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Zug

Ein Bänkli in Zug, das Erinnerung und Zweifel auslöst

Auch wer kein Lieblingsbänkli hat, kann tolle Erinnerungen mit diesem simplen Konstrukt verbinden. Etwa, wenn es auf einem Tennisplatz steht.
Ort der mentalen und physischen Erholung: das Tennisbänkli. (Bild: Stefan Kaiser (Zug, 11. August 2018))

Livio Brandenberg

Als Nichtwanderer oder -spaziergänger ist es schon vom Entwurf her eher schwierig, einen Beitrag für eine Serie namens «Miis Bänkli» zu verfassen. Ich mag mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal auf einem rot angemalten Bänkli weit draussen in der Natur Platz genommen habe. Dann schon eher – wenn auch viel zu selten in letzter Zeit – auf einem weissen Bänkli auf dem roten Sandplatz.

Sie haben es längst gemerkt: Ich bin Tennisspieler, mehr oder weniger seit ich aufrecht gehen kann. Und zu diesem wunderbaren Sport gehört, auch relativ viel Zeit auf den – fast immer weissen – Bänkli zu verbringen. Das hier abgebildete Bänkli im Tennisclub Zug steht also eher symbolisch für alle Sitzgelegenheiten auf den Plätzen über die Jahre.

Handtücher, Flaschen Taschen, Trost

Denn glauben Sie mir: Das Bänkli ist wichtiger, als man denkt. Während Matches ist es der Rückzugsort beim Seitenwechsel. Diesen Ort sollte man so einrichten, dass man sich möglichst wohl fühlt. Seien es mehrere Handtücher (hatte ich nie), mehrere Flaschen, die exakt an einer Stelle stehen und dazu noch in die korrekte Himmelsrichtung ausgerichtet sein müssen (Rafael Nadal grüsst), oder die Schlägertasche neben sich platziert auf dem Bänkli (Roger Federer und seine Sponsoren grüssen): jedem das Seine.

Doch eines bleibt: Auf dem Platz spendet das Bänkli Hoffnung oder Trost, wenn es nicht rund läuft oder während eines zähen Kampfes. Hat man den Gegner hingegen im Griff, kann man die Minuten auf dem Bänkli sogar geniessen, vielleicht ein wenig auf den benachbarten Platz schielen.

Bei Turnieren hatte das Bänkli für mich auch immer etwas Einsames. Tennis ist ein Einzelsport, das ist bekannt. Und das soll hier keinesfalls in einer Jammerorgie münden. Doch während eines Matches ist man komplett auf sich alleine gestellt. Und auf dem Bänkli, wenn der Puls runterkommt, fangen die Zweifel oft erst richtig an, in einem hochzusteigen.

Nach vergebenen Chancen, erscheinen einem die eineinhalb Minuten auf der Bank mindestens doppelt so lange. Doch, es ist eben auch: der Ort der Hoffnung. Jeder neue Punkt, jedes neue Game könnte Besserung bringen, ist eine Chance, Gegensteuer zu geben. Insofern dürfte das Bänkli bei sehr vielen Tennisspielern viel eher Ort der mentalen Erholung sein, denn der physischen.

Ein Lieblingsbänkli im engeren Sinne habe ich also nicht. Aber da mein Herz dem Tennissport gehört und da auf den roten Sandplätzen schweizweit überall die exakt gleichen weissen Bänkli stehen, passt das Konzept doch recht gut. Das oder die Tennisbänkli verbinde ich mit zahlreichen – guten sowie, nennen wir es: problematischen – Erinnerungen.

Dazu gehören Situationen, in denen man mal nicht einsam ist, sondern beispielsweise mit seinem besten Kumpel Doppel spielt (und optimalerweise gewinnt). Oder wenn man während einer Interclub-Partie, in deren Rahmen Coaching erlaubt ist, vom Bänkli aus einen Kollegen anfeuert, mit ihm mitleidet.

Leider bin ich in letzter Zeit viel zu selten in den Genuss solch «erinnerungstiftender» Momente gekommen. Vielleicht wird es Zeit, übers Wandern und Spazieren nachzudenken.

In der Sommerserie «Miis Bänkli» erzählen die Redaktoren der «Zuger Zeitung» eine Geschichte zu ihrem Lieblingsbänkli.

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