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Champions League

Quo vadis, Real Madrid?

Real Madrid hat vor dem Hinspiel im Champions-League-Halbfinal gegen Chelsea noch Chancen auf die zwei wichtigsten Titel. Doch der Kräfteverschleiss ist enorm. Die Mannschaft geht auf dem Zahnfleisch.
Zinédine Zidane wischt sich Schweiss und Regen aus dem Gesicht
Bild: KEYSTONE/AP/Bernat Armangue

Zinédine Zidane hatte eigentlich alle Hände voll zu tun und nach den vielen englischen Wochen keine Energie übrig für Nebenschauplätze. Auch darum waren die Fragen, die nichts mit dem anstehenden Schlüsselspiel zu tun hatten, unerwünscht. Am Dienstag empfängt Real Madrid den FC Chelsea, und für das Team von Trainer Zidane geht es darum, den Ausgang der Saison in die gewünschten Bahnen zu lenken.

Noch liegt vieles drin: Meisterschaft und Champions League. Doch beides steht auf wackligen Beinen. Das intensive Programm, gepaart mit einer Serie von Corona-Fällen, Quarantänen und Verletzungen setzt der Mannschaft zu. Mit drei Unentschieden aus den letzten vier Ligapartien hat es Real verpasst, sich im Meisterrennen mit Atlético Madrid, dem FC Barcelona und dem herangerückten FC Sevilla in die Pole-Position zu schieben. In der Champions League sind im Idealfall noch drei Partien mit höchster Intensität zu bewältigen - zuerst zwei gegen Chelsea, dann der Final gegen den Sieger des Duells zwischen Paris Saint-Germain und Manchester City.

Die Super League als Störfeuer

Fragen zur European Super League, die den europäischen Klubfussball in den letzten Tagen durchgeschüttelt hat, stören zum jetzigen Zeitpunkt noch mehr als ohnehin - zumal Chelsea unter Trainer Thomas Tuchel seit Ende Januar gefestigt auftritt. Doch die Fragen kamen natürlich. Immerhin gehört Klubpräsident Florentino Perez zu den treibenden Kräften hinter dem umstrittenen exklusiven Milliarden-Projekt, das am Montag vor einer Woche offizialisiert worden war und einen Tag später im Zuge einer heftigen Protestwelle wie ein Kartenhaus einstürzte. "Genug über die Super League geredet, sonst sind wir geliefert. Es steht ein Spiel an, darauf gilt es sich zu konzentrieren", sagte Zidane genervt.

Die jüngsten Geschehnisse verleihen der Halbfinal-Affiche eine zusätzliche Würze. Wollten Real und Chelsea zusammen mit den zehn weiteren Vertretern der als "dreckiges Dutzend" verschrieenen Grossklubs eben noch gemeinsame Sache machen, hat sich das Blatt gewendet. Während sich Perez weiter an das Projekt klammert, trug Chelsea mit seinem Rückzug als erster der sechs englischen Klubs wesentlich zum (vorläufigen) Scheitern bei. Der Real-Präsident ist deshalb nicht mehr gut auf den Halbfinal-Gegner zu sprechen. "Ich denke, einer der sechs Premier-League-Klubs war nicht wirklich von dem Projekt überzeugt, der Rest wurde davon angesteckt", sagte er jüngst in einem Interview des Radiosenders Cadena Ser.

Erstaunlicherweise ist es 23 Jahre her, seit sich Real Madrid und Chelsea letztmals auf dem Platz begegnet sind. Überhaupt gab es erst drei Duelle zwischen den beiden Klubs, wobei die Engländer noch ungeschlagen sind. Für Real, den Champions-League-Sieger von 2014 sowie 2016 bis 2018, ist es der erste Halbfinal seit dem letzten Triumph vor drei Jahren. Chelsea hat es vor sieben Jahren zuletzt unter die letzten vier geschafft.

Abermals ohne Ramos

Personell tritt Real Madrid acht Tage vor dem Rückspiel in London geschwächt an. Nach wie vor muss Zidane auf Captain und Abwehrchef Sergio Ramos verzichten, dazu fallen auch Linksverteidiger Ferland Mendy und der bis zu seinem Kreuzbandriss ebenfalls gesetzte Aussensläufer Lucas Vazquez aus. Dafür steht Toni Kroos dem Team nach drei verpassten Ligaspielen wieder zur Verfügung.

Defensiv hat Real die gewichtigen Ausfälle bislang erstaunlich gut aufgefangen und zuletzt viermal kein Gegentor kassiert. In den 25 Pflichtspielen ohne Ramos liess Real in dieser Saison weniger Tore zu als in den 20 mit ihm (19:20). Offensiv harzte es jüngst aber wieder stärker. Drei der letzten vier Partien gingen 0:0 aus. Zum Faktor könnte im Finish unverhofft Eden Hazard werden. Der Belgier, der auch im zweiten Jahr nach seinem 100-Millionen-Transfer von Chelsea mit gesundheitlichen Problemen kämpft, ist ein Kandidat für die Startelf. Im Rückspiel dürften Zidane auch Mendy und Ramos wieder zur Verfügung stehen.

Auch mit Blick auf die Personalsituation gilt für Real in dieser Saison: Jeder Ausgang ist möglich - der 14. Triumph auf Europas höchster Bühne ebenso wie eine titellose Saison. (sda)

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