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Ski alpin

"Das muss doch auch in Bern möglich sein"

Urs Lehmann setzt bei der Finanzierung der Lauberhornrennen auf Unterstützung durch die öffentliche Hand. Was in anderen Kantonen möglich sei, müsse auch in Bern gehen, findet der Swiss-Ski-Präsident.
Marketing, Politik und Swiss-Ski: Urs Lehmann erklärt seinen Lösungsvorschlag, um die Lauberhornrennen langfristig auf gesunde Beine zu stellen
Bild: KEYSTONE/ENNIO LEANZA

Urs Lehmann, Swiss-Ski hat Wengen aus dem provisorischen Weltcup-Kalender der FIS für die Saison 2021/22 streichen lassen. Der eskalierte Streit um die Finanzierung der Lauberhornrennen schlägt hohe Wellen. Wie ist die Sachlage aus Ihrer Sicht?

"Ich will das differenzierter formulieren. Wir liessen am Mittwoch im Langzeit-Kalender das Wort 'Wengen' durch 'Schweiz' ersetzen. Das ist eine kleine, aber wichtige Nuancierung. Wir mussten das tun, damit wir weiterhin den Handlungsspielraum haben, um mit Wengen eine nachhaltige Lösung zu finden. Eine solche liegt bis heute leider weiterhin nicht auf dem Tisch. Aber das ist auch weiter das grosse Ziel. Im Raum steht eine Forderung von einer Million Franken pro Jahr."

Die Forderung, mit der das Wengener OK vors Internationale Sportgericht gelangte, bezieht sich auf den Zeitraum zwischen 2017 und 2021. Es handelt sich also um den Betrag von fünf Millionen Franken. Sie sagen: "Unbezahlbar für den Verband."

"Richtig. Unsere Zahlen sind öffentlich, und aus der Abschlussrechnung des letzten Jahres lässt sich herauslesen, dass wir keine fünf Millionen Franken bezahlen könnten. Wir haben ein paar Reserven, diese betragen in meinen Augen aber drei Millionen. Sollten wir also zahlen müssen, hätten wir ein existenzielles Problem. Kommt hinzu, dass der Betrag von einer Million pro Jahr in Zukunft auch gelten würde. Das können wir uns schlicht nicht leisten. Und wenn ich ehrlich bin, wollen wir uns das auch nicht leisten. Nach unseren Berechnungen liegt das strukturelle Defizit von Wengen viel eher bei 300'000 bis 400'000 Franken. Klar, Wengen hat es schwer und steht vor Herausforderungen. Wir bringen schon seit Jahren Vorschläge ein und sind hilfsbereit. Dass Geld von der linken in die rechte Tasche fliesst, bringt uns in dieser Angelegenheit aber nicht weiter. Man muss Geld von aussen zugunsten von Wengen ins Sportsystem bringen. Das ist unsere Vision."

Wie sieht diese Vision konkret aus?

"Es handelt sich um einem Drei-Punkte-Plan, wobei der Inhalt nicht neu ist: Punkt 1 ist eine Top-Vermarktung. Wengen ist mittlerweile ein Anlass mit einem Budget von sieben bis acht Millionen Franken. Das ist eine grosse Kiste, ein Riesen-Event. Entsprechend muss auch die Organisation aufgestellt sein. In den technischen Belangen sind die Wengener hervorragend, sogar vielleicht sogar die besten der Welt. Aber auf der kommerziellen Seite sind sie leider nicht ganz auf diesem Niveau. In diesem Punkt boten wir deshalb immer wieder unsere Hilfe an, denn in unseren Reihen haben wir diese Kommerzialisierungs- und Vermarktungsspezialisten, die es dafür braucht."

Der zweite Punkt lautet?

"Punkt 2 ist, dass sich die öffentliche Hand zu einem Deckungsgrad eines Defizits bereit erklärt. Wir haben in unseren Analysen herausgefunden haben, dass die Berner - also auch Adelboden - von der öffentlichen Hand viel weniger unterstützt werden als die Veranstalter von Crans-Montana im Wallis und von Lenzerheide und St. Moritz in Graubünden. Der Deckungsgrad durch die Gemeinden und Kantone liegt dort zwischen 30 und 40 Prozent. Bei Wengen und Adelboden ist das nicht der Fall, obwohl die gesetzliche Legitimation dafür seit 2018 vorhanden ist. Im Rahmen einer Defizitgarantie muss es doch auch in Bern möglich sein, dass die öffentliche Hand einspringt, wenn Punkt 1 etwa im Fall einer Absage nicht greift. Es muss ja nicht einmal a priori Geld fliessen."

Und weiter?

"Sollte es zu Umständen kommen, wo die ersten zwei Punkte nicht reichen, würde Punkt 3 greifen. Dann bietet Swiss-Ski weiterhin Hand, um unprajudizielle Lösungen zu finden. Diese zusätzlichen Umfänge können aber nicht eine Millionen Franken betragen, sondern vielleicht 100'000 Franken. Bei Beträgen in dieser Grössenordnung finden wir immer eine Lösung."

Abschliessend: Wie gross ist der Glaube an eine einvernehmliche Lösung im Konflikt?

"Wir sind nach wie vor Optimisten. In meinen Augen ist das Anliegen sinnvoll, die Berner Weltcuprennen wirtschaftlich nachhaltig auf gesunde Beine zu stellen. Wengen und Adelboden sind wichtig und gehören zum Schweizer Sport dazu. Ehrlicherweise muss man sagen, dass wir es in den letzten paar Jahren nicht geschafft haben, eine Lösung zu finden. Aber wenn ich jetzt diesen dreistufigen Plan anschaue, dann bin ich - unter Berücksichtigung der geänderten Gesetzgebung 2018 und dem in einem offenem Brief zum Ausdruck gebrachten Willen seitens der Politik - überzeugt, dass wir eine Lösung hinkriegen." (sda)

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