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Die «Kolonie» ist bei allen Altersgruppen beliebt

Vor 110 Jahren wurde aufgrund des Wohnungsmangels die Eisenbahner-Baugenossenschaft Erstfeld gegründet. Dies wurde mit der Besichtigung historischer Lokomotiven gefeiert.
Anlässlich des Geburtstags der «Kolonie» zeigte Roland Seehaus (links) den Interessierten die historischen Lokomotiven. (Bild: Paul Gwerder, Erstfeld, 17. August 2019)

Paul Gwerder

Am Samstag, 17. August, feierten die Mieter im historischen Depotgebäude den 110. Geburtstag ihrer «Kolonie» in Erstfeld. «Vor rund 110 Jahren, am 5. September 1909, haben sich im Casino Erstfeld ein paar mutige Eisenbahner getroffen und dort die Eisenbahner-Baugenossenschaft Erstfeld (EBG) gegründet», erinnerte die Präsidentin, Carmen Enz.

In dieser Zeit herrschte erdrückender Wohnungsmangel in der ganzen Schweiz. Besonders ausgeprägt war diese in Erstfeld, denn aufgrund der 1882 eröffneten Gotthardbahn, waren im «Eisenbahnerdorf» 400 «Bähnler» beschäftigt und verglichen mit der Einwohnerzahl von 3000 war dies eine gewaltige Menge. Bis in die 60er-Jahre durften nur Bundesangestellte, vorwiegend Eisenbähnler ein paar Pöstler und «Schächenwäldler» dort wohnen. Dazu kam, dass die «Bähnler» die Pflicht hatten, am Arbeitsplatz zu wohnen und nicht irgendwo in einem anderen Dorf im Kanton. In den vergangenen Jahrzehnten hat die SBB immer mehr Arbeitsstellen im früheren Eisenbahnerdorf gestrichen. Aus diesem Grund wohnen heute viele Leute in der Kolonie, welche in der Privatindustrie beschäftigt sind.

Kolonie zählt 98 Wohneinheiten

Die ersten Reiheneinfamilienhäuser konnten im Juli 1911 bezogen werden. «Ein solches Haus mit fünf Zimmern kostete in der damaligen Zeit rund 11'000 Franken», so die Präsidentin. In den 1930er-Jahren sind die Mehrfamilienhäuser 5 bis 9 und 1947 der sogenannte Güterzug, auch Uhrenblock genannt, erstellt worden. Die beiden letzten Gebäude, nämlich das sogenannte «Sanatorium» ist 1954 erstellt worden. Heute gibt es in der Kolonie 98 komfortable und preisgünstige Wohnungen, welche praktisch immer besetzt sind.

In den vielen Jahrzehnten haben sich die Anforderungen und Bedürfnisse der Mieter stark verändert. Deshalb wurden viele Gärten aufgehoben, an deren Stelle Parkplätze entstanden sind, und 1983 ist die grosse Tiefgarage erstellt worden. Der Vorstand hat sich bemüht, sämtliche Wohnung über die vielen Jahre immer wieder zu sanieren, damit sie jederzeit den Anforderungen der Zeit entsprachen. Ein Meilenstein war die Vergrösserung der Terrassen in den einzelnen Gebäuden. Vor zehn Jahren ist der Spielplatz komplett erneuert worden und ist heute ein beliebter Treffpunkt für die Kinder und deren Eltern. Dies ist auch der Grund, dass die Kolonie als familienfreundliches Quartier gilt. Es gibt aber auch eine gute Altersdurchmischung. So wohnen heute in den zahlreichen Wohnungen viele junge Familien mit ihren Kindern, aber auch ältere Ehepaare geniessen in hier den Lebensabend.

Grosser Zusammenhalt unter den Mietern

Der heute 86-jährige Heinrich Gehrig ist im Jahr 1966 mit seiner Frau Therese in die Kolonie gezogen. Gehrig hat im Jahr 1952 die Stationslehre bei der SBB begonnen und war zuletzt Fahrdienstleiter in Erstfeld. «Als ich nach Erstfeld kam, war die Wohnungssuche sehr schwierig. Ein früherer Arbeitskollege, Fritz Grünig, der damals Präsident der EBG war, verhalf mir zu einer Wohnung in der Kolonie», erinnerte sich der zweifache Familienvater. «In den vielen Jahren bis zum heutigen Zeitpunkt schätzte ich immer den guten Zusammenhalt zwischen den Mieterinnen und Mietern und wir hatten stets ein gutes Verhältnis mit den übrigen Koloniebewohnern», so der langjährige Bewohner.

Weil die Wohnungen in der Kolonie immer auf den neuesten Stand gebracht wurden und das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmte, dachte er nicht einen Augenblick daran, die Kolonie zu verlassen. Gehrig führte auch im Vorstand während 31 Jahren die Kasse. Und Präsidentin Carmen Enz, seit 1999 im Amt, doppelte nach: «Für mich ist es ein wunderbares, schönes und erst noch familienfreundliches Quartier, indem es sich gut leben lässt».

Nach dem Essen, für das Karin Mangold mit ihren treuen Helferinnen verantwortlich war, gab es eine Führung mit Charly Infanger, der den Interessierten die Geschichte der Gotthardbahn näherbrachte. SBB-Historic-Präsident Roland Seehaus zeigte und erklärte den Fans die zahlreichen historischen Lokomotiven. Es kristallisierte sich recht schnell heraus, dass das braune «Krokodil», die Ce 6/8 mit der Nummer 14'253, bei den Besucherinnen und Besuchern am beliebtesten war.

Für musikalische Unterhaltung für jeden Geschmack während des ganzen Abends sorgte der Alleinunterhalter Erwin’s Party-Musik.

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