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National League

Krise für SCB ist Chance und Gefahr zugleich

Beim SC Bern wurde der Meister-Blues unterschätzt. Nach Hälfte der Qualifikation liegt der stolze SCB unter dem Playoff-Strich. Die Protagonisten sehen die aktuelle Krise aber auch als Chance.
Trotz miesem Saisonstart unbestritten: SCB-Coach Kari Jalonen
Bild: KEYSTONE/MARTIAL TREZZINI

Es ist kalt im Bärengraben. Natürlich, derzeit ist es überall in der Schweiz kalt. Nicht nur deshalb sind die Akteure in der kleinen Trainingshalle im Bauch der PostFinance Arena mit grossem Engagement am Werk. Sie haben etwas gut zu machen nach einer miserablen ersten Saisonhälfte. Die Zahlen lügen nicht: In den ersten drei Saisons unter Coach Kari Jalonen holte der SCB in den ersten 25 Spielen 53, 58 und 50 Punkte. In dieser Saison sind es aktuell gerade mal 29, daraus resultiert der drittletzte Platz.

Von Verunsicherung ist dennoch nicht viel zu spüren. Jalonen, dessen Vertrag erst vor sechs Wochen vorzeitig verlängert wurde, gibt klare Anweisungen, und im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone SDA zeigt sich der als wortkarg geltende Finne offen und locker. Die Situation ist auch für den 59-Jährigen aus Oulu eine neue. "Ehrlich gesagt kann ich mich nicht an ein solches Jahr erinnern, wo wir hart arbeiten und doch nicht die gewünschten Resultate erhalten", gibt der Erfolgscoach zu, der den SC Bern in drei Jahren zu zwei Meistertiteln und drei Qualifikationssiegen führte. "Als Coach habe ich das noch nie erlebt."

Einen Grund für den unerwarteten Absturz sieht er in der grösseren Ausgeglichenheit der Liga. "Wir haben vor der Saison darüber gesprochen. Und der ZSC hat ja letztes Jahr auch spüren müssen, dass du auch als Meister keine einfachen Spiele hast." Die Lions dürften dem SC Bern als mahnendes Beispiel dienen, die aktuelle Situation nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Sie verpassten am Ende als zweites Meisterteam nach dem SCB 2014 die Playoffs.

Zu wenig für den Sieg getan

Ein eigentlicher Meister-Blues also, die Genügsamkeit nach dem Erreichen des grossen Ziels? Captain Simon Moser ist gewohnt selbstkritisch. "Wir müssen ehrlich sein: Im Nachhinein müssen wir feststellen, dass wir die Situation vielleicht etwas unterschätzt haben." Es sei nicht gelaufen wie gewünscht; im letzten Jahr hätten sie oft mit einem Tor Differenz gewonnen, diesmal verloren. "Wir haben aber sicher auch zu wenig dafür getan", gibt Moser zu.

Als der SCB in der Saison 2013/14 letztmals die Playoffs verpasste, waren aus dem aktuellen Kader lediglich Beat Gerber, Alain Berger, Justin Krueger und Tristan Scherwey bereits dabei. Moser stiess im folgenden Sommer dazu. Er vergleicht die aktuelle Situation deshalb eher mit dem Herbst 2015. "Das war ähnlich. Es passten einige Sachen nicht zusammen, dazu kamen noch Verletzungen." Noch vor Beginn der Adventszeit musste damals Coach Guy Boucher gehen, unter Nachfolger Lars Leuenberger mogelten sich die Berner hauchdünn als Achte in die Playoffs - und wurden dann dennoch Meister.

So weit voraus blickt Moser nicht. Mit dem Gedanken an die Abstiegsrunde befasst sich der 30-jährige Nationalspieler und zweifache WM-Silbermedaillengewinner aber auch nicht. Er sieht einen deutlichen Aufwärtstrend. "In den letzten paar Wochen haben wir gut gearbeitet, ich hoffe, dass jetzt auch die Resultate wieder kommen." Am Wochenende verhinderten die Berner dank vier Punkten gegen die Spitzenteams Davos und Servette immerhin den erstmaligen Fall ans Tabellenende seit dem Wiederaufstieg 1986. "In Genf hatten wir das Glück auch wieder mal auf unserer Seite."

Die Krise sieht Moser durchaus auch als Chance. "Aus Niederlagen lernst du mehr als aus Siegen", zitiert der ehemalige Langnau-Junior eine sportliche Binsen-Wahrheit. Konkret: "Bescheiden bleiben, hart an sich arbeiten, vielleicht auch im mentalen Bereich." Rückschläge würden jedem Sportler helfen. "Aber jetzt waren wir weit genug unten."

Kein Grund zur Panik

Panik ist beim SC Bern keine angebracht und auch nicht ausgebrochen. Sportchef Alex Chatelain weilt aktuell für einen schon lange geplanten Stage in New Jersey. Einzig auf dem Goalieposten entschied man sich mit der Verpflichtung des Finnen Tomi Karhunen für einen Schnellschuss. Coach Jalonen muss hingegen vorerst nicht um seinen Job fürchten. "Unser ursprüngliches Ziel, die Top 4, können wir sicher vergessen", denkt Captain Simon Moser. "Jetzt geht es darum, die Playoffs zu schaffen." Für Jalonen steckt sein Team schon mitten drin. "Unser Playoff hat schon begonnen."

Am Wochenende stehen in Lausanne und gegen Erzrivale Fribourg-Gottéron wegweisende Spiele an. Wird hier der Aufwärtstrend nicht bestätigt, stehen im Bärengraben noch kältere Tage an. (sda)

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