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Jahrestag 18. Februar

Israelisches Flugzeug in Kloten beschossen

Vor 50 Jahren beschoss ein vierköpfiges palästinensisches Terrorkommando auf dem Flughafen Kloten eine Passagiermaschine der israelischen El Al. Zwei Menschen kamen ums Leben.
ARCHIVE --- Sicherheitsbeamte und Reporter betrachten am 19. Februar 1969 auf dem Flughafen Zürich-Kloten die El-Al-Maschine, die in der Nacht zuvor von einem Kommando der "Volksfront für die Befreiung Palästinas" beschossen worden ist. (KEYSTONE/PHOTOPRESS-ARCHIV/Str)
Bild: KEYSTONE/PHOTOPRESS-ARCHIV/STR

Die Flughafenfeuerwehr feierte gerade mit Meringues und Schlagrahm den Geburtstag eines Kameraden, als am 18. Februar 1969 um 17.36 Uhr der Alarm schrillte. Vom Parkplatz N aus wurde mit zwei Kalaschnikows auf eine El-Al-Maschine auf Flugbahn 1 geschossen.

Die unbewaffnete Brandschutztruppe eilte an den Tatort und entwaffnete die Schützen. Die mit der Situation völlig unvertrauten lokalen Polizeikräfte trafen erst später ein. Eine eigentliche Flughafenpolizei wurde erst im Nachgang zum Attentat aufgebaut.

Gemäss dem Marschbefehl, den man im weissen VW der Palästinenser fand, hätte es keine Todesopfer geben dürfen: Maschine stoppen, stürmen, räumen und dann sprengen, lautete die Aufgabe. Doch etwas Entscheidendes lief schief: In der Passagiermaschine sass ein Air Marshal des israelischen Geheimdiensts.

Selbstjustiz?

Dieser Mordechai Rachamim schoss mit seiner Beretta zuerst aus dem Cockpitfenster, liess sich dann die Notrutsche runter, stürmte 100 Meter übers Flugfeld, hechtete über den Zaun und verpasste dem Schützen Abdel Mohsen Hassan aus nächster Nähe drei tödliche Lungendurchschüsse.

Vor Gericht machte Rachamim Notwehr geltend, obwohl mehrere Augenzeugen aussagten, Hassan sei bereits entwaffnet gewesen. Das Gericht entschied "in dubio pro reo" und sprach ihn frei, während die Palästinenser zu zwölf Jahren Zuchthaus verurteilt wurden.

Insgesamt waren von den Attentätern 190 Schüsse abgegeben worden, 62 durchschlugen die Aussenhaut, die meisten im Bereich des Cockpits, wo fünf Besatzungsmitglieder getroffen wurden. Der 27-jährige Co-Pilot und Familienvater Yoram Peres erlag später den Folgen eines Schusses in die Milz.

Blutiges Zwischenspiel in Würenlingen

Die drei überlebenden Attentäter, darunter die 22-jährige Lehrerin und Rädelsführerin Amena Dahbor, nahmen ihre Verurteilung gelassen. Ein paar Wochen vorher war auf dem Flughafen Athen ein ähnlicher Anschlag verübt worden. Der Täter wurde danach mittels einer Flugzeugentführung von der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) freigepresst.

Amena und ihre Kumpane vertrauten auf dieselbe Taktik. Und dazu sollte es auch kommen, allerdings erst nach einem brutal blutigen Zwischenspiel. Fast genau ein Jahr nach dem Klotener Anschlag stürzte eine Swissair-Maschine nach einer Explosion im Frachtraum in einem Wald nahe Würenlingen ab. Alle 47 Insassen starben. Ihre Körper wurden in kleinste Teile zerrissen. Was eingesammelt werden konnte, wurde wahllos auf die Särge verteilt. DNA-Analyse war noch Zukunftsmusik.

Zunächst ging man davon aus, dass das in München aufgegebene Luftpostpäckchen mit der Bombe drin für eine El-Al-Maschine gedacht war. Wegen massiver Verspätung landete es aber auf Swissair-Flug 330 Kloten-Tel Aviv.

Mittlerweile sind Terrorexperten wie Rolf Tophoven der Meinung, dass Würenlingen sehr wohl etwas mit Kloten zu tun hatte und eine gezielt gegen die Schweiz gerichtete Machtdemonstration der Volksfront war, ein Vergeltungsschlag für die Verurteilung der drei Klotener Attentäter.

Attentäter freigepresst

Zur Freipressung kam es dann Anfang September durch mehrere Flugzeugentführungen: Kämpfer der PFLP zwangen in einer koordinierten Aktion je ein Flugzeug der Swissair, der britischen BOAC und der amerikanischen TWA in der jordanischen Wüste in Zerqa auf dem ehemaliger Flugplatz Dawson's Field der Royal Air Force zu landen. Um die 400 Passagiere wurden als Geiseln genommen.

Die Zürcher Behörden lenkten ein und kassierten die Urteile gegen die Attentäter, der Bundesrat verfügte unter dem Druck des palästinensischen Ultimatums die Ausschaffung von Amena und Co. Auch Deutschland und Grossbritannien gaben nach. Nachdem Ende September die letzten Geiseln freigelassen worden waren, sammelte eine Royal Air Force-Maschine die inhaftierten Palästinenser aus den drei Ländern ein und flog sie aus. (sda)