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Gastkolumne

Wie Peach Weber half, Roger Federers Karriere den Weg zu ebnen

Lange galt Tennis als elitärer Sport. Doch dann kam ein origineller Tennislehrer – und unser Gastkolumnist Peach Weber entpuppte sich als Tennis-Pionier. Hier verrät er, was seine Wunderwaffe war – und weshalb er trotz allen Talents heute nicht mehr Tennis spielt. 
Peach Weber hat das Tennis nicht erfunden, Roger Federer jedoch irgendwie den Weg für seine Karriere geebnet. 
Bild: Bild: Neil Hall / EPA

Wenn Sie mich heute im Coop, auf mein Einkaufswägeli gestützt (unverdächtige Vorstufe des Rollators), um die Regale schlurfen sehen, werden Sie kaum denken: Oh, der war sicher mal Tennisprofi! Aber ich habe doch mal ganz passabel und vor allem leidenschaftlich Tennis gespielt.

Immerhin habe ich mitgeholfen, einem Roger Federer den Weg zu ebnen. Natürlich haben wir den Tennissport nicht erfunden; das waren vor langer Zeit zwei Orang-Utans, die sich mit zwei Keulen Kokosnüsse um die Ohren gehauen haben. Aber wir waren live dabei, als das Tennis sich aufmachte, zum Sport für jedermann zu werden.

Das war es vorher nicht, es war ein Sport für die Elite; nicht etwa die geistige, nein, die finanzielle. Diese «Oberen Zehntausend» haben dafür gesorgt, dass Normalsterbliche, im Gegensatz zu den eigentlich auch Normalsterblichen, aber mit Chlütter, keine Chance hatten, den heiligen Sandplatz zu entweihen.

Der Trick: Man musste weisse Kleider und Schuhe kaufen und diese waren sackteuer. Es musste alles weiss sein bis auf die Socken und Unterhose. Gut, die Unterhosen waren damals sowieso alle weiss, jedenfalls am ersten der drei bis fünf Tragetage.

Aber weisse Tennisschuhe mit speziellen Sohlen, ein weisser Dress und ein teures Racket, welches man ausserhalb des Platzes nicht einmal zum Nudelnabtropfen brauchen konnte, das war für uns, aus den Niederungen des Volkes, unerschwinglich.

Dann kam der Erlöser! Die Lichtgestalt war ein origineller Tennislehrer. Er hatte die Frechheit (sprich: geniale Idee), von April bis September die Kunsteisbahn zu mieten, die ja im Sommer so unnütz war, wie eine Blockflöte am Grümpelturnier. Er kaufte einen Kunststoffbelag, der wohl eher als Sitzplatzboden gedacht war. Und trotzdem es bei der Becker-Rolle wüste Schürfungen gab, waren wir begeistert, denn der Boden war schnell! Endlich konnten auch wir Normalos einander die Bälle um die Ohren schlagen. Es herrschte gerade die Flower-Power-Hippiezeit, und so sahen wir wohl mit den langen Haaren nicht viel anders aus, als damals die zwei erfinderischen Orang-Utans.

Mit einem Freund spielte ich in jeder freien Minute, unser Ehrgeiz war es, die Saisonkarte schon nach zwei Monaten amortisiert zu haben. Das gelang uns immer, denn wir nutzten auch die heissen Mittagsstunden, da waren die Plätze leer.

Kommen wir zur Analyse meiner Tennisqualitäten: Mein ganzer Stolz war mein Aufschlag. Er war das Einzige, was ich überdurchschnittlich beherrschte, alle anderen Schläge waren Mittelmass.

Aber die Aufschlagbewegung fand ich genial und brachte deshalb schon bald eine Geschwindigkeit in den Ball, vor dem sich auch schon mal Höherklassierte wegduckten, um einen längeren Aufenthalt auf dem Friedhof zu vermeiden.

Sobald aber mein Service von einem Furchtlosen retourniert wurde, stand plötzlich ich selber im Schilf und fragte mich, wo jetzt plötzlich dieses Schilf herkam.

Mein grosses Glück war, dass ich nie eine Verletzung hatte. Das war ein Wunder, denn wir spielten uns höchstens eine Minute ein, um dann sofort in den Match-Modus zu schalten. Und das hiess bei uns nicht: Grundlinie-Grundlinie-Fehler-Punkt. Es hiess: Einander herumjagen bis zur Erschöpfung. Stoppball, Lob, Cross, Longline, und zwar in möglichst unlogischer Kombination. Manchmal lagen wir nach einem langen Ballwechsel beide am Boden und lachten uns einen Schranz in den Bauch. Eine schöne Zeit.

Mit etwa vierzig habe ich beschlossen, aufzuhören, denn mit dem Alter wurde mir das Verletzungsrisiko zu gross. Ich wusste, man kann nicht Tennis spielen, um fit zu werden, man muss fit sein, um sich die abrupten Bewegungen ohne Gefahr leisten zu können. Gut, man könnte vernünftig werden und sich nur noch schöne Bälle zuspielen. Aber exgüsi, dann verzichte ich lieber auf die Preisgeld-Millionen und melde mich ab zum Minigolf.

Der Autor ist seit vierzig Jahren Komiker. Abschiedsvorstellung: 15. Oktober 2027 im Hallenstadion.