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Zug

Zug: Ausstellung beleuchtet die heutige Sicht auf den Körper

«physical – cryptical – digital Art»: In der Shedhalle zeigen drei Künstler mit Malereien, Skulpturen und Installationen ihre persönliche Interpretation von Körperwelten.
Verweist auf Geschlechterrollen: die raumhohe Skulptur «lovelove» von Sussi Hodel in der Shedhalle. (Bild: Stefan Kaiser, Zug. 11. Mai 2019)

Monika Wegmann

Die Menschen haben schon in früheren Zeiten oft versucht, ihr Abbild oder die Formen des menschlichen oder tierischen Körpers auf Höhlenwänden, später auf Gebrauchsgegenständen oder Bildern festzuhalten. Das Thema ist zeitlos, doch die Ausdrucksformen wechseln je nach Mode oder den individuellen Sichtweisen der Künstler. Dies verdeutlicht die aktuelle Ausstellung «physical – cryptical – digital Art» in der Shedhalle, wo Tim Steiner, Eugen Liengme und Sussi Hodel ihre Visualisierung zum Thema Körperwelten präsentieren.

Unübersehbar steht im Eingangsbereich die drei Meter hochragende Skulptur von Tim Steiner: Es ist ein starker, mit dicken Dornen bewehrter Ast, dessen Spitze ein Kopf samt Schwan bildet. Das Werk, das von jeder Seite her eine andere Wirkung erzielt, verblüfft durch die surreale Gestaltung sowie die technisch brillante Ausführung. Das gilt ebenso für den gegenüberstehenden grossen, aus Aluminium gearbeiteten Kopf «Together» wie auch für die übrigen Arbeiten des ­Horgener Künstlers.

Von der Idee bis zum Guss alles selber

Und es ist überwältigend, welch fantastische Ideen ihn zu seinen Arbeiten anregen, die er oft mit einem humorvollen Titel versieht. Beispielsweise auf dem Werktisch im Saal liegt das «Büchsenfutter». Viele seiner figürlichen Skulpturen, wie die aus Bronze geschaffene einbeinige «Gesellschaft auf grossem Fuss», sind schlank und dünn, aus Metall gegossen und formal auf das Wesentliche reduziert.

Es lohnt sich, bei Einzelnen genauer hinzuschauen, denn ­viele sind trotz der Schwere des Materials mit kleinen oder grossen Gesichtern versehen. Tim Steiner gehört zu den wenigen Künstlern, die ihre Skulpturen von der Idee über das Modell bis zum Guss selber produzieren. So lassen auch andere Künstler bei ihm ihre Werke ausführen. Er hat bereits an zahlreichen Ausstellungen in der Schweiz und in Deutschland teilgenommen.

Auf besonders vielseitige Art setzt sich der Zürcher Künstler Eugen Liengme mit dem menschlichen Körper auseinander – auf der Suche nach einer zeitgemässen Interpretation. In der Ausstellung zeigt er Malereien, Skizzen und Computergrafik aus der Ikarus-Serie, mit der er sich seit rund zwei Jahren – so sagt er – assoziativ befasst. Dieser aus der griechischen Mythologie bekannte junge Mann sei ja gestorben, weil er der Sonne zu nahe gekommen war. Das sei der Grund, dass er für das Hauptmotiv dieser Serie eine spezielle Brandtechnik, kombiniert mit Wachs, einsetze. «Manchmal entstehen sogar Löcher, wie hier bei diesem Bild, aber ich finde, das darf so sein. Den Hintergrund bildet eine Mischung aus Kasein mit Temperafarben und Kohlestift.»

Eugen Liengme wagt immer wieder die Auseinandersetzung mit dem Material und experimentiert mit verschiedenen Techniken. «Ab und zu gerät auch etwas ausser Kontrolle. Viele Künstler nehmen auch keine Naturfarben, denn sie sind nicht so einfach zu verwenden», so Liengme. Er wage jedoch die Herausforderung und setze gerne die alte Freskotechnik ein.

Die Möglichkeiten der digitalen Grafik

Als spannend deklariert Eugen Liengme, der in der Schweiz und in England bereits an diversen Ausstellungen beteiligt war, auch die Möglichkeiten der digitalen Grafik. Die als «Transfigure» bezeichneten grossen Drucke basieren auf Zeichnungen, die er gemalt, digital fotografiert und danach am Computer bearbeitet hat. Mit Verweis auf das Video im Eingangsbereich sagt er: «Das alles ergibt eine zeitgemässe Erweiterung der künstlerischen Prozesses. Oft entstehen so unerwartete Effekte, und man gelangt zu einer ungeplanten Form der Darstellung.

Die Idee für die Ausstellung in der Shedhalle heckten Tim Steiner und Eugen Liengme vor rund zwei Jahren aus. «Ich habe die Shedhalle einmal leer gesehen und war von dem spektakulären Raum mit dem vielen Tageslicht begeistert», so Liengme. Ihr Wunsch sei es aber gewesen, noch einen einheimischen Künstler beizuziehen: Somit ist jetzt Sussi Hodel aus Unterägeri als Dritte im Bund, die ebenfalls an internationalen Ausstellungen ihre Bilder präsentiert hat.

«Allegorie» der Geschlechterrollen

Wie von den beiden Kollegen gewünscht, präsentiert sie diesmal aber keine Malerei, sondern etwas Neues, die unübersehbare Installation «lovelove». Das Gerüst des runden, raumhohen Kreises besteht aus einer leichten Röhre, welche Sussi Hodel mit weissem Klebeband umwickelt hat. Jedoch so, dass die haftende Seite aussen ist und auf diese Weise die durchsichtige Plastikfolie mitsamt dem LED-Lichtstreifen befestigt ist. Ähnlich ausgestaltet ist der Balken, der in den Kreis hineinragt. Bei der transparenten Installation verweist die Künstlerin humorvoll auf die weibliche und männliche Geschlechterrolle. Das grosse Objekt – inmitten der eisernen Skulpturen und Bilder rundherum – beschert dem Raum einen wirkungsvollen Blickpunkt.

Die Ausstellung «physical – cryp­tical – digital art» läuft bis ­am 26. Mai in der Shedhalle, Hofstrasse 15, Zug. Sie ist geöffnet Mittwoch, Donnerstag, Freitag, 16 bis 19 Uhr, Samstag und Sonntag, 11 bis 16 Uhr. ­Am 25. Mai, um 14 Uhr, führt Tim Steiner das Bronzegiessen vor.

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