notifications
Uri

Bevölkerung staunt über Entwässerungssystem

Ein 75 Kilometer langes Leitungsnetz sorgt seit 100 Jahren im Urner Talboden für trockene Böden.
Elias Bricker (rechts) überreicht Anton Marty, Präsident Meliorationsgenossenschaft Reussebene Uri, das erste Exemplar der Jubiläumsschrift. (Bild: Paul Gwerder, 19. Oktober 2019)
Die zahlreichen Besucherinnen und Besucher staunten über die vielen Pläne und die drei Pumpen, welche den Grundwasserspiegel immer auf dem gleichen Niveau halten. (Bild: Paul Gwerder, 19. Oktober 2019)

Paul Gwerder

Paul Gwerder

Im Herbst 1919 ist in der Reussebene zwischen Erstfeld und dem Urnersee mit dem Bau eines 75 Kilometer langen unterirdischen Leitungsnetzes begonnen worden. Die Bauarbeiten zur Melioration (das ist die Bezeichnung aller Massnahmen für Bodenverbesserungen) der Urner Reussebene dauerten sechs Jahre und kosteten unglaubliche 3,8 Millionen Franken, viel Geld für die damaligen Verhältnisse.

Seit dieser Zeit ist der damals sumpfige Boden nutzbar gemacht worden und ist heute einer der wichtigsten Lebens- und Wirtschaftsräume des Kantons Uri. Zum Entwässerungssystem gehören auch die künstlichen Bachläufe, wie der Giessen zwischen Altdorf und Flüelen, der Walenbrunnen im Rynächt und die Stille Reuss in Schattdorf. Zudem sorgt ein Pumpwerk in Flüelen, dass der Grundwasserpegel in der Ebene von Altdorf und Flüelen möglichst tief bleibt. Gleichzeitig mit dem Baubeginn wurde die Meliorationsgenossenschaft Reussebene Uri gegründet, die für den Unterhalt des Entwässerungssystems verantwortlich ist.

Die Geschichte wurde akribisch aufgearbeitet

Am Samstagmorgen hat die Meliorationsgenossenschaft Reussebene Uri Behördenvertreter und Mitarbeiter der Kantonalen Verwaltung zum 100. Geburtstag eingeladen. Gleichzeitig wurde bei einer kleinen Feier die Festschrift «Das vergessene Jahrhundertbauwerk» von Elias Bricker vorgestellt. Der Verfasser hat von 2013 bis 2018 in Bern studiert und als Masterarbeit das Thema Meliorationen gewählt. «Ich bin ganz in der Nähe aufgewachsen und daheim ist viel über dieses Thema diskutiert worden, obwohl ich zu dieser Zeit keine Ahnung von Meliorationen hatte», erklärte Bricker. Für ihn war der Start sehr schwierig, denn wer wusste schon etwas über dieses grandiose Bauwerk. Schlussendlich ist Bricker im Staatsarchiv fündig geworden, wo er während rund einem halben Jahr fast tagtäglich vorbeischaute. «Es gab dort tatsächlich kistenweise Akten über die Meliorationen.» Insbesondere in den damaligen Ausgaben der «Gotthardpost» und des «Urner Wochenblatts» habe er viel Wissenswertes erfahren, so Bricker. Nach dem Abschluss der 180 Seiten dicken Arbeit sollte diese nicht einfach in einer Schublade verstauben. Die Genossenschaft hatte die Idee, eine Jubiläumsschrift herauszugeben. Mit einem gewissen Stolz durfte der Präsident der Genossenschaft, Anton Marty, ein erstes Exemplar aus den Händen von Bricker in Empfang nehmen.

«Dieses bedeutende Bauwerk wird bei einem grossen Teil der Bevölkerung komplett unterschätzt, weil sie es einfach zu wenig kennen», sagte Alois Ulrich, Abteilungsleiter Meliorationen des Kantons. «Die Entwässerung des Urner Talbodens war eine Notwendigkeit, denn sonst wäre der Kanton Uri nicht das, was er heute ist».

Grosses Interesse am Pumpwerk

Das Pumpwerk an der Allmendstrasse in Flüelen konnte am Samstagnachmittag von der Bevölkerung besichtigt werden. Und diese kam dann auch in Scharen. Der Verwalter der Meliorationsgenossenschaft, Martin Furrer, hatte alle Hände voll zu tun, Fragen zu beantworten. Heute sorgen drei Pumpen dafür, dass das Grundwasser nicht zu stark ansteigen kann, denn sobald dies eine gewisse Höhe erreicht, schalten sich die Pumpen automatisch ein. Diese vermögen in der Sekunde 600 Liter Wasser abzupumpen und dieses wird in den Pumpwerkkanal geleitet, welcher das Wasser dem See zuführt. «Ich wollte schon lange einmal die Pläne sehen und wie das Pumpwerk im Inneren aussieht», sagte Monika Arnold aus Altdorf. Die Besucher staunten nicht schlecht, als sie die zahlreichen Pläne mit den 75 Kilometer langen Entwässerungsleitungen sahen.

Die Leitungen sind in die Jahre gekommen und mittelfristig drängt sich wahrscheinlich eine Sanierung auf. «Wir erstellen aktuell Pläne des Systems, denn möglicherweise sind die alten nicht exakt genug oder gar nicht vollständig. Dieses Projekt kostet rund 650’000 Franken. Daran beteiligen sich neben uns auch der Bund, Kanton, Korporation und die betroffenen Gemeinden», erklärte Anton Marty. Bis heute sind einzig defekte Betonrohre punktuell ersetzt worden, aber ihre Lebenserwartung ist überschritten. «Besser sieht es bei den Rohren aus Ton aus, denn diese sind sogar nach 100 Jahren in einem guten Zustand», so Marty. Klar ist, dass die Meliorationsgenossenschaft Reussebene Uri auch in Zukunft grosse Herausforderungen wird meistern müssen.

Kommentare (0)