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Uri

«Auch der Kanton Uri ist keine Insel»

Paul Hälg, Verwaltungsratspräsident der Dätwyler Holding AG, zeigt auf, was die Schweizer und auch die Urner Wirtschaft bei einem Ja zur Selbstbestimmungsinitiative erwarten könnte.
Paul Hälg  ist seit 2017 Verwaltungsratspräsident der Dätwyler Holding AG. (Bild: PD)

Am 25. November stimmt das Volk über die von der SVP initiierte Selbstbestimmungsinitiative (SBI) ab. Ihr Ziel ist es, dass Volksinitiativen umgesetzt werden, auch wenn sie internationales Recht tangieren. Die Bundesverfassung soll gegenüber dem Völkerrecht immer Vorrang haben. Paul Hälg, Verwaltungsratspräsident der Dätwyler Holding AG und Vorstandsmitglied der Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz, legt im Interview* dar, was die Schweizer und die Urner Wirtschaft bei einem Ja erwarten könnte.

Die Dätwyler Gruppe mit Sitz in Altdorf bewegt sich als Industriezulieferer und Technologieführer auf dem globalen Markt. Paul Hälg, wie würde der weltweit vernetzte Konzern ein Ja zur Initiative werten?Die Dätwyler Gruppe verkauft ihre Produkte in mehr als 100 Länder. Die Hightech-Kabel und die Dichtungskomponenten für verschiedenste Anwendungen werden von über 7000 Mitarbeitenden an über 20 Standorten auf vier Kontinenten gefertigt. Dätwyler ist also, sowohl was Produktion als auch was den Verkauf betrifft, in der ganzen Welt aktiv. Wir bekennen uns jedoch seit über 100 Jahren klar zur Schweiz und zu unserer Heimat Uri. Mit einem Ja zur Selbstbestimmungsinitiative würde dieses Bekenntnis erschüttert. Denn: Die unnötige Initiative setzt mit ihren Forderungen den Ruf der Schweiz und der Schweizer Unternehmen als verlässliche Partner aufs Spiel. Welches Signal würde eine Annahme der Selbstbestimmungsinitiative an die Vertragspartner der Dätwyler Gruppe aussenden?Als Unternehmensgruppe ist Dätwyler auf das Vertrauen ihrer Partner und Kunden angewiesen. Sie sollen auf uns zählen und unseren Rahmenbedingungen am Wirtschaftsstandort Schweiz trauen. Dasselbe erwarten wir auch von ihnen. Wir wollen keine rechtlichen Unsicherheiten, sondern klare Regeln, damit dauerhafte Geschäftsbeziehungen funktionieren. Wie alle Schweizer Unternehmen sind auch wir auf offene Grenzen angewiesen sowie darauf, dass ausländische Spezialisten in die Schweiz geholt werden können. Für die Produktion kaufen wir Rohstoffe vom Ausland ein. Zudem wollen wir in internationalen Gremien und Foren vertreten sein, ernst genommen werden und die Entwicklung im Markt mitprägen. Das alles funktioniert aber nur, wenn die Schweiz kein Signal des Alleingangs und der Willkür aussendet, wie es mit einem Ja zur SBI definitiv der Fall wäre.Ist die Dätwyler Holding der einzige Akteur in Uri, der sich Gedanken um die negativen Auswirkungen der Vorlage machen muss?Uri ist seit jeher ein Transitkanton. Er war schon immer offen und auch ein gutes Stück abhängig von aussen. Wir können, was den Export betrifft, natürlich nicht mit Spitzenreitern wie dem Kanton Basel-Stadt oder dem Kanton Aargau mithalten. Doch auch Uri exportiert jährlich Güter im Wert von mehr als einer halben Milliarde Franken. Kunststoff- und Investitionsgüter aus Uri erreichen im Export derzeit ein Plus von fast 13 Prozent. Neben den negativen Auswirkungen für die Unternehmen finde ich persönlich auch die Folgen für die Verbindlichkeit der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) alarmierend, wenn nicht gar beschämend. Bei einem Widerspruch mit der Schweizer Verfassung darf das Bundesgericht die EMRK nämlich nicht mehr anwenden, um unsere Grundrechte zu schützen. Und vor dieser gefährlichen Entwicklung sollte kein Urner die Augen verschliessen. Wie stünde der Wirtschaftsstandort Schweiz mit einem Ja zur Selbstbestimmungsinitiative insgesamt da?

Heute ist die Schweiz international integriert. Sie profitiert von unzähligen Verträgen. Jeden zweiten Franken verdienen wir im Handel mit dem Ausland. Alle zehn Minuten exportieren die Schweizer Unternehmen 380 Tonnen Güter. Dies führt nicht nur zu Wohlstand und Prosperität, sondern zu Verlässlichkeit für alle involvierten Partner. Wir können bereits heute vieles eigenständig entscheiden. Aber wenn wir das ohne jede Rücksicht auf die Welt um uns herum machen, stehen wir sehr bald isoliert da. Jeder Staat muss einen Ausgleich finden zwischen seinen Gesetzen und dem Völkerrecht. Da sind manchmal Kompromisse nötig. Denn gerade die Schweiz hat als kleines Land ein besonderes Interesse, dass international vereinbarte Regeln respektiert werden. Sie sind unser bester Schutz gegen die Willkür grösserer Mächte. (pd/bar)

*Das Interview wurde der «Urner Zeitung» vom Urner Komitee «Nein zur SBI» zur Verfügung gestellt.

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