen bislang sicheren Wintereinstand.

Jäger und Präsident des Bergführerverbands Unterwalden Hanspeter Hug aus Seelisberg: «Auch wenn wir dies noch nicht besprechen konnten, kann ich schon heute sagen, dass ein Grossteil der Bergführer gegen ein solches Projekt sein wird.» Selber sei er «total dagegen», weil die Natur damit die grosse Verliererin sein würde. Schon die Verschiebung des Jagdbanngebiets vom Titlis in die Bannalp auf Wunsch der Bahnbetreiber sei nicht in ihrem Sinn gewesen. «Dass man nun mit zusätzlichen Skipisten und Bahnen noch mehr Druck aufs Wild ausüben will, ist für mich nicht nachvollziehbar.» Als Bergführer wisse er aber auch, dass mit einer solchen Erlebnisregion, die heute lohnenden Tagestouren unattraktiv werden. «Da blieben uns über den Bergstationen gerade noch 300 Höhenmeter, und Bergtouren an Skiliftmasten vorbei wollen wir nicht machen.»

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