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Obwalden

Tourismusdirektor Andres Lietha startete mitten in der Krise – und blickt zuversichtlich in die Zukunft

Engelbergs Tourismusdirektor Andres Lietha hat der Krise in seiner Branche ein Gesicht gegeben – ganz unverhofft. Als Quereinsteiger gestartet, war er sofort mit dem Lockdown konfrontiert. Inzwischen ist auch er etwas coronamüde – bleibt aber Optimist.
Der Engelberger Tourismusdirektor Andres Lietha leitet seit Februar 2020 ein 20-köpfiges Team. (Bild: PD/Rainer Eder)
Andres Lietha und im Hintergrund Engelberg. (Bild: PD/Rainer Eder)

Christian Glaus

Christian Glaus

Andres Lietha ist ein gefragter Mann. Deutlich öfter als sein Vorgänger Frédéric Füssenich ist der Engelberger Tourismusdirektor in den Medien aufgetreten. Das hat weniger damit zu tun, dass der Bündner die Öffentlichkeit suchen würde, sondern viel mehr mit den besonderen Umständen. Lietha hat am 10. Februar 2020 als Quereinsteiger die Leitung der Engelberger Tourismusorganisation übernommen, am 28. Februar war die offizielle Stabsübergabe, am 16. März kam der Lockdown.

«Das war scheinbar eine spannende Geschichte. Ich hatte das Gefühl, von einem Journalisten zum nächsten gereicht zu werden.»

Die schwierige Situation im Tourismus wurde an Lietha personifiziert. Das passt eigentlich nicht zum 55-Jährigen, der sich bescheiden gibt. Dass der Tourismus in Engelberg trotz Corona noch verhältnismässig gut funktioniert, dass das Gewerbe trotz Corona einen guten Sommer verzeichnete, dass Engelberg erstmals eine Sommer-Marketingkampagne lancierte – all das sei nicht allein sein Verdienst. «Ich bin kein Einzelkämpfer, sondern habe ein ganzes Team im Rücken, das sehr gute Arbeit leistet.»

Der Sprung ins kalte Wasser

Der Start in Engelberg kam einem Sprung ins kalte Wasser gleich. Andres Lietha ist zertifizierter Bergführer, hatte zuletzt für den Outdoor-Ausrüster Mammut gearbeitet. Ein 20-köpfiges Team einer Tourismusdestination zu leiten, ist ein grösseres Kaliber. Vor allem die politische Komponente sei für ihn Neuland, sagt Lietha. Inzwischen sei er gut eingearbeitet, wo Wissenslücken auftauchen, erhalte er Unterstützung von seinem Team und vom Verwaltungsrat.

«Es kommt mir so vor, als würde mein Start in Engelberg schon lange zurückliegen.»

Lietha hatte geplant, langfristige Strategien für den Tourismus in Engelberg zu entwickeln. Das war noch zu Zeiten, als man Corona nur als chinesisches Virus kannte. Seit die Welle im Frühling auch die Schweiz erreicht hat, ist der Tourismusdirektor vor allem Krisenmanager. «Die Rahmenbedingungen ändern auch jetzt noch ständig. Wir können nur mit einem Zeithorizont von bis zu zwei Wochen oder von mehr als zwei Jahren planen. Alles dazwischen ist unplanbar.» Das Krisenmanagement liege ihm. Eigentlich. «Langsam dürfte aber der Normalzustand zurückkehren. In der zweiten Welle ist es schwieriger, die Motivation hochzuhalten.»

Motivierend dürfte sich die Sommerzeit ausgewirkt haben. Engelberg schien verhältnismässig gut durch die Krise zu kommen. Und dies, obwohl in normalen Zeiten ein Drittel der Gäste aus Asien kommt und ein Drittel aus der EU. Das dritte Drittel machen die Schweizer aus, welche diesen Sommer zahlreicher erschienen. Familien, viele Westschweizer, entdeckten Engelberg. Zudem waren die Zweitwohnungsbesitzer häufiger im Klosterdorf als üblich, was sich positiv auf das Gewerbe auswirkte.

Liethas Ziel ist es, davon auch in Zukunft zehren zu können. Er hofft, dass die neu gewonnenen Feriengäste wieder kommen. Und dass die Ferienwohnungsbesitzer ihr temporär in Engelberg eingerichtetes Homeoffice beibehalten. «Workation» ist der neue Begriff: Das Verschmelzen von Arbeit und Ferien.

Bekenntnis zum internationalen Tourismus

Besser ausgelastet als Engelberg waren beispielsweise Flims oder die Lenzerheide. Der Anteil der Schweizer Gäste beträgt dort rund 70 Prozent. Dennoch: Eine Abkehr vom international ausgerichteten Tourismus ist für Lietha kein Thema. Der Schweizer komme nur in der Ferienzeit, dank der Gäste aus Europa und Asien könne ganzjährig eine gute Auslastung erreicht werden. «Wir erwarten, dass die Gäste aus den Fernmärkten zurückkehren. Das Bild wird aber ein anderes sein.» Lietha rechnet mit mehr Individualtouristen und weniger Gruppenreisenden.

Bis dahin muss auch die Tourismusorganisation ihren Gürtel etwas enger schnallen. Im letzten Jahr fehlten rund 400'000 Franken in der Kasse, auch im laufenden Jahr zeichnet sich ein Loch ab. Die Gemeinde Engelberg will deshalb einen Beitrag von 290'000 Franken leisten, worüber die Bevölkerung im Januar abstimmt. Die restlichen Einbussen hätten mit Sparmassnahmen kompensiert werden können, sagt Lietha. Einzelne Mitarbeiter mussten Kurzarbeit leisten, zwei vakante Stellen wurden vorübergehend nicht besetzt.

Dennoch blickt Lietha zuversichtlich in die Zukunft. Im Sommer wird das «Palace» unter der Marke Kempinski wiedereröffnet. Das werde eine grosse Werbewirkung haben, ist der Tourismusdirektor überzeugt. Zudem hätten mehrere Restaurants neue Lokale eröffnet, an der Dorfstrasse ist ein neuer Laden entstanden und die Zeichen stehen positiv für eine Wiedereröffnung des Hotel Spannort.

«Es wird unglaublich viel investiert. Die Leute glauben an die Zukunft, das stimmt mich positiv.»

Die Substanz sei nicht kaputt, die Ausgangslage für die Zeit nach Corona gut. Doch wann beginnt diese Zeit? Andres Lietha scheint ein Optimist zu sein: «Es ist eine Frage von Monaten, bis die Corona-Impfungen ein Stück Normalität zurückbringen werden. Ob das schon im Sommer der Fall sein wird – dazu wage ich keine Prognose.»

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