notifications
Leserreise

Pinguine, Wale und das ewige Eis:
Die grosse Antarktis-Reise von Background Tours und CH Media

Ein Reiseblog von Manuel Nagel, Redaktor der «Thurgauer Zeitung».

Pinguine auf den Falklandinseln. Im Hintergrund ist die «Hanseatic nature» zu sehen.
Bild: Bild: Manuel Nagel (Volunteer Point,
30. November 2022)

Ab Freitag, dem 25. November, werden hier möglichst regelmässig, jedoch anhängig von der Verfügbarkeit des Internets, Beiträge über die Reise in die Antarktis, organisiert von Background Tours und CH Media, publiziert.

Donnerstag

15. DEZEMBER 2022

Am Ende der Welt – und auch am Ende der Reise

Bis 9.30 Uhr müssen alle Passagiere vom Schiff sein, denn danach folgen das grosse Reinemachen und die Vorbereitungen für die nächsten Passagiere. Das letzte Mal werden wir in unseren Farbgruppen aufgerufen, um die «Hanseatic nature» nicht wie gewohnt mit dem Zodiac, sondern über die Gangway zu verlassen.

Der Kapitän und die Crew stehen Spalier beim Abschied.
Bild: Bild: Manuel Nagel

Der Kapitän und die wichtigsten Crew-Mitglieder stehen Spalier beim Abschied und mich überkommt viel Wehmut, dieses Schiff und die tollen Menschen zu verlassen, die ich in den letzten fast drei Wochen kennenlernen durfte. Draussen warten fünf Busse, die uns noch in den nahe gelegenen Nationalpark «Tierra del Fuego» fahren. Wir müssen noch die Zeit überbrücken, bevor es um 15 Uhr zum Flughafen geht.

Tschüss «Hanseatic nature»-Crew! Der erste Bus verlässt das Pier.
Bild: Bild: Manuel Nagel

Während der erste Bus noch nicht einmal losgefahren ist, werden aus grossen Schiffscontainern bereits wieder die Lagerbestände aufgefüllt und beim Seiteneingang des Schiffes mit einem Gabelstabler reingefahren. Die Logistik, die hinter einer solchen Reise steckt, ist unglaublich. Insgesamt sieben oder acht solcher riesiger Container werden verladen, hat jemand gemeint.

Waren aus sieben oder acht solcher Schiffscontainer werden auf die «Hanseatic nature» geladen.
Bild: Bild: Manuel Nagel

Unsere Busse werden zuerst zu einer Bucht gefahren, wo auf einem Pier sich eine Poststelle befindet, die jedoch nicht besetzt ist. Sehr zum Ärger unseres Philatelisten Wolfgang Weitlaner. «Fin del Mundo» steht da beim Postamt, «Ende der Welt». «Man könnte auch sagen ‹Arsch der Welt›», sagt einer, worauf wir finden, dass man in dem Fall als Eltern sein Kind nicht Finn nennen sollte. Irgendwie sind wir alle etwas geschafft und haben nicht so richtig Lust auf einen Touri-Ausflug, bei dessen Stationen man 20 bis 30 Minuten Zeit hat und dann zum nächsten Ort weiterfährt.

Das Pier mit der Poststelle am «Ende der Welt». Auch der Kiosk ist geschlossen, aber Wasserflaschen erhalten wir im Bus.
Bild: Bild: Manuel Nagel

Es geht dennoch so weiter und wir kommen an einen See, auf dem es ein Pärchen Schwarzhalsschwäne geben soll. Wir steigen aus, laufen ein Stück dem Ufer entlang und werden weiter vorne wieder vom Bus aufgeladen. Natürlich nehme ich mein Teleobjektiv mit, falls mir der Schwan vor die Linse schwimmt.

Kurzer Spaziergang am Ufer eines Sees im Nationalpark «Tierra del Fuego».
Bild: Bild: Manuel Nagel

Eine Familie von Magellangänsen. Das Männchen vorne in Weiss, hinten das Weibchen.
Bild: Bild: Manuel Nagel

Zuerst sehen wir Magellangänse. Kurz darauf nistet auf dem Wasser ein Tier mit einem erkennbaren schwarzen Hals. Ich als Laie denke natürlich sofort, dass dies nun besagter Schwan ist, aber unsere Reiseführerin Paula klärt mich auf, dass dies ein Magellantaucher sei.

Kein Schwarzhalsschwan, sondern ein Magellantaucher.
Bild: Bild: Manuel Nagel

Aber ein wenig später sehe ich das Objekt der Begierde dann doch noch und erkenne es nun selbst ganz ohne ornithologische Hilfe.

Endlich der gesuchte Schwarzhalsschwan im Nationalpark «Tierra del Fuego».
Bild: Bild: Manuel Nagel

Die letzte Station vor dem Mittagessen um 13 Uhr ist dann wirklich das Ende. Zumindest das Ende der «Panamericana». Diese Strasse führt von Alaska bis Feuerland und endet an genau diesem Punkt.
Mehr Infos zur Panamericana oder zum Pan American Highway sowie einen Streckenbeschrieb gibt es hier unter diesem Link.

Auch ich muss natürlich am Ende der «Panamericana» für ein Foto posieren, wo ich doch schon eins am Ende der «Route 66» in Kalifornien in der Sammlung habe.
Bild: Bild: PD

Deshalb dreht unser Bus wieder um und fährt auf Schotterstrassen und über abenteuerliche Brücken zurück nach Ushuaia, wo wir in einem Hotelkomplex oberhalb der Stadt essen.

Die Brücke sieht etwas abenteuerlich aus, aber sie hält.
Bild: Bild: Manuel Nagel

Von der Grenze des Nationalparks bis nach Ushuaia sind die Strassen nicht mehr asphaltiert.
Bild: Bild: Manuel Nagel

Ein Fussballplatz im Lande des vielleicht baldigen Weltmeisters?
Bild: Bild: Manuel Nagel

Im grossen Saal des Hotels «Las Hayas» hoch über Ushuaia essen wir als Reisegruppe das letzte Ma(h)l gemeinsam.
Bild: Bild: Manuel Nagel

In einem riesigen Saal ist ein Buffet aufgebaut worden, und einmal mehr wird uns bewusst, wie sehr wir doch in den letzten zweieinhalb Wochen auf der «Hanseatic nature» von der grossartigen Küchencrew verwöhnt worden sind. Aber die Aussicht auf Ushuaia ist wunderschön. Vielleicht auch deshalb, weil sie uns einen letzten Blick auf unser Schiff im Hafen erlaubt, bevor die Busse uns zum Flughafen fahren.

Ein wunderbares Bild zum Abschluss der Reise und des Blogs: Der Blick vom Saal hinunter auf den Hafen der Stadt Ushuaia, auf die «Hanseatic nature» und den Beagle Kanal.
Bild: Bild: Manuel Nagel

Für mich heisst es etwas früher Abschied nehmen von allen, denn ich bleibe noch etwas länger in Ushuaia und fliege erst am Sonntagabend nach Buenos Aires. Eine klassische Fehlplanung meinerseits, denn sollte Argentinien am Sonntagnachmittag argentinische Zeit wirklich Weltmeister werden, dann dürfte in der Hauptstadt wohl die Hölle los sein, während es in Ushuaia wahrscheinlich eher gemächlicher zu und her gehen würde. Aber die feiern sicher auch noch, wenn ich kurz vor Mitternacht in Buenos Aires lande. Mal sehen, wie und ob ich dann zu meinem Hotel mitten im Zentrum der Stadt überhaupt durchkomme.

Das Ende der Reise ist auch das Ende meines Blogs. Ich habe mich sehr gefreut über all die vielen Nachrichten, die mir von meinen Mitreisenden gezeigt wurden, die sie von ihren Bekannten und Freunden erhalten haben. Wenn Sie wenigstens ein bisschen im Kopf mitreisen konnten mit uns auf dieser «Reise des Lebens», dann habe ich mein Ziel mit diesen mehr als 130'000 getippten Zeichen erreicht und habe zum Ende noch zwei Bitten:

Sollten sie jemals eine Reise mit «Background Tours» und der «Hanseatic nature» in die Antarktis planen, was ich Ihnen aus ganzem Herzen empfehlen kann, dann erwarten Sie bitte nicht, dass Ihre Reise genauso spektakulär wird. Das war wirklich ein absoluter Glücksfall, was wir alles erleben durften, wie mir sämtliche Crew-Mitglieder bestätigt haben. Das tolle Wetter, das sich hier unten nie planen und schon gar beeinflussen lässt, hatte zur Folge, dass viele Anlandungen und andere Dinge möglich waren, die halt sonst auch mal abgesagt werden müssen.

Mir sind nicht nur viele Menschen ans Herz gewachsen, sondern auch die Pinguine. Deshalb würde es mich freuen, wenn Sie - egal in welcher Form - den Antarctic Research Trust (ART) unterstützen würden. Das kann auch der Kauf des Kalenders für 2023 sein, wenn Sie noch auf der Suche nach einem Weihnachtsgeschenk sind, oder Sie übernehmen eine Patenschaft für eine Pinguin.
Weitere Informationen zur Unterstützung dieser gemeinnützigen Stiftung sind unter diesem Link zu finden.

Besten Dank liebe Leserinnen und liebe Leser, ich wünsche Ihnen eine besinnliche Adventszeit, schöne Weihnachten und einen guten Rutsch ins Jahr 2023! Herzlichst, Manuel Nagel

Mittwoch

14. DEZEMBER 2022

Wo ist der Kapitän?

Keine Angst, unser Kapitän ist stets vor Ort gewesen. Es geht hier um einen anderen Kapitän, aber dazu gleich. Auch heute ist nicht ein sonderlich aktiver Tag und wir liegen gut in der Zeit, um am Abend in Ushuaia anzukommen, damit die Crew ihren mehr als verdienten Ausgang noch erhält.

Um etwa 16 Uhr kommt der Lotse an Bord, der das Schiff durch den Beagle Kanal führt, und kurz vor fünf Uhr passieren wir Puerto Williams auf der linken Seite. Die chilenische Stadt hat Ushuaia den Rang als südlichste Stadt der Welt abgelaufen, nicht sehr zur Freude der Argentinier. Die Beziehung zu Chile ist in vielen Punkten durch Rivalität geprägt und nicht immer einfach.

Mir sind diese Streitigkeiten ziemlich egal, ich gehe an diesem letzten Abend noch einmal ins «Hamptons», um den Abschluss der Reise kulinarisch zu feiern. Vanessa, die die Reservationen managt, hat mir am Mittag gesagt, dass ich entweder alleine sitzen oder mich zu einem Herrn setzen könne, der ebenfalls alleine ist. Ich meinte, dass ich völlig offen sei und wir ja spontan schauen können.

Heute beginnt der Einlass im «Hamptons» bereits um 18.30 Uhr, damit die Crew früher Feierabend machen kann. Und als ich zu dem einen Einertisch gebracht werde, ist dieser sogleich wieder unbesetzt, denn die fünf Leute am Nebentisch bestehen darauf, dass ich mich zu ihnen setze, denn wir haben schon viel Zeit an Bord zusammen verbracht und tolle Gespräche geführt. Es sind Nik Hartmann und dessen Vater Samuel, sowie die beiden Zuger Zunftmitglieder Paul Langegger und Roland Staerkle, die ich ja am Samichlaustag im Blog vorgestellt habe. Letzterer war übrigens viele Jahre Präsident des EV Zug. Und mit dabei ist auch noch Claudia, deren Tochter sie gerne auch in diesem Blog sehen würde. Voilà, diesen Wunsch erfülle ich dank des Selfies von Nik Hartmann gerne.

Und kurze Zeit später kommt auch noch der andere «Single-Mann», der eben mein heutiger Tischgenosse hätte sein können, damit wir nicht beide alleine speisen müssten, zum Tisch. Es ist Martin Bütikofer, der Direktor des Verkehrshauses der Schweiz und ebenfalls passionierter Fotograf, wie Nik Hartmann und ich mit einer Nikon unterwegs. Klar, dass auch er nicht alleine isst, sondern sich uns am Tischende anschliesst. Welch ein wunderbarer Abend mit viel Lachen und gutem Essen.

Getrübt wird er einzig, dass wir mit etwas Verzögerung ankommen in Ushuaia, weil ein anderes Kreuzfahrtschiff zuerst seinen Platz räumen muss, damit wir anlegen können. Der Kapitän des anderen Schiffes ist noch nicht an Bord. Die Hafenleitung hat dem Schiff Zeit bis 20.30 Uhr gegeben, dann muss das Schiff die Anlegestelle verlassen und notfalls den Kapitän halt etwas weiter draussen aufnehmen.

Für Vanessa und die anderen Crew-Mitglieder unschön, weil so der Ausgang kürzer wird. Aber wir entscheiden alle, auf das Dessert zu verzichten, damit es schneller geht und teilen das Vanessa so mit. Der ist das alles andere als recht, aber wir haben ja ausführlich gespiesen und hätten wohl auch sonst nichts mehr bestellt zum Nachtisch. Es war mehr scherzhaft gemeint. Ebenso unsere «Abräumhilfe», als wir unsere Weingläser gleich selber abgeräumt und nach hinten zum Tresen gebracht haben. «Ich krieg Probleme mit meiner Chefin, wenn die Gäste hier ihr Geschirr abräumen», meinte sie lachend.

Ich gehe auch noch schnell in die Stadt, um mir die Füsse zu vertreten, bin aber schnell wieder auf dem Schiff und gehe noch hinauf in die Observation Lounge, wo noch bestimmt zwei Dutzend der Passagiere einen letzten Drink bei Barfrau Svitlana bestellen. Auch ich nehme noch einen «Virgin Colada», einen «Piña Colada» ohne Alkohol, und plaudere noch ein wenig mit Heinz und Erika aus dem Vorarlberg, die aber inzwischen auf der Schweizer Seite des Rheintals wohnen. Danach muss ich noch meinen Koffer packen gehen, denn der muss um 2 Uhr in der Nacht vor der Kabine stehen. Nicht aber, bevor mir Barmann Florian noch einen letzten «Ipanema »bringt, was wiederum die alkoholfreie Variante eines «Caipirinha» ist.

Dienstag

13. DEZEMBER 2022

Zahlen, Zahlen, Zahlen und der «Trick mit den Gummistiefeln»

Sie ist berühmt und berüchtigt, die Drake Passage, die zwischen der antarktischen Halbinsel und Südamerika liegt. Viele Schiffe und somit unzählige Passagiere hatten ihre Probleme mit ihr, beziehungsweise mit dem Seegang. Und wir? Nichts! Vielleicht liegt es ja an den guten Stabilisatoren, die in der «Hanseatic nature» verbaut sind, dass wir übers Wasser gleiten, als wäre es «de Zürisee», wie einer der Passagiere meinte, und nicht eine der stürmischsten Gegend der Weltmeere. Aber vermutlich ist es eher der klugen Planung von Kapitän Dolf Jenckel und seinem Team zu verdanken, dass wir auch hier vom Wetterglück begleitet werden. Glück muss man sich manchmal auch erarbeiten.

Um etwa 8.20 Uhr am Morgen haben wir den 60. südlichen Breitengrad überquert und somit die offizielle Grenze zur Antarktis verlassen. Ab nun gilt nicht mehr der Antarktis-Vertrag, aber das spielt bei unserer Rückfahrt eigentlich keine Rolle mehr.

Bis 10 Uhr vormittags sollen wir noch die persönlichen Dinge im Gummistiefelraum auf Deck 3 holen, denn danach werden diese wieder für die nächsten Passagiere geputzt und hergerichtet. Dazu gibt es noch eine amüsante Anekdote zu erzählen, die ich auf dem Schiff aufgeschnappt habe. Anscheinend sollen Single-Damen auf dem Schiff dank der Gummistiefel herausfinden gewollt haben, wo es denn Single-Herren gibt. Dazu haben sie in den mit der Kabinennummer beschrifteten Gummistiefelregalen geschaut, wo denn nur ein Paar steht, welches auch noch grösser als Schuhgrösse 41 oder 42 ist. Ob das Vorgehen Erfolg gebracht hat, und ob die Geschichte überhaupt wahr ist, das weiss ich nicht, aber sie ist es auf jeden Fall wert, (weiter-)erzählt zu werden.

Sonst ist dieser Tag auf See ein typischer Faulenzertag – jedenfalls für mich. Es gibt wie immer an Seetagen Vorträge, Fotopräsentationen, Talks und Pianoklänge zu feinen Drinks im HanseAtrium. Ich sehe mir einiges davon wieder via Bord-TV an oder schaue einfach von meinem Balkon auf die ruhige See hinaus, um all die vielen Eindrücke in meinem Kopf zu verarbeiten.

Der Kapitäns-Farewell-Cocktail am Abend ist dann aber quasi Pflichtprogramm für alle Passagiere, und das HanseAtrium ist auch sehr gut gefüllt. Es singt einerseits der Shanty Crew Chor und es werden einige Unikate verlost. Dazu konnte man im Vorfeld Lose für 25 Euro kaufen. Die Hälfte des Erlöses kommt in die Crew-Kasse, die andere Hälfte fliesst in die Stiftung Antarctic Research Trust (ART) von Benno Lüthi.

Beinahe 700 Lose wurden verkauft, und je mehr man gekauft hat, desto grösser sind logischerweise die Gewinnchancen auf die vier Preise. Da ist zum einen die Souvenir-Seekarte, die von einem unserer philippinischen Matrosen äusserst kunstvoll verziert worden ist. Übrigens derselbe junge Mann, der am Weihnachtsmarkt am 6. Dezember auch die Eisskulptur mit einem Delfin geschaffen hat, von der ich auch ein Foto gepostet habe. Ein wahrer Künstler!

Und dann sehe ich endlich Maria, die sich in den letzten zwei Wochen um meine Kabine gekümmert hatte, ohne Gesichtsmaske, die von der Crew jeweils getragen werden musste – nicht jedoch von den Passagieren. Schade, dass wir das Lächeln dahinter jeweils nur erahnen konnten. Auch Maria gehört an diesem Abend zu den Glücksfeen, die eine Gewinnerin ziehen.

Maria zieht das Los von Marianne. Die Österreicherin kommt auf die Bühne und sagt zu Kapitän Dolf Jenckel, sie gewinne sonst nie etwas. Nun erhält sie die Gösch. Das ist die kleine Flagge am Bug des Schiffes, die im gestrigen Blogeintrag zu sehen ist. In unserem Fall ist es die zerfetzte Flagge der Stadt Hamburg, wo die Reederei Happag-Lloyd ihren Sitz hat, die von der Besatzung unterschrieben wird.

Die gezogenen Glücklichen sind ausschliesslich Frauen. Und ausgerechnet Marianne, die ja gemäss eigenen Aussagen nie etwas gewinnt, wird aus den fast 700 verkauften Losen gleich zweimal gezogen, was natürlich für Erheiterung bei den Passagieren und auch bei Marianne sorgt, denn so darf sie den Kapitän noch ein zweites Mal herzen.

Bei seinem Fazit der Reise zeigt Dolf Jenckel dann auch noch Emotionen, als er gesteht, dass dies zweifelsohne seine schönste aller 17 Fahrten in die Antarktis gewesen sei. Dass sein Vater mit an Bord gewesen ist, dürfte mit eine Rolle gespielt haben, aber er habe noch nie so viele Fotos geschossen, wie auf dieser Reise, sagt der Kapitän. Ein solches Wetter und solche Begegnungen mit Tieren – seien es Wale, Pinguine, Vögel und so weiter – habe er noch nie erlebt.

«Was Eis und Wetter und diese Situationen angeht, haben wir einfach das Optimum erlebt. Wahnsinn! Leider Gottes sind Sie jetzt für die Antarktis verdorben, das ist ein bisschen blöd. Bitte vergleichen Sie nichts mehr mit dieser Reise. Das ist absolut unfair für alles, was Sie in Zukunft machen. Das ist leider so.»

Dann muss er sich unter grossem Applaus der Anwesenden doch die eine oder andere Träne aus dem Auge wischen. Und manch eine oder einer tut es ihm gleich.

Doch der Kapitän sorgt nicht nur für Tränchen an diesem Abend, sondern auch für viele Lacher, als er verrät, was denn auf dieser Reise so alles konsumiert worden sei. Auf so einer Reise würden üblicherweise 500 Flaschen Rotwein getrunken. «Auf dieser Reise waren es 800 Stück», sagte Dolf Jenckel. Doch er unterbricht das Lachen sogleich und meint: «Da kommt noch ein bisschen was, wir haben noch ein bisschen mehr geleistet.» Weisswein sei nicht so beliebt gewesen: 500 auf normaler Reise, 600 auf dieser. Bier normalerweise 450 Liter, auf dieser Reise 800 Liter. Bei den Spirituosen seien es sonst 270 Liter, hier 350 Liter. «Und bei den Champagnerflaschen 450 normale Reise, 600 bei Ihnen», sagt er zu den Passagieren. Er denke, dass da eine Korrelation bestehe: Je glücklicher die Gäste, desto besser sei auch das Wetter.

Glücklich beschliessen zwei bis drei Dutzend Passagiere auch den Abend zu Discomusik von Bord-DJ Lother, so auch meine Kabinennachbarn Stephan und Hemma, die ich wie viele andere vermissen und bestimmt einmal in Wien besuchen werde. Die beiden waren vor vielen Jahren einst, als sie frisch verheiratet waren, in Ushuaia und damals hatte Hemma gesehen, dass man mit dem Schiff in die Antarktis reisen kann. Dieser Traum liess sie seither nicht mehr los, und nun, ein Vierteljahrhundert später, hat sich das Paar diesen Traum erfüllt.

Nach dem Farewell-Abend ändert die «Hanseatic nature», dann den Kurs und biegt links ab in Richtung Ushuaia, wie die rote Linie auf der Souvenir Seekarte schön zeigt. Es ist der Moment, wo das Schiff etwas zu schaukeln und zu stampfen anfängt, weil wir nun gegen die Wellen fahren, aber auch hier wieder ist das Timing des Kapitäns ideal, denn die meisten dürften davon entweder nichts mitbekommen im Schlaf, oder aber beim Tanzen im HanseAtrium die Bewegungen kaum bemerken.

Montag

12. DEZEMBER 2022

Ein würdiger Abschluss und mit einem blauen Auge davongekommen

Über Nacht – seltsam von Nacht zu schreiben, wenn es nicht dunkel wird – schleichen wir wirklich in Schrittgeschwindigkeit dahin von Neko Harbour zu unserem nächsten Ziel, dem berühmten Lemaire Kanal, der ebenfalls nicht weit entfernt ist. Gegen sechs Uhr in der Früh sollen wir dort sein.

Ich erwache jedoch um halb vier und telefoniere noch kurz mit meiner Frau zu Hause, dort ist es halb acht, bevor sie zur Arbeit geht. Mein Balkon ist schon hell erleuchtet um 3.41 Uhr. Ich lege mich aber nochmals hin.

«Wakie, wakie!» Damit auch niemand verschläft, ertönt kurz vor sechs Uhr der Weckruf mit der sonoren Stimme unseres Experten Wolfgang Wenzel aus den Bordlautsprechern in jeder Kabine. Am liebsten würde ich zwar noch liegen bleiben, aber angesichts dessen, dass ich wohl nicht mehr so schnell durch den Lemaire Kanal fahren werde, raffe ich mich dennoch auf und stehe um viertel vor sechs draussen und mache das erste Foto.

Wir fahren aber so gemächlich, dass wir den Anfang des Lemaire Kanal erst um halb sieben passieren. Da hatten wirklich alle Passagiere genug Zeit, sich hübsch zu machen und sogar noch frühstücken zu gehen.

Und es geht gemächlich weiter. Rund drei Viertelstunden nimmt sich unser Kapitän Zeit, um durch den sechs Kilometer langen Kanal zu fahren, sodass jeder genügend Zeit für Fotos hat und nebenbei auch noch die Szenerie ohne Kamera geniessen kann. Wir erhalten auf dem «Nature Walk», dem vorderen Teil des Schiffes, wo man gut beobachten und fotografieren kann, sogar heissen Kakao vom Servierpersonal. Eine kleine Geste mit grosser Wirkung, die von den fröstelnden Passagieren sehr geschätzt wird.

Zehn Kilometer südlich des Ausgangs des Lemaire Kanal liegt Petermann Island, eine zwei Kilometer lange und 700 Meter breite Insel, die nach einem deutschen Geografen benannt wurde. Auf ihr leben natürlich wieder Pinguine, es soll aber auch einige spezielle Kormorane hier geben.

Etwas mehr als eine Stunde nachdem wir den Lemaire Kanal verlassen haben, um halb neun, wird meine Gruppe Orange als erste zur Ausbootung mit den Zodiacs gerufen. Schon da macht sich etwas Wehmut breit, weil ich weiss, dass ich in zwei Stunden wieder an Bord bin und alles vorbei sein wird.

Aber ich sehe das Glas lieber halb voll und will noch einmal Tiere vor meine Kamera bekommen. Pinguine habe ich schon einige, doch Vögel fast keine. Und Blauaugenkormoran, das tönt interessant. Deshalb steuere ich direkt den Posten unserer Expertin Franziska Güpner an, die sich vor allem in der Ornithologie die erste Ansprechpartnerin auf dem Schiff ist.

Tatsächlich nisten da auf einem Felsvorsprung einige Kormorane, und auch Junge sind zu sehen, auch wenn man dafür einen Feldstecher oder ein gutes Teleobjektiv benötigt.

Für Nachwuchs haben die Blauaugenkormorane schon gesorgt, und deshalb müssen sie sich nun auch um diesen sorgen und viele Fische besorgen. Mein Fokus ist voll auf die Kormorane gerichtet, als mich plötzlich Nik Hartmann ruft. Ich solle doch mal schnell um 180 Grad die Kamera schwenken, weil sich da zwei Skuas vergnügen würden. Diese sorgen erst jetzt für Nachwuchs.

Zeitweise sind bis zu sechs verschiedene Tiere auf dem oder um den Felsen herum zu sehen: Nebst den Adelie-Pinguinen, den Eselspinguinen, den Blauaugenkormoranen und den Skuas sind da auch noch ein paar Dominikanermöwen, einige Weissgesicht-Scheidenschnäbel in Sicht.

So ganz kann ich aber doch nicht ablassen von den Pinguinen, Ich liebe es zu beobachten, wie sie Steine für ihr Nest holen und diese dann gegen räuberische Pinguine verteidigen müssen, weil jene zu faul sind, selber aus der Ferne Steine heranzuschleppen. So ein bisschen geht es bei den Pinguinen sehr menschlich zu und her.

Im Augenwinkel habe ich aber immer auch das Nest des Blauaugenkormoranpärchens mit den drei Jungen, weil ich noch einen der Vögel im Flug fotografieren will. Unsere Vogelexpertin Franziska Güpner meint, dass wahrscheinlich bald einer der beiden wieder losfliegen werde, um noch mehr Fische zu holen, weil der Nachwuchs ganz schön hungrig sei. Und nach etwa einer Viertelstunde ist es dann soweit.

Gar nicht so einfach, die Tiere im Flug zu fokussieren, merke ich, während ich wahrscheinlich rund 95 Prozent Ausschuss bei den Fotos produziere, weil das Tier unscharf, nicht ganz im Bild oder überhaupt nicht im Bild ist, sondern nur Himmel. Aber dieser ist auch heute wieder so stinklangweilig für einen Fotografen, weil er eben nur blau und wolkenlos ist. Klagen auf hohem Niveau, nennt man das wohl. Immerhin gibt es auch noch von der Dominikanermöwe ein schönes Bild, bei dem sie mir entgegen fliegt.

Dann sind die 75 Minuten bereits fast wieder vorbei und ich muss zurück zum Zodiac. Bei der Crew bin ich mittlerweile als derjenige bekannt, dass ich die mir zur Verfügung stehende Zeit immer ganz bis zum Schluss ausreize. Da fange ich jetzt bei der letzten Anlandung sicher keine neue Mode mehr an. Man hat ja schliesslich einen Ruf zu verlieren.

Auf dem Weg zurück ist ein weiteres Touristenschiff zu sehen, die «Fridtjof Nansen» von den Hurtigrouten, die nicht nur in Norwegen verkehren. Es sind doch einige Schiffe in der Antarktis zu sehen, aber diese scheinen sich gut zu verteilen in der Region.

Während ich auf das Zodiac warte, sind da noch etwa zwei Dutzend Eselspinguine ganz in der Nähe der Anlandestelle, sodass ich auch hier noch etwas zuschaue. Ein Pinguin sitzt auf seinem Ei und blickt ständig in alle Richtungen um sich. Auch hier ist das Tier wieder in ständiger Sorge, dass ihm das Baumaterial geklaut wird. Dabei schimpft der Pinguin mit seinen Artgenossen wie wild. Ein lustiges Bild als würdiger Abschluss dieser aussergewöhnlichen Fotosafari in der Antarktis, bei der ich am Ende dank der Kormorane wortwörtlich mit einigen blauen Augen auf der Speicherkarte aufs Schiff zurückkehre.

Am Nachmittag wäre eigentlich noch eine Fahrt im Zodiac geplant, aber die Expeditionsleitung und der Kapitän entscheiden, diese zu streichen und stattdessen sich so schnell wie möglich auf den Weg zurück nach Ushuaia zu machen, denn es zieht ein grosses Sturmtief auf, wie Kapitän Dolf Jenckel verrät. Er versucht deshalb diesem Sturm und den damit verbundenen hohen Wellen so gut es geht aus dem Weg zu gehen. Dazu fährt er nicht direkt nach Norden, sondern eher leicht nordöstlich mit Kurs auf die Falklandinseln, um möglichst lange rechts des Sturmtiefs zu bleiben und erst ganz weit oben dann links in Richtung Beagle Kanal abzubiegen. Er rechnet damit, dass wir am Mittwochabend in Ushuaia ankommen.

Benno Lüthi sagt mir zudem noch, dass eine frühe Ankunft für alle viel entspannter sei. Insbesondere für die Schiffscrew und deren Erholung sei dieser freie Abend in Ushuaia sehr wichtig. Vereinzelt sei es in der Vergangenheit jedoch vorgekommen, dass Passagiere gefunden hätten, man habe sie so um einen weiteren Programmpunkt gebracht und man sei zu früh in Ushuaia angekommen. Eine Kritik, die auf dieser Fahrt garantiert kein einziger Passagier äussern wird, denn wir sind alle extrem dankbar, was wir alles erleben durften.

Ich bin ehrlich gesagt ebenfalls froh, dass am Nachmittag nicht noch etwas auf dem Programm steht. Ich merke, wie müde ich im Kopf bin und muss all diese Erlebnisse nun verarbeiten. Da ist es ideal, nach einer warmen Dusche und im Bett liegend via Bord-TV den «Tiergeschichten aus aller Welt» unseres Fotografen Rudolf Hug zu lauschen, ohne ins HanseAtrium gehen zu müssen. Von einem Pinguin erzählt er uns jedoch nicht. Solche Geschichten habe ich nun mehr als genug selbst erlebt. Kurz vor vier Uhr nochmals eine Durchsage, dass auf Backbord Wale zu sehen seien. Ich raffe mich nochmals auf und stürme auf den Balkon, aber viel bekomme ich nicht mehr aufs Bild. Eine kleine Spitze ist auf der Wasseroberfläche zu sehen. Auch mit dem Finger am Auslöser der Kamera bin ich offensichtlich zu müde. Immerhin sieht man auf dem Bild, dass die Fahrt auf der Drake Passage bislang sehr friedlich verläuft.

Sonntag

11. DEZEMBER 2022

Mit Reinhold Messner auf dem Gipfel eines Achttausenders

Zwei Dinge scheinen sich auf dieser Antarktis-Reise nicht mehr zu ändern: 1.) Dass unsere Expeditionstage jeweils gegen 7 Uhr beginnen, und 2.) dass wir bezüglich Wetter vom Glück verfolgt sind. Unsere Expeditionsleiterin Michaela Mayer sagt immer, dass sie von der Crew nur für die Organisation zuständig seien, die Passagiere jedoch für das Wetter.

Egal, wer letztlich für das Wetter verantwortlich ist, aber der oder die macht einen sensationellen Job. Als ich irgendwann zwischen sechs und sieben Uhr die Vorhänge ziehe und auf den Balkon trete, ist es zwar ziemlich frisch, aber die Sonne am absolut wolkenlosen Himmel wärmt auch ein bisschen. Und ganz hinten am Ufer entdeckt meine Balkonnachbarin noch ein Schiff. Dank des Teleobjektivs erkenne ich den Namen: «Silver Endeavour». Nicht mehr eine Luxusjacht eines Superreichen, aber ebenfalls ein Luxusschiff für 200 Passagiere, das hier den Errera Kanal befährt.

Bekannt ist vor allem der Lemaire Kanal, der auf keiner Schiffsreise in die Antarktis fehlen darf, aber schöner als der Errera Kanal kann er unmöglich sein, denke ich mir. Uns bietet sich das perfekte Werbebild für jeden Katalog an diesem Morgen, auch wenn mir bewusst ist, dass dies die absolute Ausnahme ist, die wir hier an diesem dritten Adventssonntag erleben dürfen.

Am Vormittag ist geplant, dass wir anlanden auf Danco Island, einer rund zwei Kilometer langen Insel, auf der es zahlreiche Eselspinguine hat. Diese sehen zwar nicht aus wie Esel, riechen aber wie sie und tönen vor allem wie Esel, wenn sie ihre Hälse in die Luft strecken und das für sie so typische «I-aaaah-Geräusch» von sich geben. Unser Moderator Nik Hartmann kann das übrigens schon beinahe perfekt imitieren.

Nach der Anlandung geht es sogleich den Berg hinauf, denn am Ufer gibt es weder etwas zu sehen, noch gibt es Platz für mehr als eine Handvoll Leute. Die Pinguine sind alle oben auf dem Berg oder zumindest auf dem Weg dorthin.

Auch Reinhold Messner besteigt den Berg und meint während des Aufstiegs, dass die Pinguine hier wohl auch noch nie einen so schönen Tag erlebt haben.

Ganz oben angekommen lasse ich es mir nicht nehmen, mit der Bergsteigerlegende für ein Bild zu posieren. Wer kann schon von sich behaupten, er sei mit Reinhold Messner auf einen schneebedeckten Achttausender hochgekraxelt – und dann auch noch ohne jeden zusätzlichen Sauerstoff! Okay, hier sind es nicht 8000 Meter über dem Meeresspiegel, sondern nur 8000 Zentimeter, aber das sind Details.

Wir werden wieder belohnt mit einer spektakulären Aussicht, diesmal auf den Errera Kanal. Und zum Glück, mag man fast sagen, sind am Horizont einige Wolken aufgezogen, denn sonst könnte man das Gefühl bekommen, das alles sei hier nur ein schöner Traum.

Während die Pinguine alleine oder in kleinen Gruppen sich den Berg hinauf kämpfen, heisst es für uns nach etwas mehr als einer halben Stunde auf dem Gipfel wieder Abschied nehmen von diesem schönen Ort. Bereits wieder etwas weiter unten erkennt man sehr gut die «Pinguin-Highways», also die Wege, in denen sie hoch und runter laufen – und manchmal auch (aus-)rutschen. Lustig wird es immer dann, wenn sich ein Pinguin, der hoch will und ein Pinguin, der runter läuft, kreuzen.

Wir vermeiden es jedoch tunlichst, diese «Autobahnen» der Tiere zu benutzen und treten uns einen eigenen Weg, bzw. nehmen den Weg, den vor uns wohl schon eine andere Reisegruppe genommen hat. Amüsant wird es, wenn die Pinguine plötzlich unseren «Menschenweg» in Beschlag nehmen und wir dort warten oder Platz machen müssen.

Wir gehen zurück zur Anlandestelle, wo die Zodiac-Boote bereits auf uns warten und wieder auf die «Hanseatic nature» bringen. Dort wartet schon das Mittagessen, und viele nutzen das perfekte Wetter, um bei dieser einmaligen Kulisse draussen zu essen.

Am Nachmittag betreten wir noch einmal das antarktische Festland bei Neko Harbour, unweit von Danco Island, etwas mehr als zehn Kilometer entfernt. Dementsprechend ruhig und langsam gleitet die «Hanseatic nature» über das Wasser dem nächsten Ziel entgegen. Die Namen stammen oft von einer Expedition her.

Emile Danco etwa war ein belgischer Geophysiker und Mitglied der belgischen Antarktis-Expedition, während dieser er 1898 an Bord des Schiffes Belgica verstarb. Und «Neko» war ein Walverarbeitungsschiff, das diese Bucht oft ansteuerte und ihr so den Namen gab.

Als wir in der Bucht ankommen, fährt wie immer zuerst ein Erkundungsboot an den Strand und schaut, wo die geeignetste Landungsstelle ist.

Hier ist die Lage nicht ganz ungefährlich, auch wenn alles so friedlich und ruhig erscheint, aber links befindet sich ein Gletscher, der ins Wasser ragt und von dem immer wieder kleinere oder grössere Brocken abbrechen. Und wenn dann mal ein ganz ganz grosser Brocken kommen würde, könnte es sein, dass der Strand von einer Flutwelle erfasst wird.

Sie sei hier schon etwas auf Nadeln gewesen, sagt Expeditionsleiterin Michaela Mayer später, und deshalb habe sie die angelandeten Passagiere auch sogleich nach dem Ausstieg aus dem Zodiac die paar Meter über die in den Schnee gehauene Treppe hoch gejagt. Man habe geschaut, dass immer so wenig Leute wie nötig am Strand gewesen seien.

Am Vormittag sind wir alle viel zu warm angezogen gewesen, als es hoch hinauf auf den Berg von Danco Island gegangen ist. Diesen Fehler will ich nicht wiederholen – zumal noch am Nachmittag. Und ich leihe mir von meinen Kabinennachbarn Stephan und Hemma aus Wien noch etwas Sonnencreme aus, denn mein Gesicht hat in den letzten Tagen doch ziemlich Farbe angenommen. Ich ziehe deshalb nur ein T-Shirt und die etwas weniger dicke Daunenjacke an, die wir von «Background Tours» und von «Ruefa Reisen» im Vorfeld der Reise erhalten haben.

Aber nach wenigen Schritten auf der Insel wird mir klar, dass auch die Jacke zu viel ist, ich binde sie um die Hüfte und laufe im T-Shirt den Berg hoch. Die Steigung ist gut machbar in den Gummistiefeln, aber steiler als gedacht. Zuhause sollen es einige Grad Celsius unter Null sein, lese ich. Dabei kann ich mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. Da geht man – wenn auch im Sommer auf der Südhalbkugel – in die Antarktis und hat es dann wärmer als die Daheimgebliebenen.

Auf halbem Weg hoch zu den anderen Experten sitzt Moderator Nik Hartmann im Schnee. Nein, er liegt und geniesst ebenfalls den blauen Himmel und die Sonne, und er hat für alle noch ein paar nette Worte übrig, die bis ganz hinauf wollen. Ich bleibe jedoch bei Nik, mache ein paar Fotos und wechsle noch einige Worte mit ihm, bevor ich dann wieder runter zu den Pinguinen gehe. So viel anders oder gar besser ist die Aussicht weiter oben auch nicht.

Im Gegenteil, wenn man auf einen Gletscherabbruch hofft. Diese sieht man von weiter unten sogar ein bisschen besser. Immer wieder donnert und rumpelt es, aber durch die Strecke des Schalls ist man immer etwas zu spät und sieht nur noch, wo aber nicht wie das Eis ins Meer gefallen ist. Man müsste schon permanent zum Gletscher schauen, aber weil der nicht gerade klein ist, müsste man auch noch wissen, wohin man schauen soll.

Am Abend gehe ich auf Einladung meiner Nachbarn Hemma und Stephan ins «Hanseatic Restaurant», wo man das Essen nicht am Buffet holt, sondern es serviert bekommt. Der grosse Vorteil hier und im «Hamptons» ist, dass die Portionen eher klein sind und man nicht in Versuchung kommt, sich durch die verschiedenen Speisen durchzuprobieren. Aber lecker ist es überall.

Nach dem Essen lassen wir drei den schönen Abend hoch oben in der Observation Lounge bei einem Drink ausklingen. Diese ist sehr gut besucht. Barkeeperin Svitlana hat alle Hände voll zu tun und auch unsere Pianistin Magdalena spielt Wunschstücke der Passagiere.

Kurz nach 23 Uhr ist es draussen immer noch ziemlich hell und die Abendsonne erzeugt eine unglaublich schöne Lichtstimmung, sodass viele ihre Kamera in der Kabine holen. Ich natürlich auch.

Kurz vor halb eins gehen dann die meisten Passagiere ins Bett, denn die Bar ist geschlossen, das Piano still und am nächsten Morgen steht die allerletzte Anlandung auf dem Programm. Ich mache noch ein letztes Foto.

Samstag

10. DEZEMBER 2022

Ein aktiver Vulkan und 40 Verrückte

Der Himmel ist bewölkt an diesem Samstagmorgen, als ich auf den Balkon meiner Kabine trete. Die Anlandung verspätet sich leicht, worüber ich nicht traurig bin, denn heute beginnen die Gruppen Blau und Orange. Kurz nach halb neun stehen wir auf Snow Island. Die Insel, etwa 20 Kilometer lang und bis zu elf Kilometer breit, hat ihren Namen deshalb erhalten, weil sie fast vollkommen vergletschert ist. Nur im Norden und ganz im Nordosten gibt es kleine Flächen, die eisfrei sind, und eine dieser Flächen ist «President Head», wo wir anlanden.

Es gibt zwei Möglichkeiten für die Passagiere. Zum einen kann man dem Strand entlang zu einigen Seeelefanten laufen. Selbst eine Weddell-Robbe und einen Zügelpinguin habe man gesichtet, sagen unsere Experten, die das Gebiet zuvor erkundet haben. Richtig gelesen: einen.

Die andere Variante ist eine kleine Wanderung über den Hügel, die ebenfalls zu den Seeelefanten und zum Zügelpinguin führt, der im Übrigen so heisst, weil er beim weissen Teil des Kopfes eine feine schwarze Linie hat, die wie ein Zügel ausschaut. Wie auch der Adelie- und der Eselspinguin gehört er zu den Langschwanzpinguinen. Die drei Arten sind sich auch ziemlich ähnlich.

Ich entscheide mich diesmal, die Wanderung mitzumachen, die etwa drei Viertelstunden dauert und zu Beginn ziemlich steil nach oben führt. Wer seine Wanderstöcke dabei hat, der ist im Vorteil, obwohl unsere Gummistiefel ein gutes Profil haben. Aber wandern in Gummistiefeln ist natürlich nicht ideal.

Dafür bietet sich uns oben eine herrliche Aussicht auf eine Bucht, in die wir jedoch nicht hinabsteigen. Stattdessen laufen wir über den Grat und in die benachbarte Bucht hinunter, wo wir auf die anderen Passagiere treffen, die die flache Strecke gewählt haben.

Als wir unten am Strand ankommen, balgen sich einige Seeelefantenbullen miteinander. Kämpfen kann man das fast nicht nennen, was die da machen, denn das Aufeinandertreffen dauert jeweils kaum eine Minute, dann lassen die schweren Brocken wieder voneinander ab und legen sich nebeneinander hin, bevor sie einige Minuten später wieder aneinander geraten. So geht das eine ganze Weile.

Dann erwecken aber zwei andere Tiere meine Aufmerksamkeit. Ein Seeelefant, der etwas abseits von den anderen Tieren liegt, krümmt sich und scheint sich dabei an den Flossen zu kratzen. Dabei sieht seine gewellte Haut wie eine Ziehharmonika aus.

Und da ist auch noch eine Pelzrobbe, die wie ein Modell auf einem Stein zu posieren scheint. Die meisten meiner Mitpassagiere widmen sich jedoch dem einen Zügelpinguin, der hoch oben auf einem kleinen Felsen liegt und gut geschützt ist.

Wir bleiben nicht allzu lange, denn so viel zu sehen gibt es auf Snow Island nicht, vergleicht man es mit anderen Anlandungen. Doch die kleine Wanderung über den Berg mit dem Weitblick auf das Meer und die Insel haben die Anlandung dennoch lohnenswert gemacht.

Auf dem Rückweg zu den Zodiacs liegen noch einige Knochen von Walen herum. Ein Stück scheint ein riesiger Wirbel zu sein. Unser Experte Wolfgang Weitlaner schätzt, dass das arg verwitterte Teil schon hundert Jahre alt sein dürfte.

Danach fahren wir wieder etwas zurück in südöstlicher Richtung mit dem Ziel Deception Island, was mit «Täuschungs-Insel» übersetzt werden kann. Diesen Namen erhielt die Insel, weil sich unter ihr ein Vulkan befindet, bei dem sich eine Caldera, also ein Krater gebildet hat. Doch durch eine Lücke namens «Neptunes Bellow» («Neptuns Blasebalg») gelangte das Meerwasser in diesen Krater, der auch mit dem Schiff befahren werden kann.

Genau das tut nun unser Kapitän Dolf Jenckel, was ziemlich viel Präzision und somit auch Konzentration erfordert, denn die Lücke ist für ein Schiff wie die «Hanseatic nature» einigermassen schmal. Doch dank moderner Technik und der Erfahrung unseres Kapitäns kommen wir sicher im Innern dieses Vulkankraters an. Wir passieren «Neptunes Bellow» um 14.30 Uhr, rund eine Stunde später als geplant.

Gleich wenn man reinfährt, liegt auf der rechten Seite eine Bucht, die Whalers Bay, an deren Ufer sich eine alte norwegische Walfangstation befindet, die 1931 geschlossen wurde, weil die Preise für Walöl drastisch gesunken waren.

1944 besetzten die Briten die Insel, nannten den Ort Port Foster und bauten eine Forschungsstation auf. Selbst ein Flugzeughangar wurde 1961 gebaut, weil man innerhalb des Kraters mit Flugzeugen landen konnte. Mittlerweile sind jedoch alle Gebäude nicht nur verlassen, sondern auch zerstört durch Vulkanausbrüche 1967 und 1969. Daraufhin hatten die Briten keine Lust mehr, in Port Foster zu bleiben.

Die Gebäude dürfen wir zwar nicht betreten aufgrund von akuter Einsturzgefahr, aber man kann auch so einen Blick ins Innere werfen. Beim einen Gebäude liegt noch ein Brett draussen mit der Aufschrift «Karotten». Drinnen liegen Bretter, auf denen «Walfleisch» und «Mehl» steht. Offensichtlich war dies früher das Lebensmittelgeschäft.

Auch die grossen Tanks für das Walöl rosten vor sich hin. Schöne Motive für einen Fotografen. Die Überreste werden jedoch nicht abgebaut, sondern sollen als Zeitzeugen stehen bleiben. Seit 1995 gilt Port Foster als historische Stätte.

Auch auf Deception Island kann wieder hoch hinaus, wer will. Die Expeditionsleitung hat einen Weg auf einen nahe gelegenen Hügel ausgeflaggt. Wir müssen auf diesem Pfad bleiben, weil überall Messinstrumente sind, die Erschütterungen aufzeichnen. Dort sollten wir nicht unbedingt durchlaufen.

Mittlerweile ist der Himmel nicht mehr bedeckt wie bei der Einfahrt in den Krater, sondern beinahe wolkenlos. Kaum mehr als eine Stunde ist seither vergangen. Das Wetter kann sich hier ziemlich schnell ändern – auch wieder auf die andere Seite.

Auf dem Weg zurück watschelt mir plötzlich ein einzelner Adelie-Pinguin entgegen. Wieso er den Berg hinaufgeht, weiss ich nicht. Weit und breit sind keine anderen Pinguine zu sehen. Vielleicht gibt es hier oben ganz besondere Steine für sein Nest. Ich schaue ihm aus der Ferne einige Minuten zu, gehe dann aber doch zurück zur Anlandestelle, wo auf mich noch eine spezielle Aufgabe wartet.

Nun aber zur erwähnten Aufgabe, der nicht nur ich mich stelle, sondern weitere 40 Passagiere, also rund ein Viertel der Gäste an Bord. Wir alle sind seit dem 10. Dezember 2022 offizielle Mitglieder im «Deception Swimming Club» und erhalten auch noch eine Urkunde, dass wir im südlichen Polarmeer geschwommen sind.

Der Einstieg war grauenhaft und fürchterlich, aber spätestens draussen an der frischen Luft und in der Sonne hatte man nicht mehr kalt. Zudem war der Strandboden ganz warm, und hier merkte man spätestens, dass der Vulkan eben nicht schläft, sondern noch aktiv ist. Wenn man nur 30 Zentimeter tief in den Strandboden gräbt, dann füllt sich das Loch mit Grundwasser, das etwa 30 Grad warm sein dürfte. Herrlich, seine Füsse so aufwärmen zu können. Leider aber hat diese Energie keinen Einfluss auf die Wassertemperatur. Die beträgt nur ein oder zwei Grad Celsius.

Ich beschliesse den Abend mit einem weiteren Besuch im «Hamptons», dem Spezialitätenrestaurant, und gönne mir ein T-Bone-Steak an diesem speziellen Tag. Nach dem Essen, das ich für mich alleine geniesse, rufen mich meine Tischnachbarn noch zu sich und wir plaudern noch ein bisschen über unsere Reise. Dabei freut mich ganz besonders eine Whatsapp-Nachricht, die mir Gerd, ein Passagier, zeigt, die er von seinem Freund Achim erhalten hat. Diesem gefallen meine Bilder im Blog. Ich sage auf diesem Weg «Herzlichen Dank!» für das Lob und widme ihm das Bild des Sonnenuntergangs an diesem aussergewöhnlichen Tag um 23.45 Uhr.

Freitag

9. DEZEMBER 2022

Eine Ruine und richtige Baumeister

Wieder heisst es früh raus aus dem Bett, denn auf uns wartet eine Kolonie von Adelie-Pingunen auf Paulet Island, «oder Toilet Island, wie wir die Insel auch nennen», sagt uns Gloria Debek vom Expeditionsteam. Doch ganz so übel ist der Geruch dann doch nicht, als wir aus dem Zodiac aussteigen.

Etwas erhöht von der Anlandestelle sind die Ruinen eines Steinhauses zu sehen. Es sind die Überreste einer schwedischen Expedition. Und einige der Pinguine nutzen nun die Mauern, um auf ihnen zu brüten.

Gleich neben der einstigen Hütte liegen und stehen aber noch Hunderte oder Tausende weitere Adelie-Pinguine, und jemand aus der Gruppe sieht einen Pinguin mit zwei frisch geschlüpften Jungen. Selbstverständlich ist dieses Motiv nun wieder x-fach auf irgendwelchen Speichermedien auf der «Hanseatic nature» zu finden, denn das Trio geniesst für einen Moment die ganze Aufmerksamkeit der Gruppe, die gerade an Land gekommen ist.

Die meisten der Tiere sind gleich vom Strand aus zu erblicken und vieles konzentriert sich rund um die Steinhausruinen, aber wenn man nur zwei Minuten weiter den Berg hinauf läuft, eröffnet sich einem wie eine Mulde mit einem zugefrorenen See. Auch dort finden sich viele Tiere.

Es sieht richtig putzig aus, wenn sie über den Schnee laufen. Manchmal wirken sie auch etwas unbeholfen, wenn sie ausrutschen auf dem Schnee oder über einen Stein stolpern. Man würde diese Tiere am liebsten knuddeln, aber als Richtabstand gelten fünf Meter, was nicht immer so leicht einzuhalten ist, wenn man sich auf ein Motiv konzentriert, zugleich aber hinten oder von der Seite her sich ein Pinguin nähert.

Die Adelie-Pinguine sind richtige Baumeister, denn sie schnappen sich mit ihrem Schnabel kleine und etwas grössere Steine und errichten mit diesen ein Nest. Sie bauen auch dann noch munter weiter, wenn der Partner bereits am brüten ist.

Bevor die jeweils üblichen 60 bis 75 Minuten an Land um sind, mache ich mich auf, um noch einmal einige Fotos bei der Ruine zu schiessen. Ich vergucke mich in ein Pinguinpaar, das gerade zwei Junge auf den Mauern ausgebrütet hat. Als der eine Elternteil zu mir blickt, mache ich ein Foto, welches ich bestimmt in mein Fotoalbum aufnehmen werde. Und bevor es mit dem Zodiac zurück aufs Schiff geht, gönne ich mir noch einige Minuten ohne Kamera und schaue dem Treiben auf Paulet Island einfach zu.

Am Nachmittag ist eine weitere Anlandung bei Brown Bluff geplant. Das Spezielle dabei: Wir würden das erste Mal den antarktischen Kontinent betreten. Die See ist etwas unruhig und es hat doch einige heftige Wellen. Die ersten zwei Farbgruppen (an diesem Tag Braun und Schwarz) sind bereits an Land gefahren worden, doch die dritte Gruppe (Weiss) lässt auf sich warten. Ich befürchte schon, dass uns ein Abbruch der Anlandung drohen könnte, und auch unser CH-Media-Fotograf Rudolf Hug geht davon aus, dass heute nicht alle Gruppen anlanden können, als ich ihn später unten im Stiefelraum sehe, nachdem er gerade mit dem Zodiac vom Strand zurückgekommen ist.

Innerlich bereite ich mich schon mal darauf vor, dass ich vielleicht zu jenen gehören könnte, die nicht die kontinentale Landmasse betreten können, weil ich heute zu den zweiten fünf Farbgruppen gehöre. Aber einmal mehr macht unsere Expeditionsleitung und vor allem unsere Zodiac-Crew einen fantastischen Job. Mit etwas Verzögerung bringen sie alle zehn Farbgruppen an Land, wo es eine Kolonie Adelie- und auch eine Kolonie Eselspinguine hat.

Wer will, der kann auch auf einen ziemlich steilen Hügel direkt am Strand hinaufkraxeln und dürfte dabei eine spektakuläre Aussicht haben. Ich bleibe jedoch unten und stürze mich auf die Tierwelt, wie die sich jeweils ins Wasser stürzt von den Eisbrocken, die ans Ufer angespült werden.

Auch die Eselspinguine sind Baumeister und schleppen unermüdlich Steine heran. Interessant auch die Auswahl der Steine, die sich mir nicht wirklich erschliesst, denn teilweise gehen die Tiere weite Wege, um einen Stein zu holen, obwohl rundherum genügend Steine liegen.

Nach etwas mehr als einer Stunde an Land, die wie immer viel zu kurz erscheint, geht es mit dem Zodiac zurück. Auf der Fahrt bleiben wir nicht ganz trocken, denn bei diesen Wellen ist es für die Zodiac-Fahrer fast unmöglich, den Spritzern aus dem Weg zu gehen, auch wenn sie sich sehr Mühe geben. Es kommt immer wieder mal vor, dass man eine volle Ladung erwischt. Aber man kann ja sogleich unter die warme Dusche hüpfen.

Wir verlassen Brown Bluff und nehmen Kurs in Richtung Norden auf Snow Island, wo wir am Samstagvormittag anlanden wollen. Nach dem Abendessen geniesse ich die Aussicht von meinem Balkon und stelle fest, dass nicht nur die Tierwelt spektakulär ist hier unten, sondern auch das offene Polarmeer beim Sonnenuntergang.

Donnerstag

8. DEZEMBER 2022

Seeleopard und Sekt im Zodiac

Heute Morgen wecken mich keine Sonnenstrahlen, sondern ein dumpfes Geräusch und ein Ruck, der durch unser Schiff geht. Als ob wir gegen etwas gefahren sind. Sind wir auch, wie ich sogleich bemerke, als ich die Vorhänge ziehe. Das ist eine Eisscholle gewesen, denn wir befinden uns nun im Weddell-Meer und die «Hanseatic nature» bahnt sich den Weg durch das Eis. Das Schauspiel wollen viele der Passagiere ganz vorne am Bug des Schiffes miterleben.

Es ist nun trotz des guten Wetters wirklich ziemlich kalt. Wer keine Handschuhe angezogen hat, der leidet nach einigen Fotos – und davon werden wieder viele gemacht. Teilweise haben die Eisschollen ein wunderschönes Blau unter dem Wasserspiegel, das jedoch richtig leuchtet.

Aber wir sind nicht alleine und entdecken zwei Schiffe, beide mit einem Helikopter auf dem Deck. Während das eine Schiff eher wie ein Forschungsschiff ausschaut, scheint das andere eine touristische Jacht zu sein. Von irgendwoher wird dann die Information verbreitet, dass auf der «Legend» maximal zwölf Touristen mitfahren, die eine ziemlich exklusive Antarktis-Reise machen können. Von einer halben Million spricht man, was das Ganze kosten soll. Helikopterflug über dem Weddell-Meer inklusive, denn der hebt wenig später ab für einen Rundflug von oben.

Auf die Schnelle finde ich im Internet auf einer Seite die Info, dass die «Legend» für eine Woche ab 595'000 Euro zu haben ist. Dazu dürften noch jede Menge Zusatzkosten kommen, und eine Fahrt in die Antarktis wird wohl um einiges teurer sein. Die Luxusjacht kann bis zu 26 Gäste beherbergen und hat nebst einem Helikopter auch noch ein U-Boot an Bord, das mit fünf Personen 200 Meter tief tauchen kann. Besitzer dieses 50-Millionen-Schiffes ist Eric Schmidt, ehemaliger CEO von Google. Ein Klacks für den Mann, der gemäss aktueller Forbes-Liste 16,6 Milliarden Dollar reich sein soll. Mein Neid hält sich trotzdem sehr stark in Grenzen. Ich bezweifle, dass die Passagiere der «Legend» mehr gesehen haben als wir auf der «Hanseatic nature» nach Beendigung der Expedition.

Kurz vor 14 Uhr stoppen wir neben eine grossen flachen Eisscholle. Offensichtlich plant unsere Expeditionsleitung eine Anlandung darauf – wenn man bei Eis überhaupt von Anlandung sprechen kann. Ein Duo erkundet die Scholle und betritt sie auch, doch es ist zu unsicher, denn am vorderen Rand bricht ein grosses Stück ab.

Eine Stunde später sitze ich dennoch im Zodiac. Wir setzen zwar keinen Fuss auf die Eisscholle, machen aber eine stündige Fahrt im Zodiac durch das Weddell-Meer, immer in Sichtweite zur «Hanseatic nature». Ein Highlight ist sicher der Seeleopard, der ganz in der Nähe des Schiffs auf einer Eisscholle liegt und nach Pinguinen Ausschau hält.

Das zweite Highlight - wenn man bei dieser fantastischen Fahrt überhaupt Höhepunkte herausheben will - folgt kurz bevor wir wieder aufs Schiff gehen. Einige Crew-Mitglieder haben doch tatsächlich in einem Zodiac eine kleine Bar eingerichtet und versorgen uns mit einem Glas Sekt.

Am Abend gibt es plötzlich Aufregung hoch oben auf Deck 8 in der Observation Lounge, wo einige Dutzend Passagiere nach dem leckeren Abendessen – einer unserer Köche hat den ganzen Tag Sushi zubereitet – sich noch einen oder mehrere Drinks genehmigen und gute Gespräche führen. Kurz vor 23 Uhr erblickt jemand auf einer Eisscholle einige Dutzend Pinguine. Unser Kapitän dreht mit dem Schiff extra eine Runde um diese Eisscholle, die wir somit von allen Seiten betrachten und natürlich hundertfach fotografieren können. Ein wunderschönes Bild zum Abschluss eines ebensolchen Tages.

Mittwoch

7. DEZEMBER 2022

Unser Koch als Hellseher

Zweiter Tag auf See auf dem Weg von Südgeorgien hinunter ins Weddell-Meer. Als ich von der Sonne geweckt werde kurz nach 5 Uhr kommt auch schon die erste Whatsapp-Nachricht aus der Heimat herein: «Albert Rösti ist neuer Bundesrat», schreibt mir meine Mutter. Ich ziehe den Vorhang etwas zu, denn die Gefahr ist gross, dass man sich durch die intensive Sonnenstrahlung selbst im Bett einen Sonnenbrand holt. Später, nach dem zweiten Aufwachen, lese ich dann noch einige Artikel zu den Bundesratswahlen in der Schweiz und gehe den Tag gemütlich an, indem ich bis zur erneuten Bio-Security-Kontrolle kurz vor Mittag im Zimmer bleibe und hin und wieder aus dem Balkon schaue. Das Wetter ist schön, die See ziemlich ruhig.

Beim Mittagessen staune ich nicht schlecht, als ich sehe, was es gibt: Rösti! Als ob es unser Koch geahnt hätte, wie die Wahl in die Schweizer Landesregierung ausgehen würde. Ich setze mich zu einem Herrn, der alleine an einem Zweiertisch sitzt. Wir kommen ins Gespräch und es stellt sich heraus, dass er der Vater unseres Kapitäns Dolf Jenckel ist. Herr Jenckel erzählt mir, dass man seinen Sohn erst vor wenigen Wochen angefragt hat, ob er für diese Fahrt einspringen könne. Zwar sei es die erste Fahrt des 38-jährigen Dolf Jenckel als Kapitän in der Antarktis, doch sein Sohn habe sein Herz an diese Gegend verloren, verrät mir sein Vater. Bereits 17-mal sei er hier unten schon unterwegs gewesen, und diese Erfahrung in diesen Gewässern sei mit ein Grund gewesen, dass die Reederei Dolf Jenckel als Kapitän haben wollte.

Auch der Vater unseres Kapitäns war schon einmal in der Antarktis. Vor zehn Jahren sei das gewesen. Doch so gute Bedingungen wie jetzt hätten sie damals nicht gehabt. Überhaupt sei das eine ganz aussergewöhnliche Fahrt. Das sagen alle auf dem Schiff. Selbst Maria, die auf dem Deck 6 für die Zimmer verantwortlich ist, erwähnt das heute. Und auch Herr Jenckel sagt, dass sei Sohn auf all diesen Fahrten eine solch grosse Walgruppe, wie wir sie am 2. Dezember kurz vor Südgeorgien erleben durften, nie gesehen habe. Insbesondere, dass die Tiere wirklich bis ans Schiff herangeschwommen seien.

Am Nachmittag macht die Runde unter den Passagieren, dass die «Hanseatic inspiration», das baugleiche Schwesterschiff unserer «Hanseatic nature», die ein paar Tage hinter uns dieselbe Route wie wir fährt, saumässiges Wetterpech habe. Keine einzige Anlandung hätten jene Passagiere in Südgeorgien machen können, weil es das Wetter nicht zuliess, dass man mit den Zodiac-Booten an den Strand fahren konnte. «Wahnsinn!», denke ich mir da, und mir schiessen all die Fotos nochmals durch den Kopf, die ich in diesen zweieinhalb Tagen in Südgeorgien machen durfte. Meine Reise wäre unendlich ärmer, wenn ich diese Eindrücke nicht hätte. Mir wird bewusst, welch Glück wir auf dieser Reise haben, dass gerade in diesem Gebiet im südlichen Polarmeer eben nichts selbstverständlich und planbar ist, auch wenn die Passagiere nicht wenig Geld für dieses Erlebnis bezahlt haben. Eine Garantie gibt es für nichts. Man ist von höheren Mächten abhängig.

Etwas später am Nachmittag wird Wolfgang Weitlaners Vortrag «Wem gehört die Antarktis?» von 16.45 Uhr um eine Viertelstunde nach hinten geschoben. Wir passieren gerade zu dieser Zeit einen sehr schönen und mächtigen Eisberg. Selbstverständlich nicht so gross wie der A-76A. Auch ein halbes Dutzend Finnwale werden noch gesichtet um halb sieben, aber so richtig aufs Bild bringe ich sie nicht.

Abgeschlossen wird der Tag mit dem äusserst spannenden Talk von Nik Hartmann mit Reinhold Messner, der von seiner Durchquerung der Antarktis erzählt. Auch dies ist ein äusserst grosses Privileg, eine solche Persönlichkeit wie Reinhold Messner mit an Bord zu haben, der am Südpol war und für uns aus dem Nähkästchen plaudert.

Dienstag

6. DEZEMBER 2022

Ein Eisberg? Nein, DER Eisberg!

6. Dezember, Samichlaustag, oder Nikolaustag in anderen deutschsprachigen Gebieten. Und wie wir ja am Vorabend beim Vortrag unseres Experten Udo Zöphel erfahren haben, ist der leibhaftige Nikolaus glücklicherweise mit uns an Bord.

Wie immer, wenn wir einen Tag auf See verbringen, läuft den ganzen Tag was im HanseAtrium. Das beginnt um 10 Uhr mit dem Vortrag von Wolfgang Weitlaner zur «Entdeckung der Antarktis», gefolgt von Rudolf Hugs Multimedia-Präsentation mit «Tiergeschichten aus aller Welt», wobei der CH-Media-Kolumnist sich vor allem auf Tiere in den Polarregionen beschränkt hat. In seinen Publikationen kommen jedoch wirklich Tiere aus aller Welt vor.

Am Nachmittag kann, wer möchte, sich von Bordfotograf Vitalii Panok seine Iris fotografieren lassen, bevor wir unsere Augen dann wieder brauchen für das Achtelfinale der Schweiz gegen Portugal. Erstaunlich, dass wir so weit weg im südlichen Polarmeer dennoch die Spiele der Fussballweltmeisterschaft mitverfolgen können. Aber wie es sich herausstellt, so ist das Spiel der Schweizer wahrlich kein Highlight und man würde die Partie lieber schnell vergessen.

Unvergesslich ist dann aber für jeden von uns, was danach am Abend noch folgt. Zuerst ist dies der Weihnachtsmarkt auf dem Pooldeck der «Hanseatic nature». Die ganze Crew hat dort ein kleines Weihnachtsdorf mit verschiedenen Ständen aufgestellt. Zum einen natürlich die kulinarischen Stände, wo es Suppe, Flammkuchen, Würste, Bratkartoffeln, süsse Crêpes, Heissgetränke und noch andere Köstlichkeiten gibt.

Aber es gibt auch noch Stände mit Spielen. Man kann sich beim Nageln oder beim Büchsenwerfen versuchen, Und dann gibt es noch den «einarmigen Banditen», wo drei der Crewmitglieder auf einer Bank sitzen und jeder gleichzeitig aus einem Sack zufällig eine Zitrone, eine Orange oder einen Apfel herausholt – und wenn alle drei dieselbe Frucht in der Hand halten, dann hat man gewonnen.

Und alles wird musikalisch umrahmt von Crewmitgliedern des Schiffs, die musikalisch oder leidenschaftlich genug sind, um zu singen, Instrumente zu spielen oder sonst für gute Laune zu sorgen.

Für drei Passagiere ist dieser Samichlaustag ebenfalls ein ganz spezieller. Roland Staerkle, Paul Langenegger und Nik Hartmann gehören alle einer Zuger Zunft an. Paul Langenegger ist in der Bauleutenzunft, Nik Hartmann in der Schreinerzunft und Roland Staerkle ist gar Obmann der Schneiderzunft. Als Mitglieder dieser Zünfte sei der erste Samstag im Dezember eigentlich ein Pflichttermin für sie, an dem sie nicht abwesend sein dürften. Dann jeweils ist der Chlausabend der Zünfter. Das war heuer am 3. Dezember. Weil nun aber die Antarktisreise vom Februar 2022 in den Dezember verschoben worden ist, würden ihre Mitzünfter wohl ausnahmsweise ein Auge zudrücken, meint Roland Staerkle.

Es gibt Fünf Zuger Zünfte, nebst den drei genannten noch die Fischerzunft und die Bäckerzunft. Am Chlausabend, besuchen sich alle Zünfte stets gegenseitig in ihren Zunftstuben. Gesellschaftlich sei es für die Mitglieder einer der wichtigsten Tage im Jahr, erzählt Staerkle, da auch die Frauen der Zünfter anwesend sein dürfen. Und ausgerechnet diesen Tag verpasst das Trio nun. Dafür werden sie am Abend des 6. Dezember mit etwas ganz Speziellem entschädigt.

Sie alle werden kurz nach halb zehn Uhr abends Zeuge von etwas, was wohl nicht viele Menschen auf der Welt schon mit eigenen Augen gesehen haben dürften. «Holt eure Kameras, gleich kommt ein grosser Eisberg», sagt einer der Passagiere, worauf ein Crewmitglied meint: «Nicht ein Eisberg, sondern DER Eisberg!» Nik Hartmann hat sich bereits vorher schlau gemacht und verrät mir die Dimensionen diese Ungetüms, das sogar einen Namen hat: A-76A. Es ist aktuell der grösste Eisberg der Welt.

Selbstverständlich haben wir alle geknipst wie wild und unzählige Fotos gemacht, aber eigentlich war es lächerlich, denn man kann diesen Eisberg nicht auf ein Foto bringen. Als ein Nasa-Satellit den Koloss am 31. Oktober noch fotografierte, betrugen seine Ausmasse – und nein, sie verlesen sich nicht – 135 Kilometer in der Länge und 26 Kilometer in der Breite. Zwischen 63 und 66 Meter ragen aus dem Wasser heraus, hat unser Navigationsoffizier Dennis Heyenga gemessen und zwischen 400 und 500 Meter verstecken sich noch unter Wasser. Der Eisberg ist flach wie ein Tafelberg. So etwas gebe es nur in der Antarktis, sagt mir Nik Hartmann.

Es sind unvorstellbare Dimensionen, die man wie geschrieben nicht aus einigen hundert Meter Entfernung auf ein Foto bringt. So nahe heran hat uns Kapitän Dolf Jenckel gefahren und dafür extra einen kleinen Umweg in Kauf genommen, der sich mehr als gelohnt hat. Vielleicht hätte man mit einer Drohne ein wenig mehr erahnen können von der Grösse, aber um Drohnen steigen zu lassen, braucht es eine spezielle Bewilligung, die man nicht einfach so bekommt.

Eisberg A-76A auf Wikipedia
https://de.wikipedia.org/wiki/A-76

Informationen auf der Seite des U.S. National Ice Center
https://usicecenter.gov/PressRelease/IcebergA76A_B_C

Mehr Informationen zu A-76A
https://www.livescience.com/icebreg-a76a-enters-drake-passage

A-76A auf der Seite der Nasa
https://earthobservatory.nasa.gov/images/150559/iceberg-a-76a-in-the-drake-passage

Nachdem wir den Eisberg A-76A hinter uns gelassen haben, gehr die Party auf dem Pooldeck noch weiter an der Crew Bar,

Montag

5. DEZEMBER 2022

Ein Festessen, ein Nebenbuhler und ein erster Eisberg

Auch am dritten Tag in Südgeorgien heisst es wieder früh raus aus den Federn. Ab 5.30 Uhr erfolgt der erste Aufruf zur Zodiac-Ausbootung. Auch hier dürfen maximal 100 Passagiere aufs Mal an Land sein, sodass wieder fünf Farbgruppen zuerst draussen sind, und die anderen fünf noch etwas liegen bleiben dürfen. Meine orangenen Kollegen und ich gehören zu diesen Glücklichen. Wir begeben uns erst um 7 Uhr herum hinunter auf Deck 3, ziehen wie immer unsere Gummistiefel an und steigen in die Gummistiefelwaschanlage. Es ist ein Ritual, das wir selbst am frühen Morgen mit kleinen Äuglein schon verinnerlicht haben.

Bereits seit vier Uhr liegt die «Hanseatic nature» in der Bucht von Gold Harbour vor Anker. Und eigentlich hätte sie schon früher dort sein können, denn die Distanz von der St. Andrews Bay, wo wir uns am Sonntagabend noch befunden haben, liegt nicht so weit von hier entfernt. Doch das Schiff kann nicht einfach in einer Bucht die Nacht verbringen. Das wäre für die Passagiere nicht wirklich angenehm, erklärt mir Dolf Jenckel. Und so musste unser Kapitän zuerst wieder etwas zurück nach Norden fahren, gar noch etwas nördlicher als Grytviken, um dann Gold Harbour anzusteuern.

Auch dort erwartet uns wieder eine fantastische Tierwelt. Allerdings hat es hier fast keine Pelzrobben. Wo wir an Land gehen, wird der Strand von Seeelefantenbullen, -kühen und -babys dominiert. Etwas weiter hinten folgt dann noch eine weitere grosse Kolonie von Königspinguinen. Ein einsamer Eselspinguin watschelt auch noch über den Strand, und Benno Lüthi erklärt mir, dass es etwas weiter oben noch eine kleine Kolonie dieser Tiere habe. Zu dieser dringen wir aber nicht vor. Müssen wir auch nicht, denn es gibt hier mehr als genug zu sehen.

Das Erste, was mir ins Auge sticht, ist ein Pinguinkadaver. Und daran laben sich gleichzeitig eine südgeorgische Skua, ein Riesensturmvogel und ein kleiner Seeelefant, wobei der Sturmvogel die Skua immer wieder verscheuchen will. Auch einige Weissgesicht-Scheidenschnabel und Dominikanermöwen fliegen oder laufen hier herum.

Einmal um 180 Grad gedreht, balgen sich da zwei junge Seeelefanten. Eigentlich ganz ähnlich, wie wenn die grossen Viecher aufeinander losgehen und ihre Revierkämpfe abhalten, einfach nur eine Nummer kleiner. Aber im Gegensatz zu den Riesen, die is zu vier Tonnen schwer werden können und deren Kampf mitzuverfolgen wirklich beeindruckend ist, sind diese zwei leichtgewichtigen Kontrahenten hier einfach nur süss. Insbesondere dann, als sie kurz voneinander ablassen und beide mich mit ihren grossen Augen anschauen. Ich könnte sogleich dahinschmelzen.

Etwa hundert Meter können wir noch laufen, bis wir an den Rand der Königspinguinkolonie kommen. Dort schauen unsere Guides, dass wir eine imaginäre Linie nicht überqueren und den Tieren nicht zu nahe kommen. Mit fällt ein Pärchen auf, das in dem Nieselregen etwas isoliert da steht. Ich versuche nun bei meinen Bildern nicht mehr einfach die grosse Masse zu fotografieren, sondern einzelne interessante Tiere zu finden. Logischerweise gleichen sich bei jeder Kolonie die Bilder ein wenig, auch wenn an sich jedes Bild schön und beeindruckend ist.

Dann gibt es ein Missverständnis zwischen Benno Lüthi und unserer Expeditionsleiterin Michaela Mayer. Benno fordert uns auf, langsam wieder zurückzugehen. Ich dachte zuerst, es könnte am regnerischen Wetter liegen, dass wir vor Ablauf der 75 Minuten wieder aufs Schiff zurück müssen. Oder aber die Zeit fliegt wirklich immer so schnell. Doch dann kommt die Info, dass wir doch noch etwas Zeit hätten. Ein Funkspruch ist falsch interpretiert worden. Ich geniesse deshalb einfach mal die Szenerie ohne durch den Sucher meiner Kamera zu schauen, nehme die Bilder in meinem Kopf auf. Auch das ist wunderschön.

Irgendwann erblicke ich ein zweites Paar Königspinguine, das auf einem Büschel Tussock-Gras steht und sich auch etwas von der Gruppe abgesondert hat. Ich kann nicht anders und zücke meine Kamera wieder. Nach wenigen Minuten kommt ein dritter Pinguin und wagt es doch tatsächlich, diese traute Zweisamkeit zu stören. Natürlich sehr zum Missfallen des Pärchens.

Er geht dann zwar weg, kommt aber von der anderen Seite wieder und zwickt das Paar mit seinem Schnabel. Zu gern wüsste ich mehr über diese Situation, und was die Tiere dabei denken.

Ich gehe danach zurück zu den Zodiacs, um auch dort noch einige Eindrücke aufzunehmen, bevor wir wieder einsteigen müssen in die kleinen Boote, die etwa acht bis zehn Passagieren und einem Zodiac-Piloten Platz bieten. Dabei will ich mich nun noch etwas den grossen Seeelefanten widmen, die ich bisher etwas vernachlässigt habe.

Zwei Tiere schlafen dicht beisammen und lassen sich auch nicht stören, dass da in der Nähe ein grosser Bulle immer wieder durch seine Nase röhrt und ein lautes Schnarchgeräusch produziert. Und auf der anderen Seite gehen zwei andere Bullen aufeinander los.

So ganz heftig ist es aber nicht. Sie lassen immer wieder voneinander ab, legen sich wieder nebeneinander hin und dann geht das Spiel, bzw. der Kampf, wieder von vorne los.

Kurz danach werden wir zurück auf die «Hanseatic nature» gefahren, wo die letzten Passagiere kurz nach 9 Uhr eintreffen. Zurück auf dem Schiff kommt alsbald die Durchsage, dass wir den geplanten Ausflug mit dem Zodiac ganz im Süden von Südgeorgien, bei Cooper Bay, ins Wasser fallen lassen. Die Wetterprognosen seien nicht gut, sagt Kapitän Dolf Jenckel, sodass man sich in Absprache mit der Expeditionsleitung entschieden habe, schon früher in Richtung Antarktis zu fahren, um dort mehr Zeit zu haben. Eine Entscheidung, die die meisten Passagiere begrüssen, denn die letzten zwei Tage waren sehr intensiv und alle etwas müde. Auch im Kopf muss man all diese fantastischen Eindrücke erst verarbeiten.

Und uns wird auch bewusst, dass wir bisher mit dem Wetter unheimlich viel Glück gehabt haben. Es ist der erste Tag, an dem es regnet und sogar für kurze Zeit hagelt. Sonst haben wir meist Sonnenschein oder zumindest keinen Niederschlag gehabt. Nach einem kleinen Nickerchen vor dem Mittagessen erblicke ich von meinem Balkon aus einen ersten kleinen Eisberg. Dass dieser Eisberg wirklich winzig klein ist, werde ich einen Tag später eindrucksvoll erfahren.

Ein Highlight folgt dann noch am Abend. Udo Zöphel, einer unserer Experten an Bord, erzählt von «MOSAiC», der grössten Arktis-Expedition aller Zeiten, bei der er teilnehmen durfte als Bearguard, also als Sicherheitsmann, der unter anderem die übrigen Teilnehmer vor Eisbären schützen musste. In eindrucksvollen Bildern und Videosequenzen schildert er uns von seinen Erlebnissen im Winter 2019/2020 in unmittelbarer Nähe des Nordpols. Die eineinhalb Stunden von 21.30 bis 23 Uhr vergehen wie im Nu und trotz der fortgeschrittenen Zeit würden wohl die meisten der Anwesenden im HanseAtrium noch weiter zuhören.

Basis dieser Expedition war damals das deutsche Forschungsschiff Polarstern, das nur wenige Kilometer vom geografischen Nordpol entfernt im Eis eingeschlossen lag. Just jenes Schiff, dem wir gestern Sonntag in der East Cumberland Bay begegneten, als wir den Nordenskjöld Gletscher besichtigten. Für Udo Zöphel war das deshalb ein ganz besonderer Augenblick.

Und eine lustige Anekdote hat er uns auch noch erzählt. So sei er vor dem Weihnachtsabend vom Expeditionsleiter angefragt worden, ob er – und damals sei sein Bart noch etwas länger gewesen – nicht für die Crew den Weihnachtsmann spielen könne. Er kenne ja viele Leute, so Zöphel, die den Weihnachtsmann gespielt hätten, und auch einige, die am Nordpol gewesen seien. «Aber ich bin wohl der erste, der den Weihnachtsmann am Nordpol gespielt hat. Manchmal glaube ich deshalb, ich bin es wirklich», sagt unser Experte, bevor er vom Publikum viel Applaus erhält und es ins Bett geht.

Sonntag

4. DEZEMBER 2022

Die grösste Kolonie in Südgeorgien

Nach dem Besuch in Grytviken nehmen wir Kurs auf die St. Andrews Bay, wo die grösste Kolonie von Königspinguinen in Südgeorgien mit bis zu 200'000 Tieren leben soll. Leider führt der Fluss, der zwischen Anlandestelle und Kolonie liegt, ziemlich viel Gletscherschmelzwasser mit sich, sodass wir nicht hinüber können. Geplant wäre gewesen, auf einen Hügel auf der anderen Seite zu steigen, und von oben die Kolonie zu betrachten.

Aber auch aus der Ferne ist die Menge der Pinguine beeindruckend. Immerhin hat es auch auf unserer Seite des Flusses jede Menge Tiere. Von einigen Dutzend Seeelefanten über Hunderte von Pelzrobben bis hin zu Skuas und selbstverständlich unzählige Pinguine. Viele von ihnen stehen entlang des Flusses und kühlen ihre Füsse im eisigen Wasser. Anscheinend braucht die Mauser, in der sich viele der Pinguine befinden, viel Energie, und die Tiere brauchen deshalb eine Abkühlung.

Einige der Pelzrobben sind doch etwas aggressiv. Eine verhält sich wie ein Appenzeller Bläss, der jeden Wanderer, der an seinem Hof vorbeiläuft, anbellt und ein paar Schritte auf ihn zu macht, dann aber wieder umkehrt. Grossmehrheitlich lassen sich die Tiere aber nicht stören von uns.

Auch wenn wir auf dem Land nicht näher an die Pinguinkolonie heran konnten, so durften wir doch noch vor der Rückkehr auf das Schiff mit den Zodiacs entlang des Ufers fahren und hatten so einen besseren Blick auf die riesige Anzahl der Königspinguine. Auch der zweite Tag in Südgeorgien liess alle Passagiere zufrieden und müde ins Bett sinken, denn am Montag heisst es wieder früh aufstehen.

Sonntag

4. DEZEMBER 2022

Am Grab von Shackleton

Unserer Expeditionsleiterin Michaela Mayer ahnte es, als sie am Samstagabend die Passagiere gefragt hatte, wer denn alles am Sonntagmorgen auf eine Zodiac-Rundfahrt zum Nordenskjöld Gletscher mitkommen würde. Und obwohl die ersten Fahrten bereits um 4.30 Uhr angesetzt waren, wollten über 90 Prozent der Passagiere mit. «Sch...», entfuhr es da Michaela Mayer spontan, auch wenn sie das selbstverständlich mit Humor gemeint hatte, aber das bedeutete für unsere Expeditionsleiterin ein sehr frühes Aufstehen, denn bis all die Boote jeweils bereit gestellt sind, braucht es immer auch einige Vorlaufzeit. Und wenn mit den Zodiacs eine Anlandung geplant ist, dann muss das Expeditionsteam die mögliche Anlandestelle auch immer noch zuvor rekognoszieren. Wir Passagiere können da vergleichsweise noch lange im Bett bleiben, bis unsere Farbgruppe über die Bordlautsprecher aufgerufen wird.

Dennoch ergeht es mir gleich wie Michaela, und ich denke ebenfalls «Sch...», als es um 4.44 Uhr heisst: «Nun ist die Gruppe Orange an der Reihe. Viel Vergnügen!» Viel Schlaf hat's in dieser Nacht nicht gegeben. Und die Luft ist nun merklich eisig durch den gewaltigen Gletscher, der da ins Wasser ragt. Zahlreiche abgebrochene Eisstücke treiben da auf dem Wasser. Es ist halt wie bei einem Drink, der mit Eiswürfeln gekühlt wird.

Aber wenn man dann einmal draussen im Boot sitzt, dann hat man all die Müdigkeit vergessen und beginnt, die vielen ungewöhnlichen Eindrücke aufzusaugen. Jonas, der Fahrer unseres Zodiacs, umschifft die Eisbrocken so gut es geht und fährt mit uns näher zum Gletscher heran. Teilweise schwimmen da auch grössere Brocken herum, die wunderschöne Formen und diese eisblaue Farbe haben.

Auf der Rückfahrt zu unserem Schiff fahren wir auch noch an der «Polarstern» vorbei, ein deutsches Forschungsschiff, das auch gerade in der East Cumberland Bay liegt. Wieder an Bord wartet eine unerwartete und leckere Überraschung auf uns. Mit Samichlausmütze warten am Morgen dieses zweiten Adventssonntags Mitglieder der Crew auf uns und verteilen Christstollen und heissen Kakao. Fast eine Stunde sind wir mit dem Zodiac unterwegs gewesen, nun geht es weiter nach Grytviken, wo wir so gegen 7 Uhr eintreffen werden.

Das erste Gebäude, das wir sehen, ist das Museum, dem auch noch ein Shop angegliedert ist. Selbstverständlich wird dieser – wie immer, wenn ein Schiff ankommt – einen schönen Umsatz machen. Der Erlös fliesst allerdings ganz in den South Georgia Heritage Trust ( www.sght.org ), der sich dem Erhalt dieser einzigartigen Welt verschrieben hat. Sonst würde ich wohl kaum zehn Franken für einen Kühlschrankmagneten ausgeben, aber hier schon. Und auch meine Mitreisenden kaufen T-Shirts, Pullover und sonstige Souvenirs ein. Man wird ja wahrscheinlich nicht mehr so schnell hierher kommen.

Ich gehe aber zuallererst ins Postbüro, wo ich mir zwei Ersttagsbriefe vom 40. Jahrestag des Falklandkrieges und vom 100-Jahr-Jubiläum von Shackletons Todestag (beides im Jahr 2022) kaufe. Dazu noch einen blauen Hoodie mit dem Wappen von Südgeorgien sowie fünf Ansichtskarten, die ich von hier aus verschicke. Von viel weiter südlich wird man wohl keine Post verschicken können.

Dennoch bin ich nicht der erste im Postbüro. Richtig, unser Experte Wolfgang Weitlaner steht bereits wieder am Schalter und spricht mit dem jungen Angestellten. Er ist einer von rund 30 Personen, die im Sommer hier leben. Dazu kommen noch die vier Frauen aus dem Museumsshop, der offizielle Vertreter der britischen Regierung, der hier mit seiner Frau die Stellung hält, um den Anspruch Grossbritanniens zu untermauern, und einige Forscher. Im Winterhalbjahr schrumpft dann die Einwohnerzahl von Grytviken auf rund zehn Leute.

Wolfgang rät mir von den Münzen ab, weil das keine offiziellen Kursmünzen seien, nur Erinnerungsmünzen. Ich folge seinem Rat und schicke auch an mich selbst eine Ansichtskarte. Damit ich mir nichts schreiben muss, drucke ich einige von den Spassstempeln mit Walen oder mit dem Logo von Grytviken auf das Textfeld. Dazu noch einige Karten an meine Eltern, meine Frau und mein Göttimeitli und fertig. Schliesslich gibt es noch einiges zu sehen hier, bevor um 11.15 Uhr eine kleine Zeremonie auf dem Friedhof beginnt.

Ich eile zunächst zur Kirche und denke mir, als ich sie betrete, ob da überhaupt noch Gottesdienste abgehalten werden. Von einem Geistlichen, der hier leben würde, ist mir allerdings nichts bekannt. Aber viel mehr Zeit als für ein paar Fotos habe ich leider nicht. Auch durchs Museum laufe ich ziemlich schnell, denn der Friedhof liegt doch etwa fünf Minuten Fussmarsch entfernt von den Gebäuden. Ich sehe schon jetzt, dass ich wieder einmal viel zu wenig Zeit habe, um alles machen zu können.

Und auf dem Weg zum Friedhof werde ich von tollen Sujets aufgehalten, die ich unbedingt noch fotografieren will. Etwa die Pelzrobbe, die da friedlich vor den verrosteten Gerätschaften döst und nur kurz den Kopf hebt, als ich an ihr vorbeilaufe.

Den Beginn der Zeremonie verpasse ich somit knapp, komme aber gerade noch rechtzeitig, um auch noch ein Glas Rum zu erhalten und auf Sir Ernest Shackleton an dessen Grab anzustossen und – so macht man das anscheinend – ein wenig Rum darauf zu kippen. Aber ich höre aus den Gesprächen der Passagiere heraus, dass Kapitän Dolf Jenckel eine schöne Rede gehalten habe.

Auf dem Weg zurück zu den Zodiacs, die uns Punkt Mittag wieder zum Schiff zurückfahren, begegnen wir noch einem Seeelefantenbullen, der da auf dem Weg zum Friedhof hinauf mitten auf dem Weg liegt. Und weil Tiere hier auf Südgeorgien immer Vorrang haben, machen wir alle einen Bogen um ihn herum.

Samstag

3. DEZEMBER 2022

Verlassene Fabrik und verletzte Tiere

Gegen 14.30 Uhr fahren wir in die Stromness Bay hinein. Es ist die nächstgelegene Bucht der Fortuna Bay gegen Osten hin. Wir nehmen Kurs auf Stromness, wo eine alte, verlassene Walfabrik steht. Allerdings darf man sich dieser nur noch bis auf 200 Meter nähern. Zum einen, weil jederzeit Teile sich von den Gebäuden lösen und so Menschen verletzen könnten, und zum andern, weil die Gebäude auch mit Asbest kontaminiert sind. Für einen Fotografen natürlich schade, denn solche verlassenen Fabriken bieten immer tolle Sujets.

Etwa eine Stunde später, kurz nach halb vier, sind dann auch die letzten Passagiere von Bord und an Land. Wir gehen den Wanderern entgegen, die bereits über dem Pass und auf dem Abstieg sind. Rund drei Stunden, mit einer nahrhaften Steigung gleich zu Beginn von Fortuna Bay hoch in Richtung Pass, werden die «Shackleton Walker» letztlich unterwegs sein.

Und vielleicht – je nach Windrichtung – werden die Wanderer auch schon von weit oben einen strengen Geruch wahrgenommen haben. Auf dem Schiff jedenfalls haben wir den Gestank der Robben bereits weit draussen in der Bucht in der Nase, als die Walfangstation noch kaum zu sehen ist.

An Land können wir uns dann einigermassen frei bewegen in einem bestimmten Korridor. Überall liegen Robben, und zwischen ihnen bahnen sich einige Königspinguine ihren Weg ans Wasser. Doch ganz so ungefährlich ist das nicht, denn plötzlich rennt wieder ein Bulle über das Gelände und nimmt keine Rücksicht – weder auf die kleinen Pinguine, noch auf die jungen Robben, die zum Teil alleine irgendwo herumliegen und nach ihrer Mutter rufen.

Einige der Robben haben ernsthafte Verletzungen am Kopf, die aus Kämpfen entstanden sind. Benno Lüthi sagt mir, dass die Tiere zwar einiges einstecken können und hart im Nehmen sind, aber dass solche Verletzungen auch eine Infektion auslösen können, woran die Tiere dann letztendlich auch sterben.

Samstag

3. DEZEMBER 2022

Anlandung auf Südgeorgien

Am frühen Samstagmorgen sind wir in zwei Tranchen auf Südgeorgien an Land gegangen – und zwar in Whistle Cove in der Fortuna Bay. Es durften nicht mehr als hundert Leute an Land sein, deswegen waren die ersten fünf Farbgruppen kurz nach sechs Uhr dran, die zweiten fünf Farbgruppen rund eineinhalb Stunden später. Für einmal war ich ganz froh, zur zweiten Gruppe zu gehören und etwas später an Land gehen zu können.

Dort erwarteten uns nicht nur Königspinguine, deren Kolonie mit etwa 70'000 Tieren unser Ziel war nach einem Kilometer Fussmarsch, sondern auch jede Menge Robben. Allerdings waren die Bullen etwas aggressiv, sodass wir in Einerkolonne zwischen unseren Führern vom Strand bis zur Kolonie watschelten – fast wie die Pinguine.

Gegen 10.30 Uhr waren dann sämtliche Passagiere wieder an Bord und es gab eine kurze Pause für jene, die von Fortuna Bay über den Berg nach Stromness wandern. Ich habe mich entschieden, mit dem Schiff nach Stromness zu fahren und von dort den Wanderern entgegen zu gehen. Zwar verpasse ich so den «Shackleton Walk», aber dafür habe ich dort mehr Zeit, um Tiere zu fotografieren, was meine Priorität ist.

Folgend einige meiner Fotos von Whistle Cove und der dortigen Königspinguinkolonie.

Freitag

2. DEZEMBER 2022

Die Schweiz gewinnt gegen Serbien
und Nik Hartmann muss sich den Buckelwalen geschlagen geben

Am Freitag um Viertel nach zwei war das HanseAtrium wieder proppenvoll – oder «pumpevoll» wie wir Schweizer sagen. Reinhold Messner hatte einen weiteren Auftritt. Er erzählte den Passagieren von der berühmten Shackleton-Expedition in die Antarktis, die ihn und seine Mannen unter anderem auch nach Südgeorgien brachte, wo wir nun die nächsten drei Tage verbringen werden.

Heute Nachmittag werden einige der Passagiere noch auf eine rund vierstündige Wanderung gehen und den letzten Teil von Shackletons Weg in Südgeorgien gehen – sozusagen auf seinen Spuren wandern, ganz der Profi, hatte Messner seine Vortragszeit im Griff, denn er wusste, dass in eineinhalb Stunden die Schweiz das entscheidende WM-Spiel gegen Serbien spielen würde.

Auch hier war der Multimediasaal wieder sehr gut gefüllt, und auch unser Conferencier und Moderator Nik Hartmann schaute sich die Partie mit seinem Vater an, der ebenfalls mit auf dem Schiff ist. Nach dem Sieg der Schweiz ging es für Nik Hartmann um 18.30 Uhr nahtlos weiter mit dem Pre Cap, also der allabendlichen Vorbereitung auf den nächsten Tag, bei der er jeweils mit immer wieder wechselnden Gästen plaudert und Informationen an die Schiffsgäste abgibt.

Aber diesmal musste sich Nik Hartmann geschlagen geben, bevor er überhaupt richtig loslegen konnte, denn per Bordlautsprecher ertönte die Information, dass zahlreiche Wale im Blickfeld seien und der Kapitän nun die Motoren drosseln werde, damit wir das spektakuläre Schauspiel der vorbeiziehenden Tiere geniessen können.

Alle strömten auf das Deck mit ihren Kameras, und wir wurden belohnt mit wahrscheinlich mehr als hundert Buckelwalen, die immer wieder ihre Fontänen spritzen liessen und uns vor allem ihre Rücken und hin und wieder auch ihre Flossen zeigten. Man wusste teilweise gar nicht mehr, wohin man schauen sollte und auf welche Fontäne man sich konzentrieren sollte beim Fotografieren.

Und im Schlepptau der Wale quasi waren auch ganz viele Wanderalbatrosse sowie weitere Vögel zu sehen. Rund eine halbe Stunde dauerte dieses Spektakel, bevor wir uns dann zum Abendessen in die drei verschiedenen Restaurants begeben haben.

Freitag

2. DEZEMBER 2022

Staubsaugerparty vor Südgeorgien

Zweiter Seetag auf dem Weg von den Falklandinseln nach Südgeorgien und wieder einiges los im HanseAtrium, dem grossen Saal auf der «Hanseatic nature», wo wir Versammlungen abhalten, Vorträge hören und Filme und Fernseh schauen. Begonnen hat alles am Vormittag mit der Bio-Security Kontrolle. Zuerst informierte uns Benno Lüthi ganz genau über die Verhaltensregeln auf Südgeorgien. So darf man beispielsweise keine Taschen oder Rucksäcke auf den Boden stellen, man darf auch nicht hinliegen – und man darf vor allem keine fremden Samen einschleppen.

Das wird von den örtlichen Behörden peinlichst genau geprüft und deshalb hat die Expeditionsleitung im Anschluss an die Infos bei allen Passagieren eine sogenannte «Staubsaugerparty» durchgeführt, also eine Kontrolle der Kleider, der Taschen und der Fotostative, ob da auch wirklich keine organischen Rückstände zu sehen sind.

Vor allem in den Klettverschlüssen bleibt gerne etwas hängen. Mit einer speziellen Bürste werden deshalb auch hier sämtliche potenziellen Gefahrenherde eliminiert, was einem bei der Anlandung auf Südgeorgien einen Strich durch die Rechnung machen könnte.

Und anschliessend an dieses Prozedere musste noch jeder runter zum grossen Raum, wo unsere Gummistiefel gelagert sind, um diese zu putzen, zu schrubben und dann zur Kontrolle vorzulegen. Zuletzt mussten auch alle Passagiere noch unterschreiben, dass sie die Verhaltensregeln zur Kenntnis genommen haben und diese befolgen werden. Ohne diese Unterschrift kein Zutritt auf Südgeorgien. Und all diese Unterschriften mussten am Vorabend der Anlandung auf Südgeorgien an die zuständigen Behörden verschickt werden.

Freitag

2. DEZEMBER 2022

Uns allen geht es gut!

Im Laufe des Freitagvormittags machte auf der «Hanseatic nature» die Runde, dass es auf einem Schiff auf dem Weg von der Antarktis nach Ushuaia zu einem Todesfall gekommen sei. Anscheinend soll eine Riesenwelle das Schiff «Viking Polaris» erfasst haben und als Folge davon haben sich vier Personen verletzt und eine amerikanische Passagierin sei gestorben, berichten mehrere Medien wie etwa die «Welt»: Hier geht's zum Artikel

Wir auf der «Hanseatic nature» sind jedoch alle wohlauf und haben zwar hin und wieder starken Wellengang, doch das Wetter ist soweit gut. Unser Kapitän Dolf Jenckel führt uns sicher übers Meer. Soeben haben wir die «Shag Rocks» passiert, zwei Felsengruppen auf halber Strecke zwischen den Falklandinseln und Südgeorgien, wo wir morgen in der Früh eintreffen sollten und eine erste Anlandung machen. Die «Shag Rocks» sind übrigens so weiss, weil die Vögel auf den Felsen etwas hinterlassen.

Donnerstag

1. DEZEMBER 2022

Faulenzertag

Nein, liebe Leserinnen und Leser, das mit dem Faulenzer trifft längst nicht auf alle Passagiere zu, sondern vor allem auf mich. Aber ich beginne mit meinem Highlight des Tages, das allerdings erst um 21.30 Uhr begonnen hat. Die Menschen auf der «Hanseatic nature» sind nämlich in den Genuss einer ganz besonderen Filmpremiere gekommen. Reinhold Messner präsentierte uns seinen Film «Sturm am Manaslu», der bald in die Kinos kommt, den wir aber bereits exklusiv vorab sehen durften.

Der Film handelt von der Tiroler Expedition, bestehend aus sieben Bergsteigern, die sich auf zum Gipfel des Manaslu im Himalayagebirge gemacht haben. Zwei der sieben Teilnehmer kamen jedoch am Berg in einem Schneesturm ums Leben. Nun, 50 Jahre danach, sind die fünf Überlebenden von damals bei Reinhold Messner zusammengekommen und haben die Ereignisse Revue passieren lassen. Nebst den teilweise beklemmenden Erinnerungen und Erzählungen sind auch Originalfunksprüche zu hören, und gewisse Szenen wurden von Schauspielern nachgestellt. Ein äusserst eindrücklicher und kurzweiliger Film, auch wenn ein Grossteil des Films Gesprächsszenen bei Tisch zeigt.

Besonders war für das Publikum auch, dass Reinhold Messner im Anschluss daran Fragen beantwortete. Wohl nicht nur für mich war dies der Höhepunkt des 1. Dezembers auf hoher See, irgendwo zwischen den Falklandinseln und Südgeorgien. Einige verdauten die nicht leichte Kost noch mit einem Drink an der Bar, bevor sie sich ins Bett gelegt haben.

Genau dort, im Bett oder zumindest im Zimmer verbrachte ich den grossen Teil des Tages und war doch bei sämtlichen Vorträgen dabei. Der Liveübertragung im Schiffs-TV sei dank. Um 10 Uhr gab Benno Lüthi einen Einblick in die Forschungsergebnisse seiner Stiftung Antarctic Research Trust, die das Wanderverhalten von Königspinguinen studiert hatte. Ebenfalls eindrücklich, dass die Tiere dabei weit über 10'000 Kilometer zurücklegen.

Thematisch knüpfte Lektorin und Biologin Franziska Güpner am späten Nachmittag daran an, als sie die verschiedenen Arten der Pinguine, die wir im Laufe unserer Reise zu sehen bekommen, vorstellte. Dazwischen hielt unser Fotograf Rudolf Hug noch einen Vortrag über die Grundlagen der Fotografie. Die technischen Aspekte der Kamera und die Wunder des menschlichen Sehens kamen dabei ebenso zur Sprache wie Bildkomposition und Tipps und Tricks bei den Einstellungen zum möglichst perfekten Bild. Schön ist aber auch, dass man sich jederzeit mit Fragen rund um die Fotografie und die Kamera an Ruedi wenden kann.

Und gleich noch zwei weitere Dinge habe ich mir am Bildschirm im Zimmer angesehen. Das tägliche Pre Cap mit Nik Hartmann, wo er schon mal einen Blick voraus auf Südgeorgien warf, und die Schlussphase des WM-Spiels Deutschland gegen Costa Rica. Auch da warf jemand, Japan und Spanien, nämlich die deutsche Mannschaft aus dem Turnier. Einige waren der Ansicht, dass die Spanier extra gegen Japan verloren hätten, damit diese Konstellation zustande gekommen ist.

Und nicht zu vergessen die grosse «Pölser-Party» über Mittag auf dem Pooldeck. Pölser sind dänische Würste, dazu gab es noch Käsespätzle und Gulaschsuppe sowie wärmende Getränke. Da ich jedoch spät gefrühstückt hatte, liess ich diesen kulinarischen Event aus und schrieb meinen Blogeintrag. Nur auf der faulen Haut bin ich dann doch nicht gelegen.

Mittwoch

30. NovEMBER 2022

Eine Legende, ein Sammler und eine vertrauenswürdige Person

Welch ein Auftakt für diese Antarktis-Reise! Welch ein Tag voller Emotionen! Klar, es ist schon fünf Tage her, als die meisten von uns in Zürich aufgebrochen sind in Richtung Südamerika, mit dem Zwischenhalt in Buenos Aires und der Einschiffung und der unfreiwilligen Verlängerung in Ushuaia. Aber ganz ehrlich, bisher fühlte es sich eher an wie eine luxuriöse Schiffsreise und nicht wie eine Expedition. An diesem Gefühl konnte auch das Whale Watching am gestrigen Tag nichts ändern. Wir sind bis gestern Nacht in einer Komfortzone geblieben – ausser vielleicht jene, die sich täglich von Fitnesscoach Jonas quälen lassen.

Doch spätestens heute in der Früh, als um 5 Uhr die Durchsage kam, wann welche Passagiere ihr Zodiac besteigen sollen, da war fertig mit der lustigen und bequemen Schiffsreise. Wer wollte, konnte sich die Wartezeit bis zur Abfahrt seiner Farbgruppe – jeder Passagier ist einer von zehn Farben zugeteilt – mit einem Frühstück, das seinem Namen alle Ehre machte, überbrücken. Ich habe mich lieber noch etwas hingelegt und gewartet, bis über die Bordlautsprecher meine Farbe Orange aufgerufen wurde. Okay, es war also bis sechs Uhr noch bequem. Dann ging es aber los: Nach dem Zwiebelprinzip sich angezogen, dazu die Regenhose und die Gummistiefel. «Ihr werdet nass», haben sie uns gesagt. Doch die beiden wichtigsten Utensilien bei so einem Landgang mit dem Gummiboot mit Motor sind die Zodiac-Weste und wie immer unsere Bordkarte. Die Weste ist eine Art Schwimmweste, die sich jedoch erst beim Kontakt mit Wasser explosionsartig aufbläst und einen über Wasser halten sollte. Und mit der Karte muss man sich jedes Mal beim Verlassen des Schiffes ausloggen und bei der Rückkehr wieder einloggen. So weiss das System immer genau, ob alle an Bord sind, oder ob jemand noch fehlt.

Wir lagen am Volunteer Beach auf der östlichen Falklandinsel vor Anker, etwa 30 Kilometer Luftlinie nördlich der Hauptstadt Stanley. Weil das Wasser dort ziemlich seicht ist, mussten die «Hanseatic nature» ziemlich weit draussen stoppen. Die Fahrt mit den Motorbooten an den Strand dauerte eine gute Viertelstunde. Zumindest die Orangenen wurden nicht nass. Ein paar Spritzer, aber sonst nichts. Am Strand warteten bereits Matrosen des Schiffs und halfen uns beim Ausstieg, so wie wir es in der Theorie mitgeteilt erhielten. Perfekter feiner und weisser Sand lag da um 6.45 Uhr vor uns und auch schon einige Pinguine warteten zur Begrüssung. Es folgte ein knapp 30-minütiger Spaziergang zur Kolonie, doch auf dem Weg dorthin ergaben sich immer wieder tolle Motive für ein Bild, sodass es etwas länger dauerte.

Die Crew instruierte uns, dass wir fünf Meter Abstand von den Tieren halten sollen. Das war gar nicht immer so einfach. Wenn man sich mal in Position für ein Foto gebracht hatte, konnte es schon mal vorkommen, dass einer oder mehrere neugierige Pinguine auf einen zu liefen oder zumindest dicht vorbei. Bei einigen hatte man gar das Gefühl, sie posieren für uns. Und einer, der fiel mich gar hinterrücks an, als ich in der Hocke war, und knabberte plötzlich an meinem Fotorucksack und an meinen Beinen. Ich war irritiert und erstarrte, weil ich nicht genau wusste, wie ich mich nun verhalten sollte, um das Tier nicht zu erschrecken.

Zum Glück erlöste mich unser Pinguinexperte Benno Lüthi mit der Aufforderung, ich solle einfach weglaufen. Etwas mehr als eine Stunde konnten wir da verbringen, bevor es wieder zurück zu den Zodiacs ging. Benno Lüthi war quasi der Besenwagen. Er schaute, dass nichts zurückblieb und er genoss es sichtlich, für einen Augenblick mit seinen Tieren alleine zu sein.

Die Rückfahrt zum Schiff war dann nicht mehr so ruhig wie die Hinfahrt zum Strand. Also zu Beginn schon, aber beim Versuch, mit dem Zodiac anzulegen, hatte es doch ziemlich starke Wellen, denen unser Bootsführer Jonas so gut es ging auswich. Aber auch er konnte mit seiner Erfahrung nicht verhindern, dass einige Wellen voll ins Boot schwappten. Nichts war mehr mit kleinen Spritzern, das war eine veritable Salzwasserdusche. Aber nach ein paar Versuchen konnten auch wir wieder an Bord gehen über den Seiteneingang beim Schiff. Wieder eingeloggt mit der Karte und die Gummistiefel in der Stiefelwaschanlage gereinigt.

Am Nachmittag stand noch der Landgang in Stanley auf dem Programm. Mit dem Tender, der knapp hundert Personen Platz bietet, fuhren wir trockenen Fusses in die Hauptstadt. Wobei Hauptstadt doch etwas vermessen ist, denn es ist wirklich nur ein Dorf mit seinen rund 2500 Einwohnern. An der einen Strasse der Küste entlang findet man alles, was Stanley zu bieten hat und was wichtig ist: Touristenbüro, Souvenirläden, Supermarkt, Bank, Polizei, Post, Museum und Regierungsgebäude.

Viele besuchten das Museum, das auf Vorzeigen der Bordkarte kostenlos war. Für eine tiefgehende Besichtigung fehlte die Zeit, aber ein paar Eindrücke konnte man mitnehmen.

Mitnehmen konnte man auch Briefmarken beim Postamt nebenan, was auch einige Philatelisten unter uns taten. Unser Experte Wolfgang Weitlaner sass schon im kleinen Raum und schrieb einige Postkarten, während andere sich die letzten Ausgaben der Marken zum Thronjubiläum der Queen schnappten.

Ich wollte später nochmals vorbeikommen, um mir einen Satz britische Pfund zu kaufen. Es gibt fünf verschiedene 50-Pence-Münzen mit dem Kopf eines Pinguins darauf: Königspinguin, Eselspinguin, Goldschopfpinguin, Magellan-Pinguin und Felsenpinguin. Nach einem kurzen Streifzug durch Stanley kam ich also kurz vor 17 Uhr wieder bei der Post an – doch die war bereits geschlossen. Entweder haben die Passagiere der «Hanseatic nature» alles leer gekauft, oder aber die Postmitarbeiterinnen wollten etwas früher in den Feierabend. Ich ging deshalb zu einem Pop-up-Store, der mir im Museum empfohlen wurde, wo ein Mann sei, der auch Münzen verkaufe.

Als ich dort ankam, traf ich wieder auf Wolfgang, der angeregt mit dem Verkäufer diskutierte. Dieser sei eine Legende auf den Falklandinseln, erklärte mir Wolfgang, der nicht zum ersten Mal bei Phil Middleton einkauft. Und so kam ich doch noch zu meinen Münzen und ich erstand auch noch einen ganzen Satz Falkland-Münzen und einen druckfrischen Fünf-Pfund-Schein mit dem Konterfei von Queen Elizabeth II., denn diese würden nun sukzessive eingezogen, erklärte mir Wolfgang, und mit Noten von King Charles III. ersetzt.

Ein Problem gab es jedoch: Ich hatte nur eine Kreditkarte und Phil kein Lesegerät dafür. Nur Bares ist Wahres gilt auch bei Phil auf den Falklands, nicht nur in Argentinien. «Is he a trusted person», fragte Phil Wolfgang und zeigte auf mich. Und Wolfgang bestätigte, dass ich vertrauenswürdig sei. Nun kann ich die 33 Pfund für meinen Einkauf bei Phil Middleton später von Zuhause aus per Paypal an ihn überweisen. Den Plüschpinguin für mein Göttimeitli und den Kühlschrankmagneten konnte ich im Souvenirladen dann wieder mit Kreditkarte bezahlen.

Am Abend hatte ich eine Reservierung im «Hamptons». Das ist das Spezialitätenrestaurant auf dem Schiff, das sich der nordamerikanischen Crossover-Küche mit Schwerpunkt Gegrilltes verschrieben hat. Ich verzichte nun darauf, mein ganzes Geburtstagsmenü niederzuschreiben und den Leserinnen und Lesern des Blogs das Wasser im Mund zusammenlaufen zu lassen, aber es war wirklich jeder der Gänge sensationell angerichtet und zubereitet, garniert mit der gewohnten Herzlichkeit des Personals. Einen schöneren Geburtstagsausklang hätte ich mir nicht wünschen können – ausser vielleicht, dass ich nicht aufs weite Meer, sondern in die Augen meiner Frau hätte schauen können.

Mittwoch

30. NOVEMBER 2022

Schreiben ist Silber, Zeigen ist Gold

Mehr Text wird es später geben über unsere erste Anlandung mit den Zodiac Booten in einer Bucht auf den Falklandinseln. Ich lasse lieber einige Bilder sprechen, was wir heute ganz früh am Morgen erleben durften. Alle sind wohlbehalten aber teilweise klatschnass zurück auf das Schiff gekommen, und alle haben Bilder mitgenommen – im Kopf und in der Kamera –, die für die Ewigkeit bleiben.

Dienstag

29. NOVEMBER 2022

Umkämpfte Inseln und Frühaufsteher

Morgen Mittwoch sind wir auf den Falklandinseln. Passend dazu hat Experte Wolfgang Weitlaner um 21.30 Uhr noch seinen Vortrag gehalten, der eigentlich schon gestern Montagnachmittag vorgesehen war, aber da befanden sich ja die meisten Passagiere auf dem Landgang in Ushuaia. Wolfgang ist ein Journalistenkollege, der – wie ich jetzt – vor einigen Jahren auf eine Pressereise in die Antarktis mit durfte und dabei an diese Gegend sein Herz verlor. Damit er hierher zurückkehren konnte, arbeitet er nun als Lektor und hält Vorträge wie eben über die Geschichte der Falklandinseln. Und diese Geschichte ist ja auch wirklich sehr spannend und nicht unkompliziert, bei all den wechselnden Besitzverhältnissen und Konflikten, von denen der Falklandkrieg 1982 den meisten Teilnehmern dieser Reise noch in Erinnerung sein dürfte.

Argentinien unter seiner Militärdiktatur besetzte am 2. April die Islas Malvinas. Malvinas ist der spanische Name für die Inseln, deren Bewohner jedoch britischer sind als die Einwohner im Mutterland. Das Empire unter der Eisernen Lady Margaret Thatcher schlug jedoch sogleich zurück, und der Krieg endete bereits am 14. Juni mit dem Sieg der Briten, was dann in der Folge auch zum Sturz der Militärjunta führte und im Dezember 1983 die Demokratie zurück nach Argentinien brachte. Leider liessen über 900 Menschen ihr Leben in diesem Krieg.

Ein äusserst kurzer Abriss der Ereignisse vor 40 Jahren, doch Wolfgang Weitlaner hat in seinem Vortrag auch die Zeit davor und danach beleuchtet und er hat für die kurzweilige Präsentation von seinem Publikum zurecht Applaus erhalten. Zumindest von den etwa 40 Personen, die im HanseAtrium dabei waren. Viele dürften den Vortrag jedoch aus ihrem Bett mitverfolgt haben. Auf einem der Fernsehkanäle kann man auch aus seinem Zimmer mitverfolgen, was die Experten jeweils zu erzählen haben. Und weil wir morgen in aller Früh aus den Federn müssen, haben wohl nicht wenige auf diese Möglichkeit zurückgegriffen.

In aller Früh bedeutet also etwa keineswegs erst um halb acht. Nicht dass die Daheimgebliebenen denken, wir lägen hier auf der faulen Haut auf unserer Reise. Bereits um 5.30 Uhr erfolgt die Ausbootung mit den Zodiac Booten in einer Bucht unweit der Hauptstadt Stanley. Anscheinend sollen wir da die ersten Pinguine auf unserer Reise sehen – wenn wir mal von all den Plüschpinguinen in den Souvenirläden von Ushuaia absehen. Meinem Göttimeitli (der Schweizer Ausdruck für Patentochter) habe ich übrigens versprochen, einen Pinguin mitzubringen. Aber hier muss ich wohl doch wieder auf die Plüschvariante zurückgreifen.

Sonst verlief unser Tag auf See eher geruhsam nach der Aufregung der Walsichtung. Unser Conferencier Nik Hartmann hat am späten Nachmittag in seinem ersten Pre Cap der Reise mit Kapitän Dolf Jenckel geplaudert und ihn nochmals zu den Gründen der Verzögerung befragt. Das nicht funktionierende Steuerungselement der Antriebsmaschine sei so noch nie vorgekommen, hat dieser gesagt. Anschliessend lud Dolf Jenckel vor dem Abendessen noch zum «Kapitäns-Willkommens-Cocktail» auf dem Pooldeck, auf dem den ganzen Tag über etliche Passagiere sich von der Sonne bräunen liessen. Wehe dem aber, der den Sonnenschutz vergessen hat. Hier unten hat man nach kürzester Zeit einen Sonnenbrand, wenn man sich nicht eincremt. Erst recht, wenn man einen so herrlichen und wolkenfreien Tag wie heute erlebt.

Danke!

Ich beende den heutigen Blogeintrag, indem ich «Danke!» sage. Zuerst einmal den aufmerksamen Leserinnen und Lesern meines Blogs. Und mit aufmerksam meine ich selbstverständlich auch all jene, die mich auf den etwas peinlichen Typo aufmerksam gemacht haben, nachdem ich geschrieben habe, ich hätte versucht, «in kurzen Hosen und Flipflops den kalten Wind zu ignorieren». Zu meiner Verteidigung muss ich sagen, dass die Buchstaben s und d auf der Tastatur gleich nebeneinanderliegen und die Rechtschreibkorrektur beide Worte als richtig einstuft – nicht nur die Hosen. Jedenfalls haben sich daraus einige lustige Gespräche mit vielen Passagieren an Bord ergeben, und wenn ich einigen ein Lächeln aufs Gesicht zaubern konnte, dann freut mich das. Sollte jemand eine Anregung oder einen Wunsch haben, über was ich mal berichten sollte an Bord, so kann man mich per E-mail unter manuel.nagel@chmedia.ch erreichen.

Danke an die Experten, die einem jederzeit für Fragen zu Verfügung stehen und nicht in ihrem Elfenbeinturm sitzen, an all die fleissigen Hände, die uns den Aufenthalt auf dem Schiff zu etwas Besonderem machen. In der sechsten Etage ist dies zum Beispiel Maria und ihr Housekeeping-Team, die uns die Kabine so herrichten, dass wir uns wohlfühlen, oder die Bedienung im Restaurant, die uns trotz Maske jeweils sichtbar ein Lächeln schenkt, unsere Wünsche erfüllt und uns wie Könige fühlen lässt. Und natürlich ein Dankeschön an die Küche, die uns nicht nur kulinarisch, sondern auch optisch verwöhnt.

Danke auch meinen Mitpassagieren, von denen viele nach nur wenigen gemeinsamen Tagen einem schon sehr vertraut vorkommen, auch wenn man sich nicht an jeden Namen erinnern kann. Die Aussage der Crew am ersten Abend auf dem Schiff, dass man zusammen mit den 160 Passagieren sich im Laufe der Reise wie eine grosse Familie fühle, die ist nicht einfach so dahergeredet. Vielleicht ist dieses Gefühl bei einer solch speziellen Reise noch etwas ausgeprägter, als wenn man eine andere Destination als die Antarktis ansteuert. Für mich als Alleinreisenden ist dies mit der «grossen Familie» nicht unwesentlich, da ich am (mittlerweile) heutigen 30. November meinen Geburtstag ohne meine Liebsten feiern muss. Es wird aber dennoch ein unvergesslicher Tag für mich auf den Falklandinseln werden, davon bin ich überzeugt.

Dienstag

29. NOVEMBER 2022

«Wale auf Steuerbord!»

Gerade als ich dabei bin, den vorherigen Blogbeitrag zum Vortrag von Benno Lüthi zu schreiben, ertönt aus den Bordlautsprechern wieder die Stimme des Kapitäns. Auf Steuerbord seien Wale gesichtet worden. Schnell das grosse Teleobjektiv montiert und raus aus der Kabine aufs obere Deck gestürmt. Auf dem Weg dorthin fragt ein Passagier, welche Seite denn Steuerbord sei. «Im Zweifelsfall dort, wo alle Leute mit ihren Fotoapparaten und Ferngläsern stehen», sage ich lachend – und so ist es dann auch, als wir oben ankommen.

Einer unserer Experten für die Tierwelt in der Antarktis teilt den Passagieren mit, dass gleich mehrere Arten von Walen um unser Schiff herumschwimmen: Grindwale, Finnwale und noch eine Art, deren Name mir in der Aufregung entfallen ist. Aber den Stundenglasdelfin konnte ich mir merken. Und unser Experte wird später sagen, dass er diese Tiere auch zum ersten Mal sieht. Welch ein Schauspiel, das sich uns bietet! Überall kommen immer wieder Tiere an die Wasseroberfläche, irgendwo zischt eine Wasserfontäne hoch darüber kreisen Sturmvögel.

Einige - ich inklusive - haben keine Zeit mehr gehabt, eine Jacke oder Handschuhe anzuziehen. Ich versuche, in kurzen Hosen und Flipflops den kalten Wind zu ignorieren. «Da muss man nun durch», sagt der Experte schmunzelnd. Das geht die ersten 20 Minuten so einigermassen, dann aber siegt die Vernunft doch noch und ich hole zumindest eine warme Jacke und Handschuhe.

Zur gleichen Zeit hätte im HanseAtrium der nächste Vortrag über Vögel stattfinden sollen. Undankbar für die Expertin. Da hätte sich wohl niemand zu ihr verirrt. Der Vortrag wurde nun auf 15 Uhr verschoben. So flexibel muss man auf hoher See sein.

Dienstag

29. NOVEMBER 2022

Besuch auf Hummock Island nur virtuell

Nach dem Frühstück hat Benno Lüthi um zehn Uhr zu einem Vortrag im HanseAtrium eingeladen, dem wohl etwas mehr als hundert Leute gefolgt sein dürften. Thema: «Hummock Island – Ein Naturschutzprojekt des Antarctic Research Trust (ART)».

1997 war Benno Lüthi Mitbegründer der Stiftung «Antarctic Research Trust», die er ausserdem präsidiert und in dessen Funktion er sich seitdem für den Schutz der antarktischen Tierwelt engagiert.

Antarctic Research Trust

Das Ziel der Stiftung Antarctic Research Trust (ART) ist wissenschaftliche Forschungsprojekte an antarktischen und subantarktischen Tieren durchzuführen bzw. zu unterstützen, um diese Tiere und ihren Lebensraum besser schützen zu können. Den Schwerpunkt der Forschung bildet die Ernährungsökologie von Pinguinen im Südwest-Atlantik.
Die durch die Forschung des ART gewonnenen Erkenntnisse werden nicht nur in der wissenschaftlichen Fachliteratur und diversen Medien publiziert, sondern auch den verantwortlichen Regierungsstellen und Umweltschutz-Organisationen zur Verfügung gestellt.
www.antarctic-research.org

Seit 2004 ist Benno Lüthi bei Feldarbeiten bei verschiedenen Forschungsprojekten auf den Falklandinseln, aber auch in Argentinien und Chile tätig. Er ist Co-Autor von etwa 20 wissenschaftlichen Publikationen und Buchkapiteln. Seit 1997 bereist Benno Lüthi regelmässig die Antarktis, zuerst als Passagier, dann auf verschiedenen Schiffen im Expeditionsteam.

Vor einigen Jahren konnte die Stiftung ART die Insel dem damaligen Besitzer, einem Farmer, abkaufen. Dieser hatte Schafe und Pferde auf der Insel, die etwa vier Kilometer lang und an den meisten Stellen rund 500 Meter breit ist. In den letzten Jahren waren Forscherinnen und Forscher im Auftrag von ART damit beschäftigt, die abgeweidete und erodierte Insel wieder in ihren ursprünglichen Zustand zu versetzen. Dazu pflanzten sie mehr als 100'000 Büschel Tussock-Gras an, das für die dort heimische Tierwelt so wichtig ist.

Leider können wir aufgrund der Verzögerung Hummock Island nicht besuchen. Heute Dienstag wäre die Anlandung geplant gewesen. Doch zumindest virtuell hat uns Benno Lüthi mit auf die Insel genommen und eindrücklich von deren Entwicklung in den letzten Jahren erzählt.

Montag

28. NOVEMBER 2022

Endlich geht es los!

Die Borddurchsage von Kapitän Dolf Jenckel kommt um halb zehn Uhr abends unerwartet früh, denn bis 22 Uhr hatten die Passagiere ja noch Landgang. Doch nun seien auch noch die letzten Crewmitglieder eingetroffen, man werde in Kürze ablegen. Die Passagiere seien herzlich eingeladen auf einen «Sail-away-Drink» auf Deck 8 und 9. Eine Stunde zuvor sah man noch einen wunderschönen Regenbogen in der Bucht von Ushuaia.

Um Viertel vor zehn war es dann endlich so weit – mit fast 24 Stunden Verspätung. Die meisten Gäste wollen sich diesen Augenblick nicht entgehen lassen, wie wir losfahren und den Hafen von Ushuaia immer weiter hinter uns lassen. Viele haben einen «Port Tonic» vom Servicepersonal in die Hand gedrückt erhalten. Das sei der klassische Drink, wenn ein Schiff ausläuft. Portwein mit Tonic Water. Es gibt aber auch Gin Tonic vom Barmann.

«Vielleicht hat es diese Verzögerung auch gebraucht», sinniert Jeanette aus der Ostschweiz, damit man erkenne, dass eben nicht alles so selbstverständlich sei, wie man es immer gerne hätte. Nun würden sich alle noch mehr freuen, dass es endlich losgehe. Diese Freude sieht man auch Tina und Uli an. Ursprünglich aus Deutschland, sind sie nun in Österreich zu Hause und haben die Reise über Ruefa, das Partnerreiseunternehmen von Background Tours gebucht. Das Paar macht ein Selfie mit Ushuaia im Rücken.

Das belebte Zentrum der Hauptstadt von Feuerland war am Tag von vielen Passagieren besucht worden. Es hat dort viele Läden und Einkaufsmöglichkeiten an der wichtigsten Strasse, der Avenida San Martin. Aber schön ist sie nicht wirklich, auch wenn es einige pittoreske Stellen hat. Noch viel mehr hat es in dieser Strasse jedoch Souvenirläden und Sportgeschäfte, die Adventure-Kleidung anbieten, denn die Gegend ist ein Paradies für Mountainbiking, Trekking, Wandern und so weiter.

Als Ushuaia schon eine halbe Stunde hinter uns liegt, kommt uns Steuerbord die «Hanseatic inspiration» entgegen, das Schwesterschiff der «Hanseatic nature». Mit einem lautem «Tuut» begrüsst man sich. Ich plaudere dann noch ein wenig mit Christoph und Daniela aus dem Rheintal. Christoph und ich trafen uns zufällig am letzten Silvester in Davos via einen gemeinsamen Bekannten, mit dem ich mich auf einen spontanen Glühwein verabredet habe. Und nun treffen wir uns wieder am «Ende der Welt», mehr als 13'000 Kilometer von der Heimat entfernt. Die grosse weite Welt ist manchmal klein.

Den Abend lassen dann ein gutes Dutzend Gäste in der Observation Lounge ausklingen und Barfrau Svitlana sorgt dafür, dass niemand auf dem Trockenen sitzt, während unsere Schiffspianistin Magdalena Majerova sanfte Töne spielt. Kurz nach Mitternacht wünsche ich mir von ihr das Stück «Die Moldau» von Bedřich Smetana, bevor ich auch in die Kabine zurückkehre. Zufrieden und dankbar, dass das Abenteuer nun endlich losgegangen ist.

Montag

28. NOVEMBER 2022

Hopp Schwiiz!

Wir sind immer noch in Ushuaia. Ein Teil muss ausgebaut und ausgetauscht, sowie die Software neu installiert werden. Das dauert aber bestimmt bis zum Abend. Deshalb hat sich der Kapitän entschieden, den Passagieren Landgang bis um 22 Uhr zu gewähren. Statt das Meer sehen wir also heute Ushuaia. Viele nutzen die Gelegenheit, um in die Stadt zu gehen. Aber rund ein Viertel der 160 Passagiere schauen sich um 13 Uhr noch das WM-Spiel der Schweizer gegen Brasilien an. Da zuvor Serbien und Kamerun unentschieden gespielt haben, ändert sich die Ausgangslage für die Schweiz nicht gross – egal ob wir nun unentschieden spielen oder verlieren. Lediglich ein Sieg gegen den grossen WM-Favoriten hätte uns wirklich etwas gebracht. So hält sich die Enttäuschung trotz des späten 1:0-Siegtreffers der Brasilianer in Grenzen. So richtig mitfiebern tun wir aktuell sowieso nicht mit irgendwelchen Fussballern, sondern mit den Technikern der «Hanseatic nature», dass diese den Defekt möglichst bald beheben können.

Am Vormittag haben wir zuerst noch unsere warme Expeditionsjacke und die Gummistiefel gefasst. Gleich anschliessend gab es eine Instruktion, wie man sich auf den Zodiacs, den Schlauchbooten vom Schiff zum Festland, zu verhalten hat. Wir hoffen alle, dass wir diese Theorie schon bald in die Praxis umsetzen können.

Montag

28. NOVEMBER 2022

Technisches Problem hält uns noch zurück in Ushuaia

Acht Uhr morgens hier in Ushuaia. Leider hat sich die «Hanseatic nature» noch nicht bewegt. Vor einer halben Stunde kam die Durchsage des Kapitäns, dass zwar gestern am späten Abend die Bewilligung endlich eingetroffen war und man losfahren wollte, doch dann offenbarte sich ein technisches Problem. Bereits die ganze Nacht sind Techniker daran, das Problem zu lokalisieren und zu lösen, und Kapitän Dolf Jenckel ist guter Dinge, dass wir im Laufe des Vormittags auslaufen können.

Im Restaurant Lido ist schon allerhand los, das prächtige Buffet mit vielerlei Fisch gut besucht. Auch bei der ersten Mahlzeit am Tag werden wir kulinarisch verwöhnt. Wer allerdings noch früher als sieben Uhr aufgestanden ist, der konnte sich in der Observation Lounge schon mal einen Kaffee und etwas Gebäck nehmen. Für die kommenden Tage weiss ich nun, dass man für eine heisse Schokolade eine grosse Tasse nehmen muss. Mit der mittleren Tasse lief es mir über, aber der nette Kellner beseitigte diese Spuren mit einem Lachen.

Nicht das einzige Malheur, das mir heute in der Früh passiert ist. Da ich nach meinem letzten Blog-Eintrag heute um halb fünf Uhr nicht mehr schlafen gehen wollte, zog ich irgendwann die Badehose und den Bademantel an, um mich in den Whirlpool auf Deck 8 zu setzen. Dummerweise blieb die Zugangskarte für die Kabine in ebendieser, und statt mit dem Lift hoch auf Deck 8 fuhr ich somit runter zur Reception auf Deck 4. Auch dort wieder kam mir ein Lachen entgegen, verbunden mit den Worten: «Ach, das passiert häufig.»

Von neun Uhr an können die Passagiere Gummistiefel und eine Expeditionsjacke anprobieren und fassen, um Viertel nach zehn gibt es dann noch eine Einführung für die Zodiac-Boote, mit denen wir jeweils anlanden werden. Später am Nachmittag – um nur einen der vielen Programmpunkte zu erwähnen – gibt es ausserdem noch einen Vortrag über die «Falklandinseln als Spiegel der Weltgeschichte». Ach ja, und um 12.45 Uhr trifft man sich auch noch für ein Fussballspiel. Die Schweiz spielt gegen Brasilien. Langweilig wird es einem bestimmt nicht.

Sonntag

27. NOVEMBER 2022

Ankunft am «Ende der Welt»

Nach einem intensiven Tag bin ich irgendwann so gegen 23 Uhr eingeschlafen – und kurz nach drei Uhr wieder erwacht. Die «Hanseatic nature» steht noch immer im Hafen von Ushuaia, obwohl Kapitän Dolf Jenckel eigentlich um 22.30 Uhr auslaufen wollte. Aber bevor ich eingenickt bin, habe ich noch seine Borddurchsage gehört, dass man auf die Freigabe warte und die argentinischen Behörden mitunter etwas seltsam seien in diesen Dingen. Offenbar sind sie gerade etwas sehr seltsam. Aber der Blick auf die südlichste Stadt der Welt in der Nacht ist wunderschön, während in der Schweiz und Österreich bereits wieder der Tag angebrochen ist.

Bevor wir aber mit dem ersten Tag auf Schiff starten, ein kurzer Blick zurück auf den Sonntag. Um 11.30 Uhr der Transfer zum Flughafen, nach 40 Minuten Fahrtzeit dort, alles wie geplant. Die Wartezeit beim Security Check erschien einem zwar etwas lange, die Schlange aus unseren 160 Teilnehmerinnen und Teilnehmern noch länger, aber letztlich ging auch dies flott vonstatten. Und so konnte unsere Chartermaschine bereits um 14.22 Uhr abheben, acht Minuten vor dem Zeitplan.

Kurz vor halb sechs die Landung in Ushuaia, und eine Stunde später waren die ersten Passagiere bereits auf dem Schiff und getestet. Wer das Glück hatte, seinen Koffer schon früh vom Gepäckband nehmen zu können und im ersten Bus zu sitzen, der konnte von seinem Balkon aus beobachten, wie die restlichen fünf Busse ankamen und die Insassen grüppchenweise an Bord geführt wurden.

Insassen ist ein gutes Stichwort, denn Ushuaia war einst eine Strafkolonie am Ende der Welt. Damit kokettiert die Stadt auch, nennt sich selbst «Das Ende der Welt». Mittlerweile würden hier rund 80'000 Menschen leben, meint unsere Touristenführerin, die im Bus mitfährt. Sie hat auch einige überraschende Infos über ihre Heimatstadt parat. Etwa die Aussprache. Offensichtlich spricht man die Stadt hier «Ussuaja» und nicht «Uschuaja» aus. Und man habe hier nur 36 Sonnentage im Jahr. Dieser 27. November, der erste Advent, war einer davon. Alle Bewohner der Stadt würden deshalb dreimal im Jahr zusätzliches Vitamin D erhalten. Auf die Frage aus dem Bus, weshalb es denn trotzdem so viele Menschen hierher zieht und die Stadt in den letzten 15 Jahre um mehr als 20'000 Menschen gewachsen sei, antwortet unsere Führerin, dass die Regierung viel dafür mache, dass «Das Ende der Welt» attraktiv sei. So könne man etwa nach 25 Arbeitsjahren hier unten bereits in Pension, man sei zollbefreit und es hätten sich namhafte Firmen hier angesiedelt, für die man etwa Tablets oder Kühlschränke produziere.

So kalt wie im Kühlschrank ist es noch nicht, aber von den 28 Grad in Buenos Aires kann man hier unten gleich mal die Hälfte abziehen. Dennoch lassen es sich einige Passagiere nicht nehmen, ihr Abendessen draussen an Deck einzunehmen. Es schon kurz nach dem Bezug der Kabine ein feines Buffet. Da sind solch leckere Dinge zu finden wie kleine Büsumer Krabben oder ein Kalbstatar zur Vorspeise, ein zarter Rehrücken mit vielerlei Beilagen und einer Pilzsauce oder kleinen Wiener Schnitzeln mit Preiselbeersauce. Selbst das Mousse au Chocolat als eines von mehreren Desserts ist ein kleines Kunstwerk.

Dabei wurden wir schon kurz nach dem Bezug der Kabine mit einem Glas Sekt und drei kleinen Häppchen willkommen geheissen von der jeweiligen Cabin Stewardess. In meinem Fall heisst sie Maria, und die hat mir auch gleich erklärt, wie das mit dem Licht in der Kabine funktioniere.

Und falls dann das Glas Sekt leer sein sollte, steht da noch eine kleine Flasche im Kühler.Ich hebe mir die aber für irgendwann später auf, denn um 22 Uhr findet noch für alle Passagiere obligatorisch die Übung mit der Rettungsweste statt. Da sollte man ja nicht gleich beschwipst sein.

Das ganze Atrium ist voll von Menschen, die etwas orangefarbenes um den Kopf tragen. Nach etwa einer halben Stunde können wir wieder auf unser Zimmer, um die Abfahrt mitzuverfolgen.

Mittlerweile ist es kurz vor vier Uhr morgens, noch immer stehen wir in Ushuaia und auch hier bricht bereits der Tag an.

Sonntag

27. NOVEMBER 2022

Nur Bares ist Wahres

Adrian, unser argentinischer Tourguide mit deutschen Wurzeln, der uns vom Flughafen abgeholt hat, hatte es im Bus zum Hotel erwähnt: Wer auf der Strasse in sogenannten «Höhlen» Geld wechselt, fährt viel besser, als wenn man mit Kreditkarte bezahlt. Ein Beispiel: Der alkoholfreie Cocktail gestern Abend in der Crystal Bar hat 2400 argentinische Pesos gekostet. Das Hotel rechnet mit dem offiziellen Wechselkurs von 1:172, was rund 14 US Dollar entspricht. Wechsle ich aber in einer dieser «Höhlen» – das sind jedoch ganz legale und offizielle Wechselstuben – dann erhalte ich für diese 14 US Dollar 4170 argentinische Pesos (Wechselkurs 1:298), also rund 75 Prozent mehr. Dieser Kurs wird «blu» genannt, also blauer Kurs.

Dumm nur, wenn man sich als Tourist gedacht hat, dass man hier doch das Meiste mit Kreditkarte bezahlt oder halt Geld aus dem Automaten bezieht. Auch dort gilt der offizielle Kurs. Nur Bares ist deshalb Wahres. Aber Adrian hat auch hier eine Lösung parat für den unvorbereiteten Touristen. Man solle sich doch über Western Union Geld schicken lassen. Das geht ganz einfach über die Kreditkarte und wenige Minuten nach dem Auftrag kann man an einer der WU-Stellen sein Geld abholen. Und der Kurs ist da sogar noch besser. Für einen Franken erhält man 342.5 argentinische Pesos.

Aber die nächsten zweieinhalb Wochen brauchen wir keine Pesos mehr. Die Währung auf unserem Schiff ist Euro. Um 11.30 Uhr erfolgt der Transfer zum Flughafen, also um 15.30 Uhr mitteleuropäische Zeit. Das Charterflugzeug hebt dann um 14.30 Uhr ab in Richtung Ushuaia. So haben wir noch genug Zeit gehabt, um ausführlich zu frühstücken. Das Frühstück im Hotel Alvear Icon nimmt man übrigens im 31. Stock zu sich, eine Etage unterhalb der Crystal Bar. Auch am Tag ist die Aussicht dort spektakulär.

Samstag

26. NOVEMBER 2022

Kurzer Abstecher in den Sommer

Fussball oder Stadtrundfahrt? Keine einfache Entscheidung, ich spekuliere mal auf beides und beginne um 14 Uhr die Fahrt in einem der vier Busse – mit der Option, etwas früher auszusteigen. Oder verbunden mit der Hoffnung, dass der Fahrer selber das Spiel sehen will und etwas aufs Gaspedal drückt. Unser Fahrer heisst Walter, die Fremdenführerin Karin. Von den Namen her könnten sie also locker als Schweizer durchgehen.

Erster Stopp ist die «Plaza de Mayo». Der Platz ist selbstverständlich nicht nach der Mayonaise benannt, sondern nach dem Monat Mai. Etwa 20 Minuten haben wir Zeit, um die Catedral Metropolitana anzusehen, wo einst Papst Franziskus wirkte, bevor er als Stellvertreter Gottes nach Rom befördert worden ist. Ausserdem steht inmitten des Platzes noch die Pirámide de Mayo. An den Gittern rund um diese Pyramide seien zur Zeit sehr viele Zettel angebracht, weil vor kurzer Zeit eine der «Madres de Plaza de Mayo» gestorben sei. Diese Mütter des Platzes der Mairevolution standen am Anfang einer Bewegung, die heute eine der wichtigsten Menschenrechtsorganisationen Argentiniens sind. Sie protestierten zur Zeit der Militärdiktatur gegen das Verschwinden ihrer Kinder. Mehr Infos gibt es unter dem Link oben.

Zweiter Stopp ist das Viertel La Boca. Gelb und Blau sind dort die vorherrschenden Farben, denn sie stehen auch für den Club Atlético Boca Juniors. Das ist jener Fussballklub, bei dem Diego Armando Maradona gross wurde. Also dessen Grösse, die blieb irgendwann bei 1.65 Meter stehen, aber für die Menschen im Viertel La Boca zählt diese messbare Grösse natürlich nicht. Unsere Stadtführerin Karin verrät, dass sie da mit Walter in Konkurrenz stehe. Er unterstütze die Boca Juniors, sie hingegen sei eine Anhängerin von River Plate, dem grossen Rivalen von Boca, ebenfalls aus Buenos Aires. Wir fahren am Stadion von Boca vorbei, das den Namen «La Bombonera» trägt – die Pralinenschachtel. Und an jeder Ecke kann man in irgendeinem Shop Trikots von Boca oder Argentinien kaufen. Es ist nicht das Prachtsviertel von Buenos Aires, und am Abend sei es nicht ratsam, hierher zu kommen. Aber tagsüber hat es viele Touristen, die sich die vielen bunten Häuser anschauen.

Dritter und letzter Stopp ist dann die Mauer des «Cementerio de la Recoleta», ein Promifriedhof mit Mausoleen. Zwar liegt nicht Maradona hier begraben, aber immerhin Eva Perón, die bei uns durch das Musical «Evita» und das Lied «Don’t Cry For Me Argentina» von Madonna bekannt wurde. Dass die an Krebs sehr früh gestorbene Präsidentengattin ausgerechnet auf diesem Friedhof der Reichen und der Oberklasse beerdigt sei, passe jedoch nicht, meint Karin, weil sie sich eigentlich immer für die Unterschicht eingesetzt habe.

Neben dem Friedhof sind einige Strassencafés, in denen die Menschen schon gebannt auf den Bildschirm starren. Es steht immer noch 0:0 zwischen Argentinien und Mexiko. Bislang haben wir und auch Walter noch nicht wirklich etwas verpasst. Und das Timing stimmt, der Bus fährt zurück ins Hotel, die zweite Halbzeit können wir noch mitverfolgen. Ich suche eine Bar direkt am Kanal der Speicherstadt auf, gleich bei der Frauenbrücke. In der 64. Minute grenzenloser Jubel, als Argentinien das 1:0 in dem Spiel, das es unbedingt gewinnen muss, schiesst. Torschütze? Na klar, Superstar Lionel Messi. Kurz vor Schluss macht dann Enzo Fernandez mit dem 2:0 alles klar. Die Argentinier müssen also nicht vorzeitig heimfliegen aus Katar. Sie können immer noch Weltmeister werden.

Den ganzen Tag über ist es ziemlich warm gewesen. Wer mit der Daunenjacke der «Expedition Antarktis» angereist ist, der hat sie im Hotel gelassen, denn die Temperaturen haben heute in der argentinischen Hauptstadt fast 30 Grad betragen. Bevor es morgen Sonntag in den kühlen Süden geht, ist der heutige Tag so etwas wie ein kurzer Abstecher für einen Tag in den Sommer gewesen – wobei ja hier auf der Südhalbkugel auch tatsächlich Sommer ist.

Den Abend verbringt das Team von CH Media, Background Tours und Ruefa Reisen noch in einem Steak-Restaurant, das ebenfalls an diesem Kanal in der Speicherstadt liegt, und den Schlummertrunk gibt es in der Crystal Bar im 32. Stock unseres Hotels, von wo man eine tolle Aussicht auf Buenos Aires bei Nacht hat. Auch einige unserer Expeditionsteilnehmer treffen wir dort an. Zum Glück klingelt nicht schon um drei Uhr der Wecker. Das Schlafenlegen würde sich kaum lohnen.

Samstag

26. NOVEMBER 2022

Buenos dias, Buenos Aires!

Die Sonne weckt uns irgendwo über Brasilien in der Nähe von São Paulo, es dauert aber noch rund zwei Stunden bis zur Landung. Exakt um 7.36 Uhr lokale Zeit (Argentinien ist vier Stunden gegenüber der Schweiz zurück) setzen wir auf südamerikanischem Boden auf. Auf die Minute genau 13 Stunden hat der Flug von Frankfurt in die argentinische Hauptstadt also in Anspruch genommen.

Auch weit weg von der Heimat ist alles perfekt organisiert von Background Tours und Ruefa Reisen, dem österreichischen Partner des Schweizer Reiseanbieters. Gleich nach der Passkontrolle und der Gepäckannahme warten unsere Tourguides am Ausgang und sammeln die Reiseteilnehmer ein, die in drei Bussen zum Hotel ins Zentrum gefahren werden. Wir übernachten heute im Hotel Alvear Icon «in der Speicherstadt», wie unser Tourguide Adrian auf der Fahrt in perfektem Deutsch erzählt. Seine Eltern wanderten in den 70er Jahren nach Südamerika aus.

Im Hotel sind wir bereits kurz vor zehn Uhr und erfahren, dass es Veränderungen im Zeitplan gibt. Gute Veränderungen, denn wir müssen morgen nicht in aller Herrgottsfrüh aufstehen und werden um drei Uhr geweckt. Statt um 7.40 Uhr fliegen wir am Sonntag erst um 14.30 Uhr los in Richtung Süden. Der Grund ist, dass unser Schiff, die «Hanseatic nature», etwas später in Ushuaia ankommen wird und unser Charterflugzeug somit auch etwas später losfliegen kann. Wir können also ausschlafen in unseren schönen Zimmern.

Um 14 Uhr ist noch eine Stadtrundfahrt geplant, die etwa dreieinhalb Stunden dauert. Doch Fussballliebhaber dürften ein Alternativprogramm ins Auge fassen, denn um 16 Uhr spielt Argentinien sein zweites WM-Spiel gegen Mexiko. Für die Gauchos geht es bereits um alles oder nichts, denn nach der überraschenden 1:2-Startniederlage gegen Saudi Arabien würde Argentinien mit einer Niederlage ziemlich sicher schon in der Vorrunde ausscheiden. «Ab 16 Uhr wird die Stadt leer sein und nur uns gehören», sagt unser Guide Adrian lachend. Allerdings sei er auch nicht sicher, ob dann unser Busfahrer überhaupt noch weiterfährt.

Freitag

25. NOVEMBER 2022

Endlich geht's los!

Mit fast zehn Monaten Verspätung geht's nun endlich los. Zuerst war ja geplant, dass die Reise in die Antarktis vom 1. bis zum 22. Februar 2022 stattfindet. Doch aus uns allen bekannten Gründen entschieden sich die Verantwortlichen Mitte Januar die Reissleine zu ziehen und die Vorfreude noch etwas zu verlängern.

Sowohl Check-In (unsere Gruppe hat zwei eigene Schalter) wie auch die Sicherheitskontrolle gehen an diesem Freitagabend schnell vonstatten, der Flug von Zürich nach Frankfurt startet leicht verspätet um 19.18 Uhr, hat aber nur gerade 40 Minuten statt der geplanten 65 Minuten. Auf dem Landeanflug in der hessischen Metropole leuchtet das Fussballstadion von Eintracht Frankfurt spektakulär.

Keine Probleme auch beim Umsteigen in Frankfurt. Flug LH 510 startet um 22.36 Uhr, rund 20 Minuten später als es der Flugplan vorsieht. Kurz nach Mitternacht gibt es dann Abendessen. In der Economy können wir wählen zwischen einem Rindergulasch mit Kartoffelstock und Gemüse oder Pasta mit Pilzen. Da sind wir bereits irgendwo über Spanien.

Donnerstag

17. November 2022

Reiseroute: Buenos Aires - Ushuaia - Falkland - Südgeorgien - Antarktis

1. Tag / Fr, 25. November 2022:
Anreise

Linienflug von Zürich nach Buenos Aires.

2. Tag/ Sa, 26. November 2022:
Buenos Aires, Argentinien

Vormittags Ankunft in Buenos Aires. Transfer zum Hotel. Nachmittags orientierende Stadtrundfahrt. Übernachtung mit Frühstück.

3. Tag/ So, 27. November 2022:
Buenos Aires – Ushuaia

Morgens Transfer zum Flughafen und Flug nach Ushuaia. Transfer und Einschiffung auf die «Hanseatic nature». Abfahrt am Abend.

4. Tag/ Mo, 28. November 2022:
Auf See

Genuss der Annehmlichkeiten des Schiffes und Besuch interessanter Vorträge.

5. – 6. Tag/ Di-Mi, 29.-30. November 2022:
Falkland-Inseln

Das britische Überseegebiet imponiert mit seiner Vogelwelt, die wir entdecken, sobald wir hier mit dem Zodiac anlanden. Mit mehr als 60 verschiedenen Arten wie Felsen- und Magellan-Pinguinen sowie Albatrossen sind die Falkland-Inseln ein Eldorado für Ornithologen.

7. – 8. Tag/ Do-Fr, 1.-2. Dezember 2022:
Auf See

Die Tage auf See werden für die optimale Vorbereitung auf die bevorstehenden Landgänge genutzt. Ausserdem halten die Experten sowie die Lektoren von Hapag-Lloyd Cruises immer wieder spannende Vorträge. Die Passagiere erfahren mehr über die Tiere Südgeorgiens oder die Entdeckungsgeschichte der Antarktis.

9. – 11. Tag/ Sa-Mo, 3.-5. Dezember 2022:
Südgeorgien

Auf dem Weg zur Antarktischen Halbinsel darf der Besuch von Südgeorgien nicht fehlen. Auf dieser Insel erreicht die Faszination der Tierwelt ihren Höhepunkt: Während es an den Stränden von Königspinguinen wimmelt, leben im Schutz des mehrere Meter hohen Tussockgrases Seebären und See-Elefanten. Auch Vogelfreunde kommen auf Südgeorgien mit den grossen Brutkolonien von Riesensturmvögeln auf ihre Kosten.

12. Tag/ Di, 6. Dezember 2022:
Auf See

Ein Tag auf See mit weiteren informativen Vorträgen.

13. – 18. Tag/ Mi-Mo, 7.-12. Dezember 2022:
Süd-Orkney-Inseln, Süd-Shetland-Inseln & Antarktische Halbinsel

Die «Hanseatic nature» erreicht die Süd-Orkney-Inseln, die Süd-Shetland-Inseln sowie später die Antarktische Halbinsel. Zwischen Eisschollen und Eisbergen, in blauviolettem Licht, beobachten Sie zahlreiche Tiere inmitten einer atemberaubend schönen Natur. Auf dem Eis können wir Pinguine sichten und mit etwas Glück sehen wir unterwegs sogar Wale. Je nach Wetter- und Eislage sind mehrere Anlandungen geplant. Zum Beispiel auf Deception Island, ein aktiver Vulkan, dessen Lavastrände durch heisse Quellen in der kalten Luft dampfen. Bei der Fahrt durch den Lemaire Kanal, der von bis zu 1’000 Meter hohen Bergen umgeben ist, wird die ganze Schönheit der Antarktis sichtbar.

19. – 20. Tag/ Di-Mi, 13.-14. Dezember 2022:
Auf See

In der Drake Passage, die den vereisten Kontinent von Südamerika trennt, nehmen wir Abschied von der Antarktis.

21. Tag/ Do, 15. Dezember 2022:
Ushuaia – Buenos Aires

Ausschiffung in Ushuaia. Transfer zum Flughafen und Flug nach Buenos Aires. Transfer zum Hotel und Zeit zur freien Verfügung. Übernachtung mit Frühstück.

22. Tag/ Fr, 16. Dezember 2022:
Buenos Aires – Schweiz

Transfer zum Flughafen und Rückflug.

23. Tag / Sa, 17. Dezember 2022:
Rückreise

Ankunft in der Schweiz.

Donnerstag

17. November 2022

Experte Benno Lüthi

Mit an Bord ist Benno Lüthi , 1945 in Zürich geboren.

Nach einer chemisch technischen Lehre an der Eidgenössichen Technischen Hochschule Zürich arbeitete er weitere fünf Jahre als Assistent an der ETH. Anschliessend folgte eine Ausbildung in medizinischer Chemie am Kinderspital Zürich. Von 1969 bis 1994 war er Leiter und Miteigentümer des medizinischen Laboratorium Diagnostica in Zürich. Nebst Untersuchungen in der Humanmedizin führte der Betrieb auch eine Abteilung für Veterinärmedizin, speziell auch im Bereich Parasitologie bei Wildtieren. 1990 wurde er in den Stiftungsrat der Stiftung zum Schutze der Fledermäuse in der Schweiz aufgenommen.

1997 war er Mitbegründer der Stiftung Antarctic Research Trust (ART). Benno Lüthi ist Präsident dieser Stiftung und engagiert sich seitdem für den Schutz der Antarktischen Tierwelt.

Antarctic Research Trust

Das Ziel der Stiftung Antarctic Research Trust (ART) ist wissenschaftliche Forschungsprojekte an antarktischen und subantarktischen Tieren durchzuführen bzw. zu unterstützen, um diese Tiere und ihren Lebensraum besser schützen zu können. Den Schwerpunkt der Forschung bildet die Ernährungsökologie von Pinguinen im Südwest-Atlantik.
Die durch die Forschung des ART gewonnenen Erkenntnisse werden nicht nur in der wissenschaftlichen Fachliteratur und diversen Medien publiziert, sondern auch den verantwortlichen Regierungsstellen und Umweltschutz-Organisationen zur Verfügung gestellt.
Der ART ist zudem engagierter Partner im «Forum for the conservation of the Patagonian Sea andareas of influence».
www.antarctic-research.org

Seit 2004 ist er bei Feldarbeiten bei verschiedenen Forschungsprojekten auf den Falklandinseln, in Argentinien und Chile tätig. Er ist Co-Autor von etwa 20 wissenschaftlichen Publikationen und Buchkapiteln. Seit 2017 arbeitet er auch in der Tierpflege am ZOO Zürich. Seit 1997 bereist Benno Lüthi regelmässig die Antarktis, zuerst als Passagier, dann auf verschiedenen Schiffen im Expeditionsteam. Bei diversen Vollcharter-Reisen von Background Tours auf MS Hanseatic und MS Bremen hatte er die Funktion als Lektor und/oder Expeditionsleiter.

Donnerstag

17. November 2022

Experte Rudolf Hug

Mit an Bord ist Rudolf Hug , geboren 1950.

Er ist in Romanshorn auf-gewachsen und lebt heute in Oberrohrdorf, Kanton Aargau. Schon in seiner Jugendzeit hat er fotografiert und seine Bilder in der Dunkelkammer entwickelt.

Während seiner intensiven unternehmerischen und politischen Tätigkeit trat dieses Hobby in den Hintergrund. Im dritten Lebensabschnitt hat er seine Leidenschaft für das Fotografieren neu entdeckt und ist heute engagierter Reise-und Naturfotograf.

Auf über vierzig Reisen hat er unzählige Eindrücke festgehalten und mit den Bildern verschiedene, nationale und internationale Preise gewonnen. Er hat mehrere Bücher publiziert und berichtet von seinen Erlebnissen in Multimedia-Vorträgen. Er ist zudem Autor der Fotokolumne «Rudolf Hug fotografiert» in den Zeitungen von CH Media.

www.rudolf-hug.ch

Donnerstag

17. November 2022

Experte Nik Hartmann

Mit an Bord ist Nik Hartmann , geboren 1972.

Er ist einer der bekanntesten TV-und Radiopersönlichkeiten der Deutschschweiz. Mit seinen Wanderdokumentationen erzielte er während vieler Jahre Traumquoten im Schweizer Fernsehen. Mit seiner unverkrampften, authentischen Art bringt er seinem Publikum Land und Leute näher.

Nach 20 Jahren SRF zog er im Sommer 2020 weiter zum Medienkonzern CH Media, wo er unter anderem als Co-Leiter verantwortlich für die Eigenproduktionen der nationalen TV-Sender und die Streaming Plattform OnePlus ist. Nach einem abgebrochenen Jus Studium an der Universität Bern zog es ihn Mitte der Neunzigerjahre nach Zürich zu Radio24 und später zu DRS3 (heute SRF3).

Überdies engagiert sich Nik Hartmann für das Schweizer NGO SolidarMed und bereiste in seiner Funktion als dessen Botschafter Simbabwe, Sambia, Moçambique, Tansania und Lesotho. Auch hier sind es die persönlichen Kontakte und Gespräche mit den Menschen, die ihm am Herzen liegen.

«Ein Moderator ist auch ein Reiseleiter und muss ein guter Gastgeber sein –ich führe gerne Menschen durch eine Geschichte oder eine Landschaft.»

Nik ist verheiratet, Vater von drei Söhnen und lebt in der Zentralschweiz.

Donnerstag

17. November 2022

Experte Reinhold Messner

Mit an Bord ist Reinhold Messner , 1944 in Südtirol geboren.

Er bestieg bereits als Fünfjähriger in Begleitung seines Vaters den ersten Dreitausender. Nach seinem Technik-Studium arbeitete er kurze Zeit als Mittelschullehrer, ehe er sich ganz dem Bergsteigen verschrieb. Ein Leben als Grenzgänger folgte. Seit 1969 unternahm er mehr als hundert Reisen in die Gebirge und Wüsten dieser Erde. Er schrieb vier Dutzend Bücher. Ihm gelangen viele Erstbegehungen, die Besteigung aller 14 Achttausender sowie der «seven summits», die Durchquerung der Antarktis, der Wüsten Gobi und Takla Makan sowie die Längsdurchquerung Grönlands.

Im Gegensatz zu modernen Abenteurern geht es Reinhold Messner weniger um Rekorde als vielmehr um das Ausgesetzt sein in möglichst unberührten Naturlandschaften und das Unterwegssein mit einem Minimum an Ausrüstung. Er folgte dem von Albert Frederick Mummery proklamierten «By fair means» am Nanga Parbat,Fridtjof Nansens «Ruf des Nordens» ins Packeis der Arktis und durchquerte die Antarktis über den Südpol nach einer Idee von Ernest Henry Shackleton. Den Möglichkeiten des Kommunikationszeitalters setzt er sein Unterwegssein als Fussgänger gegenüber und verzichtet auf Bohrhaken, Sauerstoffmasken und Satellitentelefon –ein Anachronismus zwar, der aber der Wildnis ein unerschöpfliches Erfahrungspotential bewahrt.

Als Kommentator im Fernsehen sowie als Vortragsredner ist er von Alpinisten, Touristikern und Wirtschaftsführern weltweit begehrt. Mehr als 20 Jahre lang befasste sich Reinhold Messner mit der Gestaltung der Messner Mountain Museen (MMM) sowie seiner Stiftung (MMF), die Bergvölker weltweit unterstützt. Nun widmet er sich dem Bergfilm: als Autor, Regisseur und Produzent. Messner erhielt zahlreiche Preise und Ehrungen, u.a. die «Patron‘s Medal» der «Royal Geographic Society» für seinen Beitrag zum Bergsteigen und für die Berggebiete. Diese Auszeichnung ist eine der höchsten, die das britische Königshaus vergibt.