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Kolumne

«Ürner Asichtä»: Kriegspropaganda

Unser Kolumnist macht sich Gedanken über die Berichterstattung zu den Konflikten in der Welt und ärgert sich über die Verbreitung von nicht überprüfbaren Meldungen.
Kolumnist Ruedi Bomatter. 
Bild: Bild: Markus Zwyssig

In Europa herrscht Krieg. Gekämpft wird gleich an mehreren Fronten. Seit dem brutalen Überfall vom 7. Oktober 2023 kämpft die israelische Armee in Gaza gegen die Terrororganisation Hamas. Bereits seit Februar 2022 verteidigen die Ukrainer ihr Land gegen die Invasoren aus Russland. Und schon fast in Vergessenheit geraten ist der seit 2011 schwelende Bürgerkrieg in Syrien.

Bewaffnete Konflikte, die sehr viel Leid und Zerstörung verursachen und auch auf dem Buckel der Zivilbevölkerung ausgetragen werden. Selbst ältere Menschen und Kinder werden dabei nicht verschont. Mich beelendet das sehr, und es ist nachvollziehbar, dass die Menschen in diesen Regionen kriegsmüde sind.

Ich bin auch müde, müde über die Berichterstattung vor allem in Radio und Fernsehen. «Wie ein Sprecher der Hamas mitteilt, greift die israelische Armee gezielt zivile Einrichtungen wie Schulen und Spitäler an», bekommt man da zu hören. Gefolgt von der Bemerkung, dass diese Meldung nicht unabhängig überprüft werden könne. Oder: «Laut Israel befindet sich in Tunnels unter dem Spital Al-Schifa eine Kommandozentrale der radikal-islamischen Hamas», gefolgt von der Bemerkung, dass sich auch diese Meldung nicht unabhängig überprüfen lasse.

Was soll das? Als junger Journalist habe ich gelernt, dass nicht überprüfbare Meldungen in den Medien nichts verloren haben. Und dieser Meinung bin ich bis heute. Wer nicht überprüfbare Meldungen einer Kriegspartei kolportiert, macht sich damit selbst zur Partei und zum Steigbügelhalter der Kriegspropaganda. Die Kriegspropaganda verfolgt ihre eigenen kriegerischen Ziele. Dabei geht es nicht um Information, ganz im Gegenteil: es geht um Desinformation, Angsterzeugung, Verunglimpfung, Manipulation, Zensur, Lüge und Täuschung. Es lässt sich nicht überprüfen, wer lügt und wer die Wahrheit sagt, wer das glaubt, was er sagt, und wer nicht.

Ich als Konsument weiss nicht, was ich mit diesen «Informationen» anfangen soll. Und ich mag sie mir auch nicht mehr anhören oder ansehen. Während noch vor nicht allzu langer Zeit die Hauptausgabe der «Tagesschau» fester Bestandteil meines Tagesablaufes war, kann ich mittlerweile bestens darauf verzichten. Je länger, je lieber halte ich mich da an die Zeitungen. Da kann ich selber wählen, was ich lesen möchte und was ich lieber nicht wissen will. Natürlich auf die Gefahr hin, dass ich nur noch diese Informationen herauspicke, welche auch in mein Konzept passen. Subjektive Selektion. Zumindest aber halte ich mich an einigermassen seriöse und glaubwürdige Informationskanäle.

Ganz anders als viele jüngere Leute. Die haben sich längst von der klassischen, journalistischen Berichterstattung verabschiedet und greifen lieber auf soziale Plattformen zurück. Doch diese Netzwerke sind auch Sammelbecken für bewusst verbreitete Fehlinformationen. Zudem lässt sich in vielen Fällen die Quelle nicht überprüfen. Eine bedenkliche Entwicklung. Die User befinden sich plötzlich in einer Meinungsblase, in welcher nur noch Informationen angezeigt werden, die mit ihren bisherigen Ansichten übereinstimmen. Und wer in einem persönlichen Informations-Ökosystem landet, wird von neuen Ideen, Themen und wichtigen Informationen ausgeschlossen. Das macht anfällig für Propaganda und Manipulation, eine Art Kriegspropaganda der sozialen Netzwerke.

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