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Gerichtsentscheid

Cham muss Mann von der Krankenkassenliste streichen

Die Gemeinde Cham setzte einen 39-jährigen Mann auf eine Liste säumiger Prämienzahler. Er wehrte sich dagegen und gewann vor dem Verwaltungsgericht. Das Gericht argumentiert, dass er nicht auf diese Auflistung gehöre, da er bereits zahlungsunfähig sei.

Marco Morosoli

Die Krankenkassenprämien steigen – Jahr für Jahr. Das führt bei Versicherten, die nicht zahlen können, im Kanton Zug seit 2012 zu einem Eintrag in eine schwarze Liste. Cham liess im vorliegenden Fall (S 2021/30) einen 39-jährigen Mann auf dieses digitale Verzeichnis eintragen. Der Angeprangerte hielt dagegen – mit Erfolg. Im noch nicht rechtskräftigen Entscheid verfügte das Verwaltungsgericht dessen Löschung aus der Liste der säumigen Zahler von Krankenkassen-Prämien. Hingegen lehnten die gleichen Richter einen Antrag des Mannes zur Gewährung eines Darlehns ab.

Die schwarzen Listen stützen sich auf Artikel 64a Absatz 7 des eidgenössischen Krankenversicherungsgesetzes. Diese Norm erlaubt es den Kantonen, in dieser Angelegenheit aktiv zu werden. Das hat der Kanton Zug 2012 gemacht. Aktuell verfügen nur drei weitere Stände (TG/AG/LU) noch über ein solches Verzeichnis. Wie das Verwaltungsgericht festhält, können im Kanton Zug «versicherte Personen, die ihrer Prämienzahlungspflicht trotz Betreibung nicht nachkommen, auf einer Liste» erfasst werden, welche nur den Leistungserbringern, der Gemeinde und dem Kanton zugänglich ist. Gemäss einer Auflistung des Bundes sollen sich 2019 auf der zugerischen Liste 570 Namen befunden haben. Die Konsequenzen für die säumigen Zahler sind fatal. Zulässig sind nur noch Notfallbehandlungen. Was alles als Notfall zu taxieren ist, darüber herrscht allerdings Unklarheit.

Die Frage nach dem Ziel des Gesetzes

In seinem Entscheid stützt sich das Verwaltungsgericht auf die «Absicht des Gesetzgebers und die einstimmige Auffassung der Lehre und der Rechtssprechung», dass der vorerwähnte Gesetzespassus nicht auf die Zahlungsunfähigen, sondern auf den Zahlungsunwil­ligen abzielt. Die Unterscheidung der zwei genannten Kategorien von Schuldnern mache Sinn, denn «es geht darum, jene Schuldner rechtzeitig zu erfassen, die zwar zahlungsfähig, aber zahlungsunwillig sind» und «bei denen deshalb davon ausgegangen werden kann, dass sie unter dem Druck des Betreibungsverfahrens» früher oder später ihre Prämienschuld begleichen.

Anders liege, so das Gericht, der Fall bei einem Individuum, gegen das bereits Verlustscheine vorliegen. Die Begriffe zahlungsunfähig oder zahlungsunwillig seien hierbei der entscheidende Knackpunkt. Das Verwaltungsgericht schreibt dazu im Urteil: «Zahlungs­un­fähig ist eine Person, wenn gegen sie in der jüngeren Vergangenheit ein Verlustschein erwirkt worden ist, aus dem sich ergibt, dass kein pfändbares Vermögen vorhanden ist.» Der Beschwerdeführer habe, so die Richter, acht Monate lang keine Beiträge in die Krankenkasse eingezahlt. Das Unternehmen, bei welchem der 39-Jährige obligatorisch versichert war, hat mehrere Betreibungsverfahren eingeleitet, welche in die Ausstellung von Verlustscheinen mündeten. Im Urteil ist weiter zu lesen, dass beim Krankenversicherer offene Verlustscheine in der Höhe von rund 25'000 Franken vorliegen.

Liegen Verlustscheine vor, ist es für die schwarze Liste zu spät

Die Verwaltungsrichter heben zu einer Ermahnung an, die beispielhaft zeigt, dass sich die Interessen der Politik vor dem Recht nicht vorbehaltlos durchsetzen müssen. Liegen Verlustscheine vor, ist es bereits zu spät Der Kanton Thurgau ist Pionier in Sachen «schwarze Liste» und legte fest, dass der Eintrag in die Kartei der säumigen Zahler «spätestens bei Anhebung der Betreibung» erfolgen soll. Das sei sinnvoll. Hingegen widerspreche ein Registereintrag erst bei Vorliegen eines Verlustscheins dem grundsätzlichen Regelungsziel.

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