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Obwalden

Rigi, die Königin der Berge

In ihrem «Ich meinti» macht sich Franziska Ledergerber Gedanken zum Muttertag.
Franziska Ledergerber. (Bild: Corinne Glanzmann)

Franziska Ledergerber

Zurzeit schlägt das Wetter Kapriolen, gleich wie übermütige Zicklein auf einer Frühlingswiese. Warme, sonnige Tage wechseln mit stürmisch kalten Winden und darauffolgenden Niederschlägen. In höheren Gefilden fällt noch mitunter Schnee, so geschehen am elften Tag dieses Monats auf der Rigi. Wir verbrachten das Wochenende im Kräuter-Hotel Edelweiss, bei der Bahnstation Staffelhöhe, mit wunderschöner Aussicht auf den See und die Berge. Um das Hotel herum sind Kräuter- und Gemüsegärten angelegt, die allerdings der Kälte wegen noch nicht sehr viel hergeben.

Bald spriessen und blühen die Wildkräuter und das Gemüse auch in dieser Höhe, wo sie in der hoteleigenen Küche Verwendung finden werden. Alles sei hausgemacht, ohne irgendwelche Zusatzstoffe und ausschliesslich Schweizer Produkte. Selbst den Pfeffer lässt der Koch aussen vor. Kaum vorstellbar, aber es funktioniert. Gerichte wie etwa Tartar vom Rigi-Bio-Jungrind, Schafricotta, eingelegter Rettich oder Flaacher Spargeln schmeckten auch ohne Pfeffer vorzüglich.

An jenem Wochenende, dem zweiten Sonntag im Mai, war Muttertag. Ich hätte ihn beinahe vergessen, wenn mich mein Zweitgeborener beim Frühstücksbuffet nicht mit einer Tasse Kaffee und einem Kuss auf die Wange daran erinnert hätte. Dieser Tag ist wohl eher den Floristinnen, Restaurateuren oder den Konditoren gewidmet, denn mittlerweile ist er zu einem kommerziellen Ereignis verkommen und hat nicht mehr viel mit den ursprünglichen Ideen zu tun.

Der Muttertag wurde Ende des 19. Jahrhunderts von der amerikanischen Frauenbewegung gegründet und geprägt. Diese setzten sich für Friedensprojekte, mehr Frauenrechten und auch für bessere Bildungschancen für Mädchen ein. Der Kampf über all die Jahrzehnte hinweg hat sich weitgehend gelohnt. Mittlerweile ist die Gleichberechtigung auf Gesetzesebene angekommen. Gleiche Chancen für beide Geschlechter in fast allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens.

Junge Mütter haben es allerdings noch schwer, wenn sie neben der Mutterschaft weiterhin ihrer angestammten Erwerbsarbeit nachgehen wollen. Es fehlen Tagesschulen, bezahlbare Kitas, interessante Teilzeitstellen für beide Geschlechter oder auch ein Vaterschaftsurlaub. Wahrlich eine Verschwendung von Human Ressources dachte ich, während draussen die Schneeflocken wirbelten.

Im Zimmer lag ein kleines Bändchen des amerikanischen Schriftstellers Marc Twain, attraktiv gestaltet mit schönen Druckgrafiken. Es heisst «Climbing The Rigi». Auf seiner Europa-Tour machte der Autor in Luzern Halt. In besagtem Büchlein schildert er begeistert und eloquent eine Rigi-Besteigung. Marc Twain und sein Freund Harris waren offenbar nicht die schnellsten Berggänger. Nach kurzer Zeit des Aufstieges kehrten sie bereits in die erste Alpwirtschaft ein. Ihr Träger, ein vifer Junge aus Weggis, fragte sie verschmitzt, ob sie ihn für die Besteigung des Berges engagiert hätten oder gleich für das ganze Jahr. Daraufhin schickten sie ihn voraus, um im Hotel Kulm für sie ein Zimmer zu mieten.

Nach drei Tagen, anstatt in drei Stunden, wie im Reiseführer angegeben, erreichten die beiden schliesslich den Gipfel. Den legendären Sonnenaufgang am anderen Morgen in der Früh – er war der eigentliche Grund der Mühsal – verschliefen sie.

Auch wir stiegen vom Hotel aus hinauf bis zum vereisten Sendeturm auf dem Gipfel. Anstelle eines Sonnenaufganges wurden wir mit einer wun- derbaren Rundumsicht von 360 Grad belohnt. Während dieser kurzen Zeit, an einem Mutter-Sonntag im Mai, überragte ich die Königin der Berge um erhabene 170 Zentimeter.

Franziska Ledergerber, Hausfrau und ausgebildete Lehrerin, Hergiswil, äussert sich abwechselnd mit anderen Autoren zu einem selbst gewählten Thema.

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