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Zug

An dieser Adresse ist über seine Probleme zu reden in vielerlei Hinsicht Gold wert

Eine Bürgerin oder ein Bürger fühlt sich von einer Amtsstelle schlecht behandelt. Ein anderer schimpft über die IV-Stelle, weil diese sein Verfahren unnötigerweise verschleppe. Zwei Probleme, mit denen sich die Zuger Ombudsfrau Bernadette Zürcher häufig zu beschäftigen hat.
Bernadette Zürcher, Ombudsfrau des Kantons Zug.
(Bild: Maria Schmid (Zug, 27. Juni 2019))

Marco Morosoli

Jahresberichte liegen an vielen Vereinsveranstaltungen, die derzeit ausgesetzt sind, offen auf. Aus Anstand oder Gewohnheit nehmen die Mitglieder ein Exemplar unter den Arm. Zu Hause weggelegt, verstaubt es schnell. Der Jahresbericht der Ombudsstelle des Kantons Zug (www.ombudsstelle-zug.ch), welche kürzlich den Bericht über ihr Tun im Vorjahr veröffentlichte, verdient dieses Schicksal in keiner Weise. Die Ombudsfrau Bernadette Zürcher schrieb in diesem kleinen Büchlein, mit welchen Problemen sie sich tagtäglich beschäftigt. Das von ihr gewählte Thema: Kommunikation. Gerade im digitalen Zeitalter, wo es immer mehr Methoden des Austauschs unter Menschen gibt, sind Missverständnisse an der Tagesordnung. Im Einleitungstext schreibt Zürcher, sie beruft sich hierbei auf den bekannten Kommunikationswissenschafter Paul Watzlawik (1921–2007), dass in Situationen, in welchen Menschen aneinander vorbeireden, hinterher nach einem Schuldigen gesucht werde, anstatt Lösungsvorschläge herauszufiltern.

Bernadette Zürcher bemerkte auch, dass der Wissensvorsprung der Verwaltung zunehmend dazu führe, dass «die Betroffenen das Vermittelte nicht nachvollziehen können». Eine Rechtsmittelbelehrung, also der Hinweis, welche juristischen Mittel es gibt, um sich gegen einen Entscheid zu wehren, werde dann nicht mehr als solche erkannt.

Im Vorjahr sind bei der Ombudsfrau 175 Dossier eröffnet worden

Die Ombudsfrau hat im Vorjahr neue 175 Dossiers eröffnet. In einem dieser Fälle hatte ein Arbeitsloser bei der Ombudsstelle nachgefragt, weil das Regionale Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) von ihm einen Obhutsnachweis verlangt habe. Beim nächsten Treffen hatte der Arbeitslose dann das verlangte Papier nicht. Daraufhin habe die Amtsstelle mit einer Anzeige geantwortet. In diesem Augenblick kam die Ombudsfrau ins Spiel, welche bei der Amtsstelle nachhakte. Diese konnte dann auch nicht alle Fragen der Vermittlerin klären, aber es kam Bewegung ins Spiel, mit Lichtblicken für den Ratsuchenden zum Schluss. Das nachgefragte Dokument ist ein Nachweis der Betreuung für die Kinder.

Bernadette Zürcher sagt: «Ich schätze den persönlichen Austausch, wenn immer möglich führe ich eine persönliche Besprechung durch.» Der Vorteil dieser unmittelbaren Kontaktnahme:

«Im persönlichen Gespräch ist der Austausch einfacher, und ich kann mir auch ein umfassendes Bild machen.»

Die Zuger Ombudsfrau konzentriert sich aber nicht nur auf diejenige Person, die bei ihr vorstellig wird, sondern sie kommuniziert auch mit derjenigen Seite, gegen welche Vorwürfe vorliegen. Für Zürcher ist dieser Vorgang wichtig, «um eine grobe Einschätzung der Situation meinerseits abgeben zu können». Selbstverständlich geschehe, so Zürcher, dies nur, wenn der Ratsuchende das wünsche, sie von der Schweigepflicht entbinde. Für die Ombudsfrau ist diese Abfolge von Handlungen viel wert: «Meistens zeichnen sich anlässlich dieses Austauschs schon Lösungsmodalitäten ab, die ich dann wieder mit dem Ratsuchenden bespreche.» Im Weiteren gälte es, «Kommunikationsblockaden aufzuweichen». Sobald die Beteiligten wieder miteinander ins Gespräch kommen, entspannt sich in der Regel die Situation spürbar.

Reden und Strafblockaden lösen, das ist bei der Ombudsstelle zentral

Bei der Zuger Ombudsstelle existiert keine Statistik, wie viele Dossiers jeweils innerhalb eines Jahres als erledigt zu archivieren sind. Die Zuger Ombudsfrau geht davon aus, «dass der grössere Teil der Beschwerden gütlich gelöst» wird. Die Zuger Vermittlerin ist dann zufrieden, «wenn ich das Gefühl habe, bei den Ratsuchenden ein gewisses Verständnis für konkrete Verwaltungshandlungen aufgezeigt beziehungsweise erklärt zu haben».

Wer das Büchlein der Ombudsfrau zu Ende liest, dem fällt auf: Im Jahr 2020 hat sich im Kanton kein Whistleblowing-Fall ereignet. Gemäss kantonalem Gesetz ist die Ombudsstelle auch in solchen Angelegenheiten die Anlaufstelle. Selbstverständlich gilt für all ihre Fälle die Schweigepflicht. Der Zuger Regierungsrat und Gesundheitsdirektor Martin Pfister sagt, dass er die Ombudsfrau schon öfters kontaktiert habe. Sein Fazit ist positiv: «Ich konnte unter anderem Personalfragen mit ihr besprechen. Ihre Erfahrungen sind deshalb wertvoll, wenn wir uns als Arbeitgeber verbessern und noch bürgerfreundlicher werden wollen.» Ganz generell findet Pfister diese Institution eine gute Sache: «Ich schätze diese niederschwellige, kostenlose und vertrauliche Stelle sehr.»

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